"Der Fluch der bösen Tat" - Konjunktur für den Markt illegal erworbener Daten

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 07.02.2010

Für Steuersünder in Deutschland wird es zwar eng, aber ich habe den Eindruck, dass den  zögernden Landespolitikern gar nicht so wohl dabei ist, dass immer neue Datensätze angeboten werden. Dieses Dilemma, worauf mahnende Stimmen frühzeitig hinwiesen, war allerdings abzusehen.

So langsam scheint den Politikern auch irgendwie klar zu werden, dass (mit den treffenden Worten des ehemaligen Vizepräsidenten des BVerfG Prof. Dr. Hassemer Festschrift für Werner Maihofer, 1988, S. 204) das Problem dieser Entwicklung "in dem Verlust an Würde und überlegener Distanz (liegt), den der ermittelnde Staat sich selber zufügt; er greift zu Mitteln der intimen Ausforschung, der Hinterlist und des Taktierens mit Tatverdächtigen und verkleinert so die ethische Differenz zwischen Strafverfolgung und Straftat. Er begibt sich damit in die Gefahr, die moralische Überlegenheit des Strafverfahrens zu verspielen, welche die Rechtfertigung für die einschneidende Maßnahmen ist, die in ihm verhängt werden dürfen."

Selbst wenn der staatliche Ankauf und die Verwertung im Strafverfahren in Ordnung gehen sollten, kann der Staat an "Würde und überlegener Distanz" verlieren -  und der Rechtsstaat nimmt damit Schaden. 

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Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
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4 Kommentare

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Finanzminister Schäuble in einem Nachrichteninterview gesagt, wegen des früheren Ankaufes einer Daten-CD habe man "jetzt nicht anders handeln können". Denkt man das weiter, hat jeder, der Bankdaten ausspäht und kopiert, einen Anspruch auf Abnahme der CD gegen den deutschen Fiskus. Ein Armutszeugnis für den deutschen (Rechts-)Staat.

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Die Frage ist doch, was die Alternative sein soll. Soll ein Steuerpflichtiger oder jemand, der Leistungen vom Staat bezieht (Subventionen, Transferleistungen, Kindergeld & Co.), seine Daten ungeprüft nur noch angeben müssen?

Darf der Staat es gewähren lassen, dass durch die fehlende Überprüfung ein Scheunentor-großes Loch für Steuerhinterziehung und Leistungsbetrug öffnet?

 

Der Staat arbeitet seit einigen Jahren das Image des Steuerhinterziehens als Kavaliersdelikt auszumerzen; nicht der Steuerzahler soll der Dumme sein. Wie wäre wohl die Entwicklung in der Bevölkerung bei einer Einschränkung der Überprüfung der Antragsdaten bei staatlichen Leistungen? Würde es wieder schick werden, den Staat zu bescheißen?

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Vielleicht wird es auch nur absichtlich publiziert, damit Steuersünder kalte Füße bekommen, auch solche, die evtl. auf den CD's gar nicht auftauchen...

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@ Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg

Die Diskussion ist verstörend. Plötzlich kommen zahlreiche angesehene Juristen mit einer Diskussion um die Grundlagen des Rechtsstaats aus der Deckung.

Richtig ist natürlich, dass es um die Würde und das Ansehen des Rechtsstaats geht, wenn er nach der Diktion "Der Zweck heiligt die Mittel" handelt.

Nur muss beachtet werden: Die Schutzwürdigkeit von Bank-Daten hat der Staat in der Vergangenheit für weite Bevölkerungsschichten bereits negiert.

Für Millionen von Menschen in Deutschland gibt es seit 2005 kein Bankgeheimnis mehr.

Zitat: "Der lautlose Tod des Bankgeheimnisses

Von Thomas Hillenbrand

Am 1. April 2005 löst sich das Bankgeheimnis in Luft auf. Mit einem weitreichenden Gesetz hat Finanzminister Hans Eichel dafür gesorgt, dass Fiskus, Sozialbehörden und Arbeitsämter die finanziellen Verhältnisse jedes Bürgers ausschnüffeln dürfen - ohne Anfangsverdacht, ohne richterliche Erlaubnis und ohne dass die Betroffenen je davon erfahren."

Quelle / Weiterlesen: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,328199,00.html

Ist es nicht so, dass der eigentliche Sündenfall darin besteht, dass man den Schwächsten den Datenschutz genommen hat?

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