BGH: Kein Herausreden möglich - Aufklärungspflicht bei "fliegendem Zwischenhändler"

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 17.12.2009

Den "fliegenden Zwischenhändler" kannte ich bislang noch nicht - ist aber ein durchaus bildhafter Begriff, oder? Könnte auch der Titel eines Märchens bei den Gebrüdern Grimm sein. Jedenfalls findet sich bei Beck-Aktuell heute eine Meldung zu BGH, Urteil vom 16.12.2009 - VIII ZR 38/09 (Auszug):

"...Der Kläger ist der Auffassung, die beiden Beklagten hätten ihn über den Erwerb des Fahrzeugs von einem nicht näher bekannten Zwischenhändler aufklären müssen. In diesem Fall hätte er auf die vom Kilometerzähler angezeigte Laufleistung von 201.000 km nicht vertraut und das Fahrzeug deshalb auch nicht gekauft. Die tatsächliche Laufleistung des Pkw habe zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages mehr als 340.000 km betragen. Der Kläger hat Schadensersatz in Höhe von rund 7.000 Euro (Rückzahlung des Kaufpreises sowie Erstattung von Reparaturkosten abzüglich Verkaufserlös und Entgelt für gezogene Nutzungen) nebst Zinsen begehrt. Während das Landgericht die Klage abwies, hat das Berufungsgericht seiner Klage in Höhe von rund 6.750 Euro nebst Zinsen stattgegeben. Auf die Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof bestätigt, dass beide Beklagte dem Kläger wegen Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht zum Schadensersatz verpflichtet seien. Denn bei Vertragsverhandlungen bestehe für jeden Vertragspartner die Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck (des anderen) vereiteln können und daher für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung seien, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten könne.

Ein solcher Umstand liege vor, so der BGH, wenn - wie hier - der Verkäufer kurz zuvor den Pkw von einem «fliegenden Zwischenhändler» erworben habe. Denn ohne einen entsprechenden Hinweis gehe der Käufer davon aus, dass der Vertragspartner das Fahrzeug von demjenigen übernommen habe, der als letzter Halter im Kraftfahrzeugbrief eingetragen sei. Habe der Verkäufer das Fahrzeug kurze Zeit vor dem Weiterverkauf selbst von einer Person mit unbekannter Identität erworben, liege der Verdacht nahe, dass es während der Besitzzeit des unbekannten Voreigentümers zu Manipulationen am Kilometerzähler oder einer sonstigen unsachgemäßen Behandlung des Fahrzeugs gekommen sei. Die Verlässlichkeit der Angaben zum Fahrzeug werde dadurch grundlegend entwertet. Insbesondere komme der Kilometerstandsanzeige und der Aussage zur «Gesamtfahrleistung nach Angabe des Vorbesitzers» hinsichtlich der tatsächlichen Fahrleistung keine nennenswerte Bedeutung zu.

Da der Verkäufer sich zur Erfüllung seiner vorvertraglichen Pflichten des Gebrauchtwagenhändlers bediente, musste er sich dessen Verschulden wie eigenes zurechnen lassen. Daneben hat der BGH auch eine eigenständige Haftung des Gebrauchtwagenhändlers gemäß §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 3, 241 Abs. 2 BGB bejaht, weil dieser nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen als Gebrauchtwagenhändler bei der Vermittlung des Kaufvertrags zwischen dem Kläger und dem Verkäufer als Sachwalter des letzteren besonderes Vertrauen in Anspruch genommen hat."

Mit dem "großen Unbekannten" kommt der "ahnungslose" Verkäufer also nicht mehr weiter! Gut so!

 

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