Sozialgericht Dortmund: Bedürftigentestament ist sittenwidrig!

von Dr. Claus-Henrik Horn, veröffentlicht am 25.10.2009

Durchaus als kleine Sensation mit großer Wirkung für den gestaltenden Anwalt ist der Beschluss vom 25.09.2009 des Sozialgerichts Dortmund innerhalb des vorläufigen Rechtsschutzes zu bewerten (S 29 AS 309/09 ER): Das sog. Bedürftigentestament sei wohl sittenwidrig und daher von dem Bedürftigen anzufechten. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Behindertentestament sei nicht übertragbar.

Zum Fall: Die Verstorbene hatte ihren arbeitslosen Sohn zum Vorerben eingesetzt und Dauertestamentsvollstreckung angeordnet (Nachlasswert ca. 240.000 €). Der TV habe dem Sohn aus dem Erbe kostenloses Wohnen und bestimmte Leistungen zu gewähren, wie etwa Taschengeld, Geschenke, Urlaub, Kleidung, Hobbies, Vereinsbeiträge, private Krankenversicherung. Das Jobcenter stellte nach dem Erbfall die Zahlung des Arbeitslosengeldes nach SGB II ein.

Zu Recht, urteilten die Dortmunder Richter. Der Arbeitslose sei gehalten, „alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seiner Hilfebedürftogkeit auszuschöpfen“ (§ 2 Abs. 1 SGB II). Dazu gehöre die Anfechtung des Testamentes, „weil einiges dafür spricht, dass dieses sittenwidrig ist“. Die Testierfreiheit ginge nicht so weit, dass ein Erbe sämtliche Annehmlichkeiten aus dem Nachlass finanziert erhält, aber der Steuerzahler für dessen Lebensunterhalt aufkommen muss.

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3 Kommentare

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Also ich sehe das bedingt als richtig an.

Denn wie das Gerich selbst ausführt "Das sog. Bedürftigentestament sei wohl sittenwidrig und daher von dem Bedürftigen anzufechten." Dass es wirklich sittwidrig ist, und dass der Bedürftige erfolgreich anfechten kann steht eben gerade nicht fest. Und solange das nicht feststeht kann m.E. die Leistung nicht gekürzt oder gar komplett eingestellt werden. Sollte es sich aber so ergeben wäre der "Bedürftige" zur Rückzahlung für diesen Fall zu verpflichten, zumal er dann ja bekanntlich mit dem Erbfall alles geerbt hätte und tatsächlich nicht bedürftig gewesen wäre. Das Amt verkennt dabei die Rechtslage, "Der An­trag­stel­ler könne kurz­fris­tig sei­nen Le­bens­un­ter­halt durch die Ver­wer­tung von in sei­nem Be­sitz be­find­li­chen Ak­ti­en si­cher­stel­len"? Denn wenn das Testament nicht anfechtbar ist, was dann? Dann durfte er eben nicht die Aktien verwerten und macht sich noch SchE-pflichtig gegenüber dem Nachlass/TV. Das Gericht hat lediglich eine Vermutung der Sittenwidrigkeit geäußert, und nicht positiv festgestellt. Vorrangige Maßnahme des Amtes sollte eher sein, den Bedürftigen aufzuforden, das Testament anzufechten, und meiner Meinung nach muss er solange auch bezahlt werden.

 

Das ist m.E. nicht nur menschlich das Richtige, vor allem auch rechtlich. Daher bin ich der Meinung, dass das Gericht mit der Bestätigung des Amtes einen Fehler gemacht hat, ohne über die oben genannten Möglichkeiten

 

 

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