TU Dortmund: Städte weniger gefährlich als ländliche Regionen!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 04.11.2009

Auf den ersten Blick doch eine erstaunliche Meldung, oder?! Thomas Berthold von der Verwaltungsfachhochschule Wiesbaden - Abteilung Gießen - hat mich darauf hingewiesen (Danke, Herr Berthold!). Die Studie der TU Dortmund findet man hier. Ein Auszug daraus:

 

 

"....Prof. Christian Holz-Rau und PD Joachim Scheiner vom Fachgebiet Verkehrswesen und Verkehrsplanung der Fakultät Raumplanung der TU Dortmund haben nachgerechnet. Das überraschende Ergebnis der beiden Verkehrsforscher: In der Stadt lebt es sich deutlich sicherer als auf dem Land oder im in den Vororten. Neue Wege gingen die Wissenschaftler bei der Auswertung der Daten: Für Niedersachsen analysierten sie erstmals Unfalldaten, bei denen der Wohnort der Verunglückten berücksichtigt wurde. „Allein die Betrachtung der Unfallorte lässt nicht unbedingt einen Rückschluss darauf zu, ob die Bevölkerung eines Ortes mehr oder weniger gefährdet ist,“ so Holz-Rau. Schließlich bewegen sich die Bewohner des Umlandes auch in die Städte hinein: „Man denke nur an Pendler und Schüler“.

Die Ergebnisse der Analysen zeigten, dass das Risiko, tödlich zu verunglücken, bereits für die Bevölkerung der dicht besiedelten Umlandkreise großer Städte rund 40% höher liegt als für die Stadtbevölkerung. Bewohner des ländlichen Raums leben sogar in ein doppelt bis dreimal so hohen Risiko im Straßenverkehr zu sterben. Ähnlich, wenn auch nicht ganz so stark, verhält es sich bei Unfällen mit schweren Verletzungen. Als Schwerverletzte zählen in der Unfallstatistik alle Personen, bei denen eine stationäre Behandlung im Krankenhaus erforderlich war. Das Risiko einer schweren Verletzung ist in ländlichen Kreisen rund 70-100% höher als in Großstädten.

Lediglich das Risiko einer leichten Verletzung ist für Großstadtbewohner etwas höher als für die Bevölkerung kleinerer Gemeinden. Hier vermutet Joachim Scheiner den Grund für das negative Image der Städte, denn Unfälle mit leichten Verletzungen sind um ein vielfaches häufiger als Unfälle mit schweren Verletzungen oder gar Todesfällen. Die hohe Gesamtzahl der städtischen Unfallopfer ergibt sich vor allem aus vielen nur leicht verletzten Menschen...."

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8 Kommentare

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Nach ein bisschen Nachdenken ist es gar nicht so erstaunlich: die Pendler sind halt viel mehr mit dem Auto auf schnelleren Straßen unterwegs und setzen sich daher größeren Gefahren aus. Zusätzlich wohnen sie in Gegenden, wo häufig wegen geringerer Verkehrsdichte schneller gefahren wird. Am sichersten sind diejenigen, die sich eben fast nur innerhalb der Stadt bewegen - und zwar als Fußgänger oder als Benutzer öffentlicher Verkehrsmittel. Wegen der geringeren Geschwindigkeiten gibt es nur geringere Verletzungen.

 

Das verhält sich denn wohl ähnlich wie bei Autounfällen. Tödliche endende treten im Großstadt-Stau und beim ausparken in einer Tempo 30 Zone entsprechend seltener auf als auf Kreisstraßen.

 

Aus der Studie:

Bei jungen Erwachsenen explodiert das Unfallrisiko im ländlichen Raum förmlich und liegt in den ländlichen Kreisen um das 10-20-fache höher als in Großstädten. Joachim Scheiner erklärt die Zahlen: „Mit 18 steht bei vielen jungen Erwachsenen auf dem Land das Auto vor der Tür, sie legen damit vergleichsweise weite Strecken zurück – da steigt das Risiko zu verunglücken zwangsläufig“

 

Womit auch ein Teil erklärbar wird.

 

Grüße

ALOA

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Wundert mich gar nicht. Landstrassen sind nun mal sehr gefährlich. Besonders wenn ein "mutiger" Fahrer einen Überholversuch startet, oder mittig durch eine Kurve fährt.
 

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Da ich selbst auf dem Land groß geworden bin, frage ich eigentlich nur noch nach dem Neuigkeitswert dieser Meldung. Ich komme aus einem Dorf, aus dem in den 70ern und 80ern viele Jugendliche tödlich verunglückten und der Pfarrer am offenen Grab predigte, er fühle sich wie sein Kollege, der 40 Jahre zuvor den Anghörigen von gefallenen und vermißten Soldaten zu Seite stehen mußte. Und das meinte er durchaus quantitativ, da er in einem 300-Seelendorf zwei Unfallopfer innerhalb eines Monats unter die Erde bringen mußte und in dem Jahr vorher noch einige dazu. Heute wird da kaum noch jemand geboren und damit ist das Problem eigentlich auch erledigt.

In Berlin oder Hamburg gibt es umgerechnet auf die Einwohnerzahl keine mehrere 1.000 Verkehrstoten pro Jahr.

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In den Städten schauts ganz umngekehrt bei den Fahrradfahrern aus, da gibts leider weit mehr Tote und Verletzte.

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@Johannes

 

aber auch weit, weit mehr Radfahrer! Relativ gesehen ist auch hier das Risiko, schwer zu verunglücken in den Städten nicht höher als auf dem Land.

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Autobahnen sind erheblich sicherer als Landstraßen, aber viele politisch engagierte Bürger betrachten Autobahnen als Feindbild, und dämonisieren Autobahnen, und bekämpfen Autobahnen, insbesondere die Planung und den Bau neuer Autobahnen.

In meiner Stadt kommt es zu vielen Unfällen mit Straßenbahnen oder auf Straßenbahnenanlagen.

Sowohl PKWs, wie auch Moped- und Motorradfahrer, wie auch Fahrradfaher, und auch Fußgänger, werden oft von Straßenbahnen erfasst, wobei aufgrund des großen Gewichts der Straßenbahnen und deren großer Aufprallenergie die Schäden im Einzelfall oft sehr erheblich und nicht selten irreparabel (etwa bei komplizierten Splitterbrüchen von Gesichtsknochen) sind.

Fahrradfahrer und Rollerfahrer sowie Schuhe mit Absätzen tragende Fußgänger bleiben oft in Straßenbahnschienen-Vertiefungen stecken und stürzen, und zwar nicht selten auf die Schienen oder auch auf die Straßen-Fahrbahn, wo sie dann insbesondere beim schleudern auf die Gegenfahrbahn von PKWs oder LKWs erfasst werden.

Fußgänger und Fahrradfahrer werden oft von an Kreuzungen abbiegenden PKW oder LKW erfasst.

Fahrradfaher erfassen oft plötzlich auf den Fahrradweg tretende Fußgänger.

Insbesondere jungen Männern, wie auch älteren Mitbürgern, fehlt es oft an Aufmerksamkeit und Sensibilität für die Gefahren des Fahrradverkehrs, und zwar sowohl als Fahrradfahrer wie auch als sonstiger Verkehrsteilnehmer.

Ein erheblicher Anteil der Verkehrsteilnehmer ist auch offenbar der Verkehrsregeln unkundig.

Fußgängerüberwege werden nicht selten von Fahrradfahrern als vermeintliche Vorfahrtsstraße in Anspruch genommen, aber die PKW-Fahrer können die aus einem Seitenweg schnell heranfahrenden oder plötzlich ohne Fahrtrichtungszeichen abbiegenden Fahrradfahrer oft nicht rechtzeitig sehen oder berechnen.

Die Anzahl der Fahrradfahrer die wie vorgeschrieben ein Abbiegen durch Handzeichen anzeigt ist in der Minderheit, die meisten Radfahrer biegen ohne Handzeichen ab.

Oft überholen Mountainbike-Fahrer oder Rennradfahrer oder E-Bike-fahrer auch langsam fahrende Radfahrer, obwohl die Straße zu schmal ist und Gegenverkehr kommt, nach dem Motto "soll der andere doch bremsen wenn er keinen Frontalzusammestoß will", so daß also ein Frontalzusammenstoß billigend in kauf genommen wird, und der Gegenverkehr zum Anhalten gezwungen wird, obwohl das "Verkehrshindernis" (ein langsam fahrender Radfahrer) auf der Seite des eiligen Radfahrers ist.

Ein Vorteil der Großstadt ist, daß Rettungswagen schnell am Unfallort sind, und der Transportweg in die Unfallklinik kurz ist.

Außerdem sind großstädtische Unfallkliniken oft mit Blutkonserven und auch technisch und personell gut ausgerüstet.

Meine persönlichen Beobachtungen sprechen jedoch nicht dafür, daß wenn, wie von Gegnern der Automobilität angestrebt, alle 83 Millionen Bürger auf Fahrräder umsteigen, die Unfallzahlen sinken werden.

Meinen nicht repräsentativen persönlichen Erfahrungen nach wird es, je mehr Fahrradfahrer unterwegs sind, desto mehr Fahrradunfälle geben, und selbst wenn alle Helm tragen wird es dennoch weiterhin viele erhebliche Kopfverletzungen geben.

Für nicht mehr fitte ältere Mitbürger sowie für die berufstätige Landbevölkerung können Fahrräder auch keinen vollständigen Ersatz für PKWs sein.

Für ein selbstbestimmtes Leben der Bürger bedarf es jedoch auch an praktisch nutzbaren Möglichkeiten zur Mobilität.

Sowohl für private Konatkte zu Freunden, Freundinnen, Lebenspartnern, Lebenspartnerinnen, Ehepartnern, Ehepartnerinnen, Eltern, Großeltern, Kindern, Enkeln, Geschwistern, Nichten, Neffen, wie auch für die berufliche Tätigkeit (insbesondere von Rechtsanwälten, Handwerkern, Handelsvertretern, und Selbständigen), wie auch für die soziale Teilhabe (zum beispiel auch bei wissenschaftlichem oder sozialem oder politischem Engagement), ist Mobilität für viele Bürger unverzichtbar.

Das Streben von Autogegnern, daß alle Menschen in die Großstädte umziehen und diese dann möglichst nicht mehr verlassen sollen, sondern nur mit Fahrrädern und dem ÖPNV und nur noch innerhalb der Großstädte mobil sein sollen, wird den Bedürfnissen der Menschen nicht gerecht, und es würde wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen, und auch die tatsächliche und praktische Inanspruchnahme zahlreicher Grundrechte erheblich beeinträchtigen.

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Unfälle von Fahrradfahrern mit anderen Fahrradfahrern oder mit Fußgängern werden oft statistisch nicht erfasst.

Oft wird weder eine Haftpflichtversicherung noch die Polizei eingeschaltet, und der Unfall verbleibt im Dunkelfeld.

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