Die hart verdiente Terminsgebühr...

von Dr. Hans-Jochem Mayer, veröffentlicht am 21.07.2010

Die Terminsgebühr ist wohl der Gebührentatbestand, der in der Rechtsprechung am häufigsten Anwendungsprobleme verursacht. Ein Beispiel hierfür ist die Entscheidung des LSG Nordhein-Westfalen – Beschluss vom 09.07.2010 – L 19 B 395/09 AS. Im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens gerichtet auf die vorläufige Gewährung von Grundsicherungsleistungen für Erwerbsfähige nach dem SGB II war die Beschwerdeführerin im Wege der Prozesskostenhilfe als Rechtsanwältin beigeordnet worden. Eine Terminsgebühr konnte sie gleichwohl nicht verdienen,  und zwar nicht für das Mitwirken an einer auf Verfahrensvermeidung oder Verfahrenserledigung gerichteten Besprechung, weil es sich um ein Verfahren ohne vorgeschriebene mündliche Verhandlung handele. Auch den Gebührentatbestand in Nr. 3 der Anmerkung zu Nr. 3106 VV RVG, also die fiktive Terminsgebühr, billigte das LSG Nordrhein-Westfalen nicht zu, weil dieser Gebührentatbestand nach Auffassung des LSG Nordrhein-Westfalen auf Verfahren beschränkt ist, in denen eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist. Dass der Gesetzgeber aber nur die auf zügige Verfahrenserledigung oder Verfahrensvermeidung gerichteten anwaltlichen Bemühungen honorieren wollte, wenn es sich um ein gerichtliches Verfahren mit vorgeschriebener mündlicher Verhandlung handelt, ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien aber gerade nicht und erschließt sich auch nicht als sinnvolle Abgrenzung.

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Die Rechtsprechung zum Anfall einer Terminsgebühr (siehe zunächst Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG) in einstweiligen Rechtsschutzverfahren fällt recht eindeutig aus - vgl. z.B. OVG Lüneburg, Beschluss vom 12. Juni 2009  1 MN 172/08 -, juris; sowie zuletzt OVG Münster, Beschluss vom 15.06.2010 in 13 E 382/10, nrwe und juris.

Aus den Gründen des letztgenannten Beschlusses (Zitat aus nrwe):

"Eine Terminsgebühr fällt danach auch an für die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts. Die Terminsgebühr ersetzt nach dem Willen des Gesetzgebers sowohl die frühere Verhandlungs- als auch die frühere Erörterungsgebühr. Der Rechtsanwalt soll in jeder Phase des Verfahrens zu einer möglichst frühen, der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beendigung des Verfahrens beitragen. Deshalb soll die Gebühr auch schon verdient sein, wenn der Rechtsanwalt an auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts mitwirkt, insbesondere wenn diese auf den Abschluss des Verfahrens durch eine gütliche Regelung zielen. Solche Besprechungen sind bisher nicht honoriert worden.

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Vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 23. Juli 2008  2 S 458/07 u. a. , JurBüro 2008, 531 = juris sowie Fraktionen-Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts, BT-Drucks. 15/1971 S. 209.

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Eine Terminsgebühr kann in Eilverfahren, die auf der Grundlage von § 123 VwGO geführt werden, jedoch nicht entstehen. Sie ist zugeschnitten auf Verfahren, in denen eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist. Das ist bei Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO nicht der Fall. Über solche Eilanträge wird grundsätzlich im Beschlusswege ohne mündliche Verhandlung entschieden.

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Vgl. Schoch, in: Schoch/Schmidt/Aßmann/Pietzner, Kommentar zur VwGO, Stand: November 2009, § 123 Rn. 126.

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Die gesamte Regelung ist auf Verfahren zugeschnitten, in denen eine mündliche Verhandlung obligatorisch ist oder vor dem Richter oder einem von ihm beauftragten Sachverständigen eine Erörterung oder eine Beweisaufnahme stattfindet.

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Vgl. Hartmann, Kostengesetze, 40. Aufl. 2010, RVG 3104 VV Rn. 15 f.

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Hierfür sprechen der Wortsinn des Begriffs "Terminsgebühr" und der systematische Zusammenhang, in den die "Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts" gestellt ist. Es geht um ein Verfahren, in dem eine Verhandlung durchzuführen ist oder zumindest eine Erörterung oder eine Beweisaufnahme stattzufinden hat. Das ist auch der Grund, weshalb bei der Nr. 3104 VV erweiternd ("auch") vorgeschrieben wird, diese Terminsgebühr könne ein Anwalt selbst dann verlangen, wenn das Gericht die an sich gebotene mündliche Verhandlung nicht durchgeführt hat, indem statt durch Urteil durch Gerichtsbescheid (§ 84 VwGO) oder durch einstimmigen Beschluss gem. § 130a VwGO entschieden wird, weil das Gericht eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Erweiterung der Terminsgebühr auf Besprechungen der Verfahrensbeteiligten untereinander, d. h. ohne Beteiligung des Gerichts, soll lediglich gebührenrechtlich honorieren, wenn sich der Bevollmächtigte eines Verfahrens, in dem noch mündlich verhandelt werden oder zumindest vor dem Gericht eine Beweisaufnahme oder ein Erörterungstermin stattfinden soll, vor einem solchen Termin mit der Gegenseite in Verbindung setzt, um einen dort dann abzuschließenden Vergleich vorzubereiten (BT-Drucks. 15/1971 S. 209).

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So mit eingehender Begründung OVG Lüneburg, Beschluss vom 12. Juni 2009  1 MN 172/08 -, juris."

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