EuGH billigt Ausschlussfrist für die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen wegen Diskriminierung

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 10.07.2010

Der EuGH hat sich in einem Urteil vom 8.7.2010 (Rs. C-246/09 - Bulicke) mit der Richtlinienkonformität des § 15 Abs. 4 AGG befasst. Nach dieser Vorschrift muss ein Anspruch auf Schadensersatz oder Entschädigung innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Im Ausgangsfall hatte Frau Bulicke den von ihr gerichtlich verfolgten Entschädigungsanspruch wegen Altersdiskriminierung gegenüber ihrem Arbeitgeber erst später als zwei Monate nach der ihr erteilten Absage geltend gemacht. Das LAG Hamburg hatte jedoch ihre Klage nicht abgewiesen, sondern dem EuGH die Frage vorgelegt, ob die Ausschlussfrist mit primärrechtlichen Vorgaben (Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes) und dem Verbot der Altersdiskriminierung bzw. mit dem sog. Verschlechtungsverbot der Rahmenrichtlinie 2000/78/EG im Einklang steht. Der Gerichtshof enthält sich zwar einer abschließender Beantwortung der ihm gestellten Fragen, gibt aber gleichwohl zu erkennen, dass die Europarechtskonformität durchaus bejaht werden kann. Letztlich spielt er den Ball zurück zu den nationalen Gerichten. Wörtlich heißt es in dem Urteil:

"Das Primärrecht der Union und Art. 9 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Verfahrensvorschrift nicht entgegenstehen, wonach derjenige, der bei der Einstellung wegen des Alters diskriminiert worden ist, seine Ansprüche auf Ersatz des Vermögens- und Nichtvermögensschadens gegenüber demjenigen, von dem diese Diskriminierung ausgeht, innerhalb von zwei Monaten geltend machen muss, sofern

–        zum einen diese Frist nicht weniger günstig ist als die für vergleichbare innerstaatliche Rechtsbehelfe im Bereich des Arbeitsrechts,

–        zum anderen die Festlegung des Zeitpunkts, mit dem der Lauf dieser Frist beginnt, die Ausübung der von der Richtlinie verliehenen Rechte nicht unmöglich macht oder übermäßig erschwert.

Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob diese beiden Bedingungen erfüllt sind."

Eher zurückhaltend formuliert der Gerichtshof auch die Anforderungen des sog. Verschlechterungsverbot (Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 200/78/EG, demzufolge die Umsetzung der Richtlinie keinesfalls als Rechtfertigung für eine Absenkung des von den Mitgliedstaaten bereits garantierten allgemeinen Schutzniveaus in Bezug auf Diskriminierungen benutzt werden darf:

"Art. 8 der Richtlinie 2000/78 ist dahin auszulegen, dass er einer zur Umsetzung dieser Richtlinie erlassenen nationalen Verfahrensvorschrift nicht entgegensteht, in deren Folge eine frühere Regelung geändert worden ist, die eine Frist für die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs bei geschlechtsbezogener Diskriminierung vorsah."

 

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