Beweis einer Diskriminierung durch Statistik? BAG entscheidet im Januar

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 30.12.2009

Für Ende Januar 2010 hat Achte Senat des BAG den Rechtsstreit einer bei der GEMA beschäftigten Betriebswirtin terminiert, die sich bei einer Beförderung übergangen sah und den Beweis ihrer geschlechtsbezogenen Diskriminierung mit statistischen Angaben führen will (8 AZR 436/09).

Die Klägerin ist seit 1993 als Personalreferentin bei der GEMA beschäftigt. Zum 1.7.1995 wurde ihr die Stellvertretung für die Personalverwaltung in Berlin mit 340 Mitarbeitern übertragen. Ab Dezember 2006 leitete Herr R. die Personalabteilung München. Unter dem 10.12.2006 informierte die Arbeitgeberin die Mitarbeiter per Aushang darüber, dass Herr R. mit sofortiger Wirkung zusätzlich zur Personalleitung München diejenige für Berlin und die Bezirksdirektionen übernehme. Auf die frei gewordene Stelle des Personaldirektors wurde mit Wirkung zum 1.1.2008 nicht die Klägerin, sondern Herr R. bestellt. Die Klägerin war im Vergleich zu Herrn R. trotz gleicher Tätigkeit bis zum 9.12.2006 geringer bezahlt worden.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Vergütungsdifferenz zwischen ihr und Herrn R. für die Zeit vom 1.1.2007 bis 31.7.2008 in Höhe von rund 28.000 Euro brutto. Zudem verlangt sie Schadensersatz wegen geschlechtsbezogener Benachteiligung bei der Beförderung und eine Entschädigung wegen schwerwiegender Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts, die sie erstinstanzlich mit mindestens 390.000 Euro und zweitinstanzlich mit mindestens 90.000 Euro bezifferte. Des Weiteren begehrt sie die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr jeden weiteren bereits entstandenen und künftig entstehenden materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der durch ihr Verhalten im Zeitraum 2000 bis Juli 2008 entstanden ist. Sie ist der Auffassung, sie sei, u.a. durch den Aushang vom 10.12.2006, von der Arbeitgeberin erniedrigt worden. Auf die Geltendmachung ihrer Rechte habe dieser versucht, ihr Kompetenzen zu entziehen. Ihre Behauptung, dass der beklagte Verein Frauen diskriminiere, sei bereits durch eine Statistik belegt, der zufolge sich in den Führungsebenen bei dem beklagten Verein kaum bzw. keine Frauen befinden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das LAG Berlin-Brandenburg hat auf die Berufung der Klägerin den beklagten Verein zur Zahlung der eingeklagten Vergütungsdifferenz und zu einer Entschädigung in Höhe von 20.000 Euro verurteilt (Urt. vom 26.11.2008 - 15 Sa 517/08, NZA 2009, 43; dazu BeckBlog vom 30.11.2008). In der Begründung heißt es, es stelle ein ausreichendes Indiz für eine geschlechtsspezifische Benachteiligung i.S. von § 22 AGG dar, dass alle 27 Führungspositionen im Unternehmen mit Männern besetzt sind, obwohl Frauen zwei Drittel der Belegschaft stellen. Statistische Nachweise müssten schon deswegen berücksichtigungsfähig sein, da anderenfalls eine verdeckte Diskriminierung bei Beförderungen („gläserne Decke“) nicht ermittelbar wäre.

Mit der teilweise vom LAG und teilweise vom BAG für beide Parteien zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr ursprüngliches Klagebegehren weiter. Die beklagte Arbeitgeberin beantragt die Abweisung der Klage.

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