Keine Fluchtgefahr bei EU-Wohnsitz nach Unfall mit fahrlässiger Tötung

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 24.07.2010

In SVR 2010, 225 habe ich die Entscheidung OLG Oldenburg, Beschluss vom 25. 6. 20091 Ws 349/09 besprochen. Ich denke, die ist auch für das Blog interssant. Ein Beschuldigter aus Polen hatte einen Unfall im Straßenverkehr verschuldet - Vorwurf: § 315c StGB duch Trunkenheit und fahrlässige Tötung, § 222 StGB. Das OLG Oldenburg hat Fluchtgefahr als den einzig einschlägigen Haftgrund des § 112 StPO verneint:

Der Beschluss des Landgerichts und der Haftbefehl des Amtsgerichts waren schon deshalb aufzuheben, weil der Haftgrund der Fluchtgefahr nicht gegeben ist. Zwar ist der Angeklagte der im Haftbefehl aufgeführten Tat der fahrlässigen Tötung der Radfahrerin in Tateinheit mit Gefährdung des Straßenverkehrs durch Trunkenheit als Kraftfahrer aufgrund der in der Anklageschrift aufgeführten Beweismittel dringend verdächtig. Auch ist davon auszugehen, dass der Angeklagte wegen der folgenschweren Straftat, bei der ein Mensch getötet wurde, mit der Verhängung einer Freiheitsstrafe von deutlich über einem Jahr zu rechnen hat.Diese – durch eine mögliche künftige Halbstrafenaussetzung nach § STGB § 57 Abs. STGB § 57 Absatz 2 StGB noch verringerte – Straferwartung vermag aber eine Fluchtgefahr ebenso wenig zu begründen wie der Umstand, dass der Angeschuldigte polnischer Staatsbürger ist. Fluchtgefahr darf nur aus bestimmten Tatsachen hergeleitet werden, bloße Mutmaßungen oder Befürchtungen genügen nicht. Dass der Angeklagte seinen Wohnsitz im Ausland hat und demgemäß in Deutschland über keine tragfähigen sozialen Bindungen verfügt, vermag eine Fluchtgefahr nicht zu begründen. Ausreichend tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass der ledige kinderlose und nicht vorbestrafte Angeklagte sich dem Strafverfahren dauernd oder vorübergehend entziehen werde, sind nicht ersichtlich.

 

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen