Wenn Oma und Opa für den Enkel Unterhalt zahlen sollen

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 06.07.2010
Rechtsgebiete: KindesunterhaltGroßelternFamilienrecht1|15293 Aufrufe

Mirko ist 4 und lebt bei Mama.

Sein Papa ist verschwunden und zahlt keinen Unterhalt.

Da fällt dem Anwalt von Mirkos Mama ein, dass nach § 1601 BGB Verwandte in gerader Linie verpflichtet sind, einander Unterhalt zu gewähren. Warum also nicht den Kindesunterhalt von Oma und Opa einfordern?

So einfach geht das aber nicht, sagt  - mit Recht  - das Thüringer OLG.

Die Großeltern des unterhaltsbedürftigen Kindes haften gemäß § 1606 Abs. 2 BGB nachrangig nach den Eltern des Kindes, d. h. es muss feststehen, dass diese nicht leistungsfähig sind. Wenn ein Elternteil nicht leistungsfähig ist oder sich der Unterhaltspflicht entzieht, erhöht sich zunächst gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB der Haftungsanteil des anderen Elternteils. Dies gilt auch dann, wenn ein Elternteil ein minderjähriges Kind betreut. § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB, der die Betreuung als Unterhaltsgewährung dem Barunterhalt gleichstellt mit der Folge, dass grundsätzlich Barunterhalt zusätzlich zur Betreuung nicht geschuldet wird, gilt nur im Verhältnis der Eltern zueinander, nicht aber im Verhältnis zu den nachrangig haftenden Großeltern.

Der Vortrag der Antragstellerin, sie beziehe Leistungen nach dem SGB II und sei daher für den Barunterhaltsbedarf ihres Kindes nicht leistungsfähig, ist nicht ausreichend. Zu berücksichtigen ist das Alter des Kindes von fast 4 Jahren sowie die Tatsache, dass die Antragstellerin nur ein Kind zu betreuen hat. Da sie zur Betreuung tagsüber einen Kindergartenplatz in Anspruch nehmen könnte, wäre ihr eine vollschichtige Erwerbstätigkeit, mit der sie ihren eigenen notwendigen Unterhalt sowie den Mindestunterhalt des Kindes sicherstellen könnte, grundsätzlich möglich. Sie hat weder vorgetragen, dass ihr eine Erwerbstätigkeit aus Gründen des Kindeswohls nicht zumutbar sei noch hat sie dargelegt, sich erfolglos um eine Arbeitsstelle bemüht zu haben.

Und selbst wenn man zu einer Haftung der Großeltern kommt, so haften alle 4 Omas und Opas (soweit noch am Leben) und zwar anteilig und nicht als Gesamtschuldner. Deshalb hätte Mama auch zu dem Einkommen ihrer Eltern etwas vortragen müssen.

ThürOLG Beschluss vom 10.12.2008 - 2 WF 449/08, NJW-RR 2009, 587

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1 Kommentar

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Sehr interessante Entscheidung. Auf den Gedanken kommt man spontan gar nicht. Sicher auch für die gebeutelten Kreiskassen, die UVG-Leistungen erbringen, eine neue Quelle, um doch noch Erstattungsansprüche durchsetzen zu können. Die Großeltern werden dem Sohnemann schon auf's Dach steigen, wenn sie selbst in Anspruch genommen werden. Der drohende Besuch der Eltern ist für den Kindesvater vielleicht eine hinreichende Motivation, sich doch noch um Unterhaltsleistungen zu bemühen. 

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