Erwerbsbemühungen

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 06.04.2010
Rechtsgebiete: KindesunterhaltErwerbsbemühungenFamilienrecht7|4663 Aufrufe

Das OLG Köln zu der Frage der Erwerbsbemühungen eines für ein minderjähriges Kind barunterhaltspflichtigen Vaters (OLG Köln Beschluss vom 29.01.2010 - 4 WF 6/10 -   BeckRS 2010 05169):

Dass es ihm grundsätzlich möglich ist, in Deutschland so viel zu verdienen, dass er sogar mehr als den Mindestunterhalt zahlen kann, steht fest.

Dass er sich nach der wohl betriebsbedingten Kündigung allerdings ausreichend um eine neue Arbeitsstelle bemüht hat, steht nicht fest.

Nach den von ihm selbst vorgelegten Bewerbungslisten hat er in der Zeit nach seiner Kündigung Ende April 2009 bis Mitte November 2009 75 Bewerbungsschreiben verfasst, monatsdurchschnittlich also 11,5.

Das reicht nach der Rechtsprechung keineswegs aus. Vielmehr ist mindestens ein doppelt so umfangreicher Bewerbungsaufwand zu verlangen, ein Aufwand, der einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit entspricht.

Nach seinen eigenen Angaben hat sich der Antragsteller auch noch nicht bei Zeitarbeitsfirmen oder privaten Arbeitsvermittlern bemüht.

Er hat sich bislang nach seinen eigenen Angaben nur als Mineraloge, der in anorganischer Chemie promoviert hat, beworben. Nach seinem Lebenslauf ist er aber auch studierter Geologe.

Das Amtsgericht hat auch darauf hingewiesen, dass er sich gegebenenfalls auch unterhalb seines Ausbildungsniveaus bewerben muss. Selbst wenn sein Einkommen dann geringer sein sollte, ist doch bei einer Unterhaltspflicht für nur ein Kind (Ehefrau und Mutter sind nachrangig) davon auszugehen, dass er jedenfalls den Mindestunterhalt für ein Kind verdienen kann u. U. auch mit Hilfe eines Nebenjobs.

Bislang reichen die Bemühungen des Antragstellers nicht aus, um festzustellen, dass er zur Leistung des Mindestunterhalt nicht in der Lage sein könnte.

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7 Kommentare

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Von welchem Einkommen soll eigentlich ein unterhaltspflichtiger Arbeitsloser die Bewerbungskosten stemmen können. In der Regelleistung ist das nicht enthalten. Die Bewerbungsfinanzierung sieht 5€/Monat bei max. 300 € im Jahr vor. Klappt nicht so ganz mit den Vorgaben der Gerichte. Ganz davon abgesehen sind schon 5 € je Bewerbung ab einem gewissen Qualifikations- oder Berufsstand blanker Hohn.

Was keine Antwort auf meine Frage war und ist. Auch bei einem Nicht-ALG-II-Bezieher sind 15-30 Bewerbungen im Monat in adäquater Qualität ein ganz schöner Happen. Bedenkt man zudem, dass der hier Betroffene nichtmal den Mindestunterhalt aufbringen konnte ohne seinen Eigenbedarf zu wahren, so sieht man doch schon, dass auf diese Weise der Eigenbedarf künstlich reduziert wird.

Wer Erwerbsbemühungen verlangt sollte vielleicht auch darüber nachdenken, die Kosten dieser Bemühungen vom Einkommen abzuziehen. Das führt in vielen Fällen zu noch weniger vorhandenem Unterhalt für den Unterhaltsberechtigten. Dennoch wäre es nur folgerichtig.

Was keine Antwort auf meine Frage war und ist

Welche Frage?

Nach dem vom OLG mitgeteilten Sachverhalt hat der Unterhaltspflichtige in anorganischer Chemie promoviert und ist daneben auch studierter Geologe.

Es sollte ihm daher möglich sein, den Mindestunterhalt und seinen Selbstbehalt (900 €) sicherzustellen.

 

Ich kenne Promovierte, die kaum in der Lage sind, einen Job oberhalb von Hilfstätigkeiten zu verrichten. Aber darum geht es ja nicht. Meine Frage können Sie oben nachlasen (es befindet sich - versehentlich - jedoch kein Fragezeichen hinter dem Satz).

In dem hier mitgeteilten Sachverhalt hat der Antragssteller offenbar nicht ausreichend Einkommen, um Mindestunterhalt und Selbstbehalt sicherzustellen. Gerade darum ging es ja. Ob die Möglichkeit hierzu besteht lasse ich jetzt mal offen. Die apodiktische Feststellung des OLG reicht hierzu kaum.

Wenn der Antragssteller also ein Nettoeinkommen unter 1.388 € (ich gehe mal von 488 € Mind.Unterhalt aus) hat, dann bedeuten 15-30 Bewerbungen je Monat bei einem Kostenfaktor von 5€ (unrealisitisch) eine Einkommensreduktion von 5-10%. Realistisch dürften eher 7-10€ sein, also bis zu 20% Einkommensaufwendung. Diese sind doch wohl als notwendige Aufwendungen vom Einkommen abzuziehen, oder?

ja

wobei die Steuerersparnis gegenzurechnen ist und sich i.ü. der Unterhalt aus dem durchschnittlichen Jahresverdienst errechnet

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