Untreuevorwurf beim Cash-Pooling

von Dr. Ulrike Unger, veröffentlicht am 15.10.2009

Wiederum befasst sich der BGH, diesmal mit dem strafrechtlichen Haftungsrisiko von Geschäftsleitern im Zusammenhang mit Darlehensabforderungen von der Muttergesellschaft an ihre Untergesellschaften. Die Entscheidung hat auch Bedeutung für das Betreiben eines Cash-Pools bei insolvenznahen Gesellschaften. In seinem Urteil vom 31.07.2009 (Az.: 2 StR 95/09) bestätigt der BGH, dass „existenzgefährdende“ Abforderungen durch den Vorstand einer herrschenden Gesellschaft den Vorwurf der Untreue zum Nachteil der beherrschten Gesellschaft begründen können. Zwar hätten die Untergesellschaften keinen Anspruch auf ihren ungeschmälerten Bestand, so dass in solchen Verfügungen grundsätzlich keine Pflichtwidrigkeit im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB liege. Grenze hiervon bildet eine treuwidrige Vermögensverfügung. Eine solche ist laut dem BGH gegeben, wenn die Vermögensverfügung geeignet ist, das Stammkapital der Gesellschaft zu beeinträchtigen, wenn der Gesellschaft durch die Verfügung ihre Produktionsgrundlagen entzogen werden oder wenn ihre Liquidität gefährdet wird, indem ihr das zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten benötigte Vermögen entzogen wird. Werden Vermögenswerte der Gesellschaft in einem solchen Ausmaß transferiert, dass die Erfüllung der eigenen Verbindlichkeiten der einlegenden Konzernmitglieder im Falle eines Verlusts der Gelder gefährdet wird, so verletzt der Vorstand der herrschenden Gesellschaft hierdurch seine Vermögensbetreuungspflicht, sofern nicht die Rückzahlung, etwa durch ausreichende Besicherung gewährleistet ist.

  Weiter betont der BGH, dass Untreue auch nicht durch die neuere zivilrechtliche Rechtsprechung zum „existenzvernichtenden“ Eingriff („Trihotel“, BGH NJW 2007, 2689 ff) ausgeschlossen sei. Der Wegfall des Untreuevorwurfs wurde teilweise vom Schrifttum angenommen. Mit „Trihotel“ hat der BGH die Existenzvernichtungshaftung anstelle einer Durchgriffshaftung des Gesellschafters gegenüber den Gesellschaftsgläubigern nun als Innenhaftung des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft in Form einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung im Sinne des § 826 BGB eingeordnet. Zwar werde mit der Trihotel-Entscheidung die Reichweite der Einschränkung der Dispositionsbefugnis auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt. Die strafrechtliche Vermögensbetreuungspflicht gegenüber den Gesellschaftsgläubigern - die hiermit nicht deckungsgleich sei - bleibe jedoch daneben bestehen.   Auch § 64 S. 3 GmbHG (ergänzt durch das MoMiG) ändert an dieser Beurteilung nach Ansicht des BGH nichts. Nach § 64 S. 3 GmbHG ist der Geschäftsführer zum Ersatz von Zahlungen an Gesellschafter verpflichtet, wenn diese zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten. Begründet wird dies vom BGH damit, dass es sich bei § 64 S. 3 GmbHG nicht um eine abschließende Regelung der Existenzvernichtungshaftung handle.   Im vorliegenden Fall wurde die Verurteilung des Vorstands dennoch aufgehoben und zur Entscheidung zurückverwiesen, da die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts nicht ausreichend waren.
Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

1 Kommentar

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen