Kommt wohl doch noch: Fahrverbot als Hauptstrafe

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 21.06.2010

Die Justizministerkonferenz 2010 wird sich wohl für das Fahrverbot als Hauptstrafe aussprechen - dieses Thema hatten wir ja schon häufiger. O-Ton: „Es gibt Taten und Täter, für die eine Haftstrafe zu viel und eine Geldstrafe zu wenig ist.“ Frage an die Blogleser: Welche sind das?

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14 Kommentare

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Bei Körperverletzung würde es Sinn machen. Bei Landeiern könnte man die Strafe so lockern dass nur die Fahrt zur Arbeit zulässig ist.

Zum Thema Ungleichbehandlung - es gibt auch Straftäter die obdachlos sind, denen trifft Knast nicht so schlimm wie den anderen - ich denke, jede Strafe trifft die Empfänger unterschiedlich hart.

Alternativ könnte man eine MPU Automatik ab einem bestimmten Straflevel einführen, denn wer zu Gewalt neigt, sollte nicht im Strassenverkehr sein, schliesslich ist der Strassenverkehr voller Konfliktsituationen und Missverständnissen in denen genau die Verhaltensweisen angesagt sind, die bei Hitzköpfen unbeliebt sind.

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ein schwieriger spagat.

 

zum einen ist zu bedenken, dass ein fahrverbot viel (!) eingreifender ist als eine geldstrafe.

zum anderen aber viel schonender als freiheitsstrafe.

 

ich frage mich also, welche fälle dazwischen liegen sollen....?

 

für berufstätige wäre dies eine katastrophe. für halbstarke neukölln-"gangster" wäre es egal (sie haben kein auto). für echte schwerverbrecher wäre es eine belohnung...

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So schlecht finde ich die Idee nicht. Sinn gibt es natürlich nur bei Personen, die tatsächlich Auto fahren. Für Personen, die beruflich auf das Auto angewiesen sind, wird es schwer; letztlich läuft es bei ihnen in Teilbereichen faktisch auf eine Geldstrafe hinaus. Man muss eben - wenn es keine öffentlichen Verkehrsmittel gibt oder man zu bequem ist, diese zu benutzen - teilweise Taxi fahren o.ä.

Letztlich ist es deutlich weniger einschneidend als eine Gefängnisstrafe; diese hat für die oben erwähnten Berufstätigen die genannten katastrophalen Folgen; das Fahrverbot ist "nur" teuer und unangenehm.

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Es ist nicht als sinnvoll einzustufen, wenn Bürger Ihre Fahrerlaubnis abgeben müssen, wegen Straftaten, die mit dem Straßenverkehr ABSOLUT nicht das geringste zu tun haben. Diese Belastung ist nicht nachvollziehbar, das Risiko zur Arbeitslosigkeit für die die es trifft ist nicht auszuschliessen und damit stelllen Sie dan letztenendes wieder eine Mehrbelastung für den Staat dar. Ganz zu Schweigen von der endlosen Haarspalterei die aufgewendet wird, um festzulegen, welche Straftaten "dazwischen liegen"... Nur ein schlechter Witz?

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@abc "So schlecht finde ich die Idee nicht. Sinn gibt es natürlich nur bei Personen, die tatsächlich Auto fahren."

Sehr fair...

 

"die beruflich auf das Auto angewiesen sind, wird es schwer; letztlich läuft es bei ihnen in Teilbereichen faktisch auf eine Geldstrafe hinaus."

Sie haben wohl kein Auto... Wenn man seinen Job verliert und in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist (ja so sieht das ein Autofahrer nunmal) dann "läuft es bei ihnen in Teilbereichen faktisch" NICHT "auf eine Geldstrafe hinaus".

 

"wenn es keine öffentlichen Verkehrsmittel gibt oder man zu bequem ist, diese zu benutzen"

was ist mit einem Taxifahrer? Oder wenn Sie einkaufen müssen und mehr als 2 Einkaufstüten mitschleppen? Fragt man dann den lieben Busfahrer ob er einen auch mit einem Einkaufswagen mitnimmt??

 

"teilweise Taxi fahren"

und immer 40€ hinlegen wo damals 7€ Spritgeld angefallen sind?

 

wo ist da die Verhältnismäßigkeit??

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Ich zitiere mal den § 69 I StGB

Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Einer weiteren Prüfung nach § 62 bedarf es nicht.

Die Straßenverkehrsdelikte des § 69 II sind nur Regelbeispiele.

Bei einem Einbrecher, der immer mit dem PKW zum Tatort fährt oder einem BtM-Dealer, der seine Geschäfte vom Auto aus tätigt etc., könnte man m.E. schon heute an eine charakterliche Ungeeignetheit zum Führen von Kfz denken

Der BtM-Dealer wird danach garantiert ruiniert sein, insbesondere, wenn man bedenkt, dass seine Kunden höchstwahrscheinlich in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis zu ihm stehen dürften und er seine Kundschaft dadurch auch nicht los wird. Hilft also nur bedingt.

Und Einbrecher, die sich durch Einbrüche einen illegalen Nebenverdienst schaffen, wird man dadurch höchstens abhalten, einen 42° Plasmabildschirm zu klauen, weil der so schlecht aufs Fahrrad passt, aber dank einem Einbruch bei mir im letzten Jahr weiss ich auch, dass es welche gibt, die sich auf "handliche" Sachen wie Laptops Schmuck etc. versieren.

Wenn die deutsche Justitz unbedingt die "Entziehung der Fahrerlaubnis" ausweiten möchte um die deutschen Straßen (und die damit verbundenen Sanierungskosten) im Rahmen der Sparmaßnahmen zu entlasten, bitteschön. Aber man muss nicht auch noch einen Sinn darin suchen, den es maximal subjektiv und in meinen Augen gar nicht gibt.

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Was halten denn die Blogleser von diesem Argument des ADAC?

"ADAC-Präsident Peter Meyer warnte in „Bild“ vor einer Diskriminierung von Verkehrsünder. „Wer zu schnell fährt und deshalb vorübergehend seinen Führerschein abgeben muss, steht künftig im Verdacht, ein Ladendieb oder Schlimmeres zu sein.“ (focus)

Ernsthaft? Ist es eine Diskrimierung der Raser, wenn auch Ladendiebstahl Fahrverbot zur Folge haben kann?

Der ADAC-Präsident bestätigt, was in Frage gestellt werden sollte. Warum wird ein Ladendiebstahl als so viel schwerwiegender angesehen als ein (erhebliches) Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit? Jedenfalls ist bei einem Ladendiebstahl noch niemand zu Tode gekommen, während die vom ADAC noch immer als Kavaliersdelikt angesehene Geschwindigkeitsüberschreitung die Haupttodesursache auf deutschen Straßen ist.

@Philipp

Ja, ich fahre Auto.

 

Man muss das Fahrverbot ins Verhältnis zur Freiheitsstrafe setzen; verglichen damit, ist es weniger einschneidend.

Zum Einkaufen: Dies ist meines Erachtens eine Frage der Bequemlichkeit. Es steht jedem frei, häufiger und dafür geringere Mengen einzukaufen.

Den Taxifahrer oder den Berufskraftfahrer hatte ich nicht in erster Linie im Auge sondern den, der berufsbedingt mit dem Auto zu Arbeit pendelt.

Das wirtschaftliche Ergebnis Ihres Beispiels "40 € statt 7 €" meinte ich mit der faktischen Geldstrafe.

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Das Argument des ADAC ist nur durch die Brille des Lobbyisten zu verstehen und ein klassischer rhetorischer Kunstgriff - aber leider inahltlich schwierig. Denn: Mit der gleichen Argumentation könnte man die Freiheitsstrafe abschaffen.

Denn dort besteht dann ja auch die Gefahr, dass alle Insassen für Kinderschänder und Vergewaltiger gehalten werden.

 

Zu dem Hinweis auf § 69 I StGB: Ein kurzer Blick in den Fischer zeigt, dass die abenteuerlichsten Sachverhalte genügen um einen "Zusammenhang" zu sehen. Wirklich schon fast unterhaltsam.

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Hm....

 

Wie ist so eine Strafmaßnahme mit dem Art. 3 Abs. 1 GG "(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich." zu vereinbaren, besonders in dem Falle wo jemand keinen Führerschein hat? Könnte es sein, dass im Fall des Falles das Bundesverfassungsgericht diese Idee recht schnell kassiert, wenn jemand dagegen klagt?

 

bombjack

 

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Ich sehe auch ein Problem darin, dass eine Strafe für eine vergleichbare Tat vergleichbar sein sollte.

Hat jemand kein Auto  bzw. keinen Führerschein, dann ist das "Fahrverbot" überhaupt keine Strafe, der muss also dann in den Knast? Anders herum, wenn er eine Geldstrafe kriegt, weil "Fahrverbot" unmöglich, warum soll dann jemand andreres ein Fahrverbot bekommen?

Für einen Briefmarkensammler kann es eine sehr harte Strafe sein, seine Sammlung abgeben zu müssen bzw. teilweise abgeben zu müssen. Bestrafen wir deshalb Briefmarkensammler mit der Einziehung der Sammlung? Künstler mit der Zerstörung ihrer Kunstwerke?

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