Bundespräsident Köhler unterschreibt Zugangserschwerungsgesetz (Internetsperre) vorerst nicht

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 28.11.2009

Vielleicht liest Herr Köhler juristische Blogs (z. B. hier)? Oder nimmt den Brief von RA Stadler (Internet-law) oder die Mahnungen der FDP ernster als man es ihm zugetraut hat?

Möglicherweise kann er aber auch einfach nicht den Weg gutheißen, den die neue Regierung im Koalitionsvertrag vereinbart hat: ein beschlossenes Gesetz einfach nicht auszuführen (per "Nichtanwendungserlass"), das widerspricht dem Rechtstaatsgebot (vgl. Diskussion hier und noch eingehender hier). Die Koalition wird nicht umhin kommen, ein neues Gesetz verabschieden zu lassen, das das Zugangserschwerungsgesetz  wieder aufhebt. Und warum soll der Bundespräsident dann das alte Gesetz von Ursula von der Leyen noch unterschreiben?

Jedenfalls verlangt er in diesem Kuddelmuddel vor seiner Unterschrift eine Stellungnahme der Bundesregierung, wie Spiegel-Online eben berichtet.

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6 Kommentare

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Es kann aber auch ganz anders sein: Vielleicht kommt der Bundesregierung diese Unterschriftsverweigerung gerade recht: Herr Köhler stellt Fragen, die Bundesregierung lässt sich mit der Antwort (ungefähr ein Jahr) Zeit. Im Ergebnis wäre das eine rechtsstaatlich zulässige(re) Vorgehensweise als der verabredete "Nichtanwendungserlass". Das beschlossene Gesetz tritt einfach nicht in Kraft. Ich hoffe nicht, dass unser Bundespräsident hier instrumentalisiert wird, aber ausgeschlossen ist es nicht.

[nun schreibt man schon seine Kommentare selbst ;-) ]

Gegen den "Geist" des Gesetzes wird der Bundespr. kaum Einwände erheben. Bleiben für mich noch 2 Punkte:

1. Der (bekannte) Formfehler wird festgestellt. Dann könnte das Gesetz begraben werden. Häme gäbe es im

    Parlament dann nur von der Linken und den Grünen; und nur kurz. Zu Guttenberg würde sich ärgern, dass 

    er sich von seiner Frau und seiner Ministerkollegin zu einem Schnellschuss hat drängen lassen, natürlich          

    auch seine Ex-Mitarbeiter verfluchen. Problem: die Koalition hätte in einem Jahr kein Gesetz.

 

2.  Es ist eine Eselei, zu verkünden, ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz nicht anzuwenden, und noch da-

     zu, bevor es unterschrieben ist. Herr Köhler muss sich doch, unabhängig von der damit verbundenen             

     Rechtsproblematik, fragen, ob man ihn auf den Arm nehmen wil. Er wird auf die Zusage für ein Aufhebungs-

     gesetz bestehen und mit eben dieser Auflage versehen unterschreiben.Wieder Häme von den Linken und den

     Grünen. Problem: die Koalition hätte in einem Jahr wieder kein Gesetz.

 

Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass H. Köhler sich auf einen Deal einlässt, seine Anfrage 1 Jahr lang

ruhen zu lassen. Dies wäre zu offensichtliche Kungelei. Seinen Namen und das Amt wird er nicht beschädigt sehen wollen.  

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Nachfrage:

 

H. Köhler stellt ja seine Anfrage offiziell. Da es ja um ein vom Parlament beschlossenes Gesetz handelt, müsste doch eigentlich der Text auch veröffentlicht werden? 

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Sehr geehrter Herr Mahler,

meine Recherche hat ergeben, dass bislang nirgendwo veröffentlicht wurde, welche "ergänzenden Informationen" der Bundespräsident wünscht. Mal sehen, ob nächste Woche etwas veröffentlicht wird. Im Sinne der Transparenz wäre es sicherlich richtig, und aus meiner Sicht spricht auch nichts dagegen, die Anfrage zu veröffentlichen.

(nebenbei ist mir klar geworden, dass der Suchbegriff "Köhler" unter google-news nun nicht mehr ausreicht)

 

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

 

Entschuldigen Sie bitte, dass ich den Kommentarbereich zu einer Frage ein anderes Thema betreffend missbrauche.

Ich bin durch eine Meldung bei cynamite erstmalig auf den bereits seit 1995 bestehenden Sichtwechsel e.V. aufmerksam geworden, der offenbar auch in Zusammenarbeit mit der Politik (insbesondere bmfsfj) gegen Gewaltdarstellungen in den Medien und der Trennung zwischen Erziehung und Unterhaltung vorgeht. Selbst Kunst sei nur mit einem Bildungsauftrag zulässig:

"Die Kunst, die echte Kunst, die mit Hilfe der Wissenschaft durch die Religion geleitet wird, soll bewirken, dass das friedliche Miteinanderleben der Menschen, das heute durch äußere Maßnahmen, durch Gerichte, durch die Polizei, durch Wohltätigkeitseinrichtungen, Arbeitsinspektionen und dergleichen mehr gewährleistet wird, durch die freie und freudige Tätigkeit der Menschen erreicht wird. Die Kunst soll die Gewalt beseitigen. Und das vermag allein die Kunst."

(Quelle: http://www.sichtwechsel.de/angebote/index.php?ID=17)

Ziel ist es durch eine vom Bundestag einzurichtende Kommission "toxische Inhalte der Gewalt“ zum „Wohle der Allgemeinheit“ „aus unseren Medien herauszuhalten und [...] Zugang zu ihnen drastisch zu erschweren.“.

Auf der Selbstdarstellung findet sich auch diese Aussage:

"Ohne ernsthaftes Nachdenken über unser Grundgesetz und die Zeit, in der es vor 60 Jahren verfasst worden ist, dürfte eine Änderung schwer fallen. Die Überlegung eines bedeutenden Ethikers, des Philosophen Vittorio Hösle mag uns dabei behilflich sein: " Kants Ethik kann die Überwindung des formalen Freiheitsbegriffs lehren, der glaubt, Freiheit bestehe darin, das zu tun, was man wolle; sie kann die Einsicht auf das Problem lenken, dass Freiheit vielmehr im richtigen Wollen besteht - wer Illegitimes will, ist unfrei, da seine Bedürfnisse nicht aus dem Wesenskern seiner Persönlichkeit stammen, sondern heteronomer Natur sind: durch angeborene Triebe, durch die Gesellschaft usf. induziert." Die Worte Konrad Adenauers, "Macht bedeutet Verantwortung. Jeder von uns muss sich bewusst sein, dass er mitverantwortlich ist," gelten gewiss noch heute. Und sie bedeuten: Es muss gehandelt werden."

(Quelle: http://www.sichtwechsel.de/projekte/index.php?ID=29)

Als "Gamer" kräuseln sich mir bei diesen Aussagen die Fußnägel, insbesondere weil der Verein wie gesagt vom bmfsfj unterstützt wird. Auch von vielen Bundestagsabgeordneten sowie der damaligen Ministerin Merkel finden sich unterstützende Worte.

Wie ist Zielsetzung und Intention nüchtern zu bewerten?

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Hi,
<a title="Bundespräsident Köhler erklärt, warum wir Krieg in Afghanistan führen" href="http://www.literaturasyl.de/?p=2929">Bundespräsident Köhler erklärt, warum wir Krieg in Afghanistan führen</a>

Hätte ich mal nicht vom Bundespräsidenten erwartet, solch ehrliche Worte.

Gruß

AMUNO

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