OLG Brandenburg: Blankovollmacht des Verteidigers "gut ausgebremst"

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 17.10.2009

Hihi - die Bloggerkollegen vom Vollmachtsblog werden über die Überschrift schimpfen. Kann man nichts machen! Das OLG Brandenburg hatte sich mit dem Fall eines Verteidigers zu befassen, der eine Blankovollmacht ohne seinen Namen drauf vorgelegt hat. Die hierauf erfolgte Zustellung des Bußgeldbescheids an ihn war nach Ansicht des OLG Brandenburg, Beschluss vom 20.09.2009 - 2 Ss (OWi) 129B/09 = BeckRS 2009 26373 angesichts des sonstigen Verhaltens des Verteidigers schon ok:

"...Ob vorliegend die Wirksamkeit der Zustellung des Bußgeldbescheids an Rechtsanwalt S. aus § 51 Abs. 3 S. 1 OWiG folgt, obwohl die von ihm übersandte Vollmacht ihn nicht als Vollmachtsnehmer auswies, kann aber offenbleiben, weil ihm jedenfalls eine wirksame rechtsgeschäftliche Zustellungsvollmacht erteilt war. Unabhängig von der gesetzlich fingierten Zustellungsvollmacht des § 51 Abs. 3 S. 1 OWiG kann dem als Verteidiger auftretenden Rechtsanwalt, dem nicht als Verteidiger auftretenden Rechtsanwalt oder auch einer sonstigen Person Zustellungsvollmacht erteilt werden. Diese ist - wie bereits erwähnt - nicht an eine besondere Form gebunden (§ 167 Abs. 2 BGB). Für die Wirksamkeit einer Zustellung an den kraft Rechtsgeschäft Bevollmächtigten kommt es im Grundsatz nur darauf an, ob die Vollmacht tatsächlich besteht, das heißt, ob sie vom Vollmachtsgeber tatsächlich erteilt worden ist.

Dies gilt auch bei Zustellungen an den Verteidiger. Aus Gründen der Rechtssicherheit und zum Schutz der Betroffenen wird allerdings zu fordern sein, dass das Vorliegen einer derartigen rechtsgeschäftlichen Vollmacht urkundlich feststeht (BGH NStZ 1996, 97; BayOblG NJW 2004, 1263 f.). Ausreichend ist es insoweit aber sogar, wenn die rechtsgeschäftliche Vollmacht später vorgelegt wird, im Rahmen des Empfangsnachweises durch eigenhändige Unterschrift bestätigt oder auf besondere Anfrage anwaltlich versichert wird und darüber ein Aktenvermerk vorliegt (BayOblG a. a. O.).Ausgehend von den letztgenannten Grundsätzen steht fest, dass Rechtsanwalt S. bei Zustellung des Bußgeldbescheids an ihn von der Betroffenen zu dessen Entgegennahme bevollmächtigt war. Ob dies so war, ist vom Rechtsbeschwerdegericht im Freibeweisverfahren zu ermitteln. Der Inhalt der von der Betroffenen unterzeichneten Vollmachtsurkunde ist insoweit eindeutig. Mit der Erklärung, dass Zustellungen nur an den Bevollmächtigten erbeten werden, hat die Betroffene klar zum Ausdruck gebracht, dass sie Zustellungen nur an den Bevollmächtigten wünscht, mithin diesem Zustellungsvollmacht erteilt; hinzu kommt, dass im Text der Vollmacht der Bevollmächtigte auch zur Entgegennahme von Schriftstücken ermächtigt worden ist. Dass diese Vollmacht von der Betroffenen gerade für Rechtsanwalt S. erteilt worden ist, steht zweifelsfrei fest, weil sie gerade von diesem mit Schriftsatz vom 30. Juni 2008 an die Bußgeldbehörde übersandt worden ist und Rechtsanwalt S. zusätzlich seine Bevollmächtigung versichert hat. Auch in der Rechtsbeschwerdebegründung hat Rechtsanwalt S. daran festgehalten, dass diese Vollmacht ihm erteilt worden sei; in der Vollmacht sei lediglich „versehentlich (fehlender, ergänzender Stempelabdruck o. ä.) kein konkreter Bevollmächtigter benannt“ worden. Vor diesem Hintergrund vermag der Umstand, dass die Vollmachtsurkunde selbst den Vollmachtsnehmer nicht erkennen lässt, keine vernünftigen Zweifel daran zu begründen, dass die Zustellungsvollmacht von der Betroffenen für Rechtsanwalt S. erteilt worden ist...."

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5 Kommentare

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"Hihi - die Bloggerkollegen vom Vollmachtsblog werden über die Überschrift schimpfen."

Ist es so schwierig, dieses Vollmachtsblog zu verlinken?

Ihre Manieren lassen auch ansonsten gehörig zu wünschen übrig, ich erinnere nur an den Deeplink auf eine Datei in meinem Blog ohne Attribution aber mit geradezu untertänigsten Reverenzen ("ganz wichtig!") an den Herrn Dr. Bokelmann.

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Obwohl ich grds. auch eher auf der Seite der VM Verweigerer stehe, finde ich dieses Urteil durchaus gut zu vertreten. Hier war der Fehler M.E. einfach darin, überhaupt eine VM vorzulegen. Eine würdigung,dass diese VM auch ohne spezielle EIntraungen des RA diesem durch sein Überreichen zugerechnet wird, finde ich nicht überraschent.

Aber da muss man es ja auch sportlich nehmen; Versucht ; Verloren.

 

 

VG

 

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Naja, Anlass zum Schimpfen gibt es schon - wenn auch eher über den Kollegen, der sich hier durch Vorlage einer Blankovollmacht ohne seinen Namen diese justizialen argumentativen Klimmzüge provoziert hat, anstatt schlicht und einfach - wie es sich für einen „ordentlichen" Vollmachtsverweigerer gehört, eben schlicht gar keine Vollmacht vorzulegen. Dann wäre das gerichtliche Ausbremsmanöver - über dessen Qualität man sicherlich streiten kann - jedenfalls deutlich schwieriger zu begründen gewesen.  

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halloe, genau darum geht es doch immer: es liegt etwas Schriftliches vor, dass dann unter Berücksichtigung der Umstände als "Verteidigervollmacht" angesehen wird. Hat also nichts mit "hi hi" zu tun, sondern ist im Grunde nichts Neues.

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