Die neue EG-Ökodesign-Richtlinie: Jetzt auch „Energieverbrauchsrelevante Produkte“ wie Fenster, Duschköpfe und Wasserhähne im Visier der europäischen Produktregulierung

von Dr. Ludger Giesberts, LL.M., veröffentlicht am 09.03.2010

Vier Jahre nach Erlass der sog. Ökodesign-Richtlinie (RL 2005/32/EG) zur Schaffung eines Rahmens für die Festlegung von Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung energiebetriebener Produkte, auf die u. a. das in der Öffentlichkeit viel beachtete Verbot von Glühlampen zurückzuführen ist, hat der europäische Gesetzgeber am 21. 10. 2009 die RL 2009/125/EG erlassen. Mit dieser Neufassung der Ökodesign-Richtlinie wird das übergeordnete Ziel verfolgt, den freien Verkehr von Produkten zu gewährleisten und die Umweltverträglichkeit zu verbessern, um so die Umwelt zu schützen. Die bisherige RL 2005/32/EG und das deutsche Umsetzungsgesetz über die umweltgerechte Gestaltung energiebetriebener Produkte (EBPG) waren auf die Regulierung energiebetriebener Produkte beschränkt. Auf dieser Grundlage wurden bzw. werden in naher Zukunft neben den oft zitierten Anforderungen an Leuchtmittel beispielsweise Vorgaben an die Produktgestaltung von Elektromotoren, Fernsehgeräten, Kühl- und Gefriergeräten, PCs etc. festgelegt.

 

Unter der neuen Richtlinie werden zukünftig auch Anforderungen für energieverbrauchsrelevante Produkte festgelegt werden können. Hierfür wird der Anwendungsbereich der bisherigen Richtlinie erheblich erweitert, was auch eine Neufassung des EBPG bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist am 20. 10. 2010 erforderlich macht. Der europäische Gesetzgeber sah für energieverbrauchsrelevante Produkte ein erhebliches Verbesserungspotential im Hinblick auf die Verringerung der Umweltauswirkungen und auf Energieeinsparungen durch bessere Gestaltung. In der Praxis stellt sich damit unweigerlich die Frage, wodurch sich energieverbrauchsrelevante Produkte auszeichnen. Ausweislich der Legaldefinition aus Art. 2 Nr. 1 der RL handelt es sich bei einem energieverbrauchsrelevanten Produkt um „einen Gegenstand, dessen Nutzung den Verbrauch von Energie in irgendeiner Weise beeinflusst und der in Verkehr gebracht und/oder in Betrieb genommen wird […].“ Als typische Beispiele werden in den Erwägungsgründen der Richtlinie insbesondere Fenster und Isoliermaterialien, aber auch wasserverbrauchsrelevante Produkte wie Duschköpfe oder Wasserhähne genannt. Die zunächst uferlos anmutende Definition beschränkt den Begriff der energieverbrauchsrelevanten Produkte auf solche Produkte, die gerade wegen ihrer Nutzung  den Energieverbrauch beeinflussen. Obwohl die Richtlinie ausdrücklich das Ziel verfolgt, „die Umweltauswirkungen von Produkten während ihres gesamten Lebenszyklus […] zu verringern“, reicht es aber nicht aus, dass die Herstellung oder der Transport eines Produkts einen hohen Energieverbrauch mit sich bringen. Maßgeblich für die Anwendung der neuen RL sind allein die Auswirkungen der Produktnutzung auf den Energieverbrauch. Ausdrücklich vom Anwendungsbereich ausgenommen sind zudem Verkehrsmittel zur Personen- und Güterbeförderung. Damit bleibt beispielsweise eine Regulierung von Waschmitteln oder Straßenbelägen sowie zahlreicher Alltagsgegenstände und Produkte durch die Kommission vorstellbar.

 

Auch unter der neuen Richtlinie ergeben sich Anforderungen an die Verkehrsfähigkeit einzelner Produkte nicht unmittelbar aus der Richtlinie oder den nationalen Umsetzungsgesetzen. Vielmehr bleiben konkrete  Durchführungsmaßnahmen der Kommission (i. d. R. Verordnungen) erforderlich, in denen einzelne Produktgruppen einer spezifischen Regulierung unterworfen werden, so dass sich die konkreten Vorgaben an das umweltbezogene Produktdesign erst aus diesen Rechtsakten ergeben. Der in besonderem Maße unbestimmte Begriff der energieverbrauchsrelevanten Produkte ermöglicht der Kommission damit letztlich die Festlegung gestaltungsspezifischer Vorgaben auf einem bislang kaum überschaubaren Feld von Produkten. Für Hersteller und Importeure verschiedenster Produktgruppen ist es daher von besonderer Bedeutung, sich rechtzeitig mit den praktischen Auswirkungen der neuen Richtlinie und insbesondere mit den jeweils aktuellen Vorhaben im Hinblick auf Durchführungsmaßnahmen der Kommission auseinanderzusetzen.

Rechtsanwälte Dr. Ludger Giesberts, LL.M, und Guido Kleve

 

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Das mit den Duschköpfen und Wasserhähnen übertrifft noch den Unsinn mit den Energiesparlampen. Wasser ist nicht knapp (ausser in Spanien), das Wassersparen führt inzwischen dazu, dass Leitungen zusätzlich durchgespült werden müssen weil sie sonst verkeimen. In Berlin ist geplant die Tarife deshalb zu verändern, so dass der tatsächliche Verbrauch kaum noch eine Rolle spielt.

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