Die studierende Mutter

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 13.04.2010

Eine in mancherlei Hinsicht interessante Entscheidung hat das OLG Nürnberg am 13.08.09 (10 UF 360/09 = FamRZ 2010, 577) getroffen.
Die Klägerin (das Verfahren lief noch nach altem Recht) hatte zunächst zwei Semester BWL studiert, dann zu einem Magisterstudium (Spanisch und Englisch) gewechselt und nach 5 Semestern auf ein Lehramtsstudium (Deutsch und Englisch) umgesattelt.
Zwischenzeitlich hat sie ein Kind bekommen und sich für 4 Semester beurlauben lassen.

Jetzt studiert sie wieder, das Kind wird von Montag bis Freitag von 08.30 Uhr bis 16.00 Uhr in einer Kindertagesstätte versorgt.
Am Wochenende geht die Klägerin für durchschnittlich bereinigte 363 € monatlich jobben.

Die Klägerin begehrt vom Kindesvater - das Kind ist jetzt 4 Jahre 8 Monate alt - weiter Unterhalt nach § 1615 l BGB - und bekam vom OLG Nürnberg weitgehend Recht.

Zur Begründung der Verlängerung der 3-Jahresfrist des § 1615 II 3 BGB führt das OLG aus:

Die Klägerin ist bereits durch ihr Studium weitgehend ausgelastet. Die Betreuung des jetzt 4 Jahre und 8 Monate alten Sohnes nimmt sie darüber hinaus, trotz ganztägiger Fremdbetreuung des Kindes in einer Kindertagesstätte, im beachtlichen Maße in Anspruch. Die Betreuung erschöpft sich bei Weitem nicht darin, das Kind zur Kindertagesstätte zu bringen und von dort wieder abzuholen. Vielmehr hat die Klägerin in Anbetracht des Alters des Kindes zu Hause für eine engmaschige Beaufsichtigung zu sorgen und ist allein dadurch zeitlich bis zum Schlafengehen des Kindes um 20.00 Uhr gebunden.

Den Einwand des Beklagten, er werde dadurch an Stelle der Eltern der Klägerin zu "Ausbildungsunterhalt" herangezogen, kontert das OLG mit dem Hinweis auf den gesetzlich normierten Vorrang in § 1615 I Abs. 3 S. 2 BGB sowie die Ausgestaltung des § 1615 I Abs. 2 S. 2 BGB und die daraus herzuleitende Einschränkung des Kausalitätserfordernisses.

Bei der Unterhaltsshöhe geht das OLG nicht von dem „Studentenbedarf“ von 640 € aus, sondern rechnet mit 770 € als Mindestbedarf, was im Hinblick darauf, dass der Bedarf einer Studentin mit Kleinkind den kinderloser Kommilitonen übersteigt gerechtfertigt erscheine.

Unter Anrechnung des Eigenverdienstes von 363 € habe der beklagte Kindesvater daher monatlich 407 € monatlich bis zum voraussichtlichen Ende des Studiums im Juli 2010 zu zahlen.
Die zugelassene Revision hat der Beklagte - soweit ersichtlich - nicht eingelegt.

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