Love Parade-Unglück in Duisburg: Pressekonferenz (fast) ohne Antworten

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 25.07.2010

In der Pressekonferenz zur erschütternden  Love Parade-Katastrophe (link wdr) haben sich vier auf dem Podium sitzende Verantwortliche (der Bürgermeister, der Vize-Polizeichef, der Veranstalter und der Krisenstabschef) - hinzu kam noch der Pressesprecher der Loveparade aus der zweiten Reihe - zumeist der Beantwortung berechtigter Fragen entzogen, indem sie auf das laufende Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft hinwiesen. Es klang beinahe so, als habe ihnen die Staatsanwaltschaft verboten, sich zum Thema zu äußern. Aber worauf sollte ein solches "Äußerungsverbot" basieren?  In einer Zeit,  in der die Staatsanwaltschaften selbst (meines Erachtens viel zu weitgehend) regelmäßig Pressekonferenzen und -mitteilungen zu laufenden Verfahren durchführen, wäre dies höchst befremdlich.

Der eigentliche Grund ist wohl eher, dass gegen die Podiumsteilnehmer der Pressekonferenz selbst möglicherweise ermittelt wird oder sie dies zumindest befürchten (link). Beschuldigte haben durchaus das Recht zu schweigen und sie unterliegen auch keiner Wahrheitspflicht.

Prof. Schreckenberg, der das Sicherheitskonzept für die Loveparade vorab befürwortet hatte, saß nicht auf dem Podium. Er hatte aber schon am gestrigen Abend in einer wdr-extra-Sendung nicht Fehlplanung, sondern einzelne  Besucher für die Todesfälle verantwortlich gemacht (link). Prof. Schreckenberg meint heute in einem weiteren Interview, möglicherweise habe man das (sein?) Konzept auch nicht richtig umgesetzt. Das Gelände sei für 350.000 Menschen ausgelegt gewesen,  der Tunnel für 20.000 Menschen pro Stunde (link).  Er deutet damit  an, man habe seitens der Einsatzleitung vor Ort zu viele Menschen gleichzeitig in den Tunnel gelassen.
Auch ihm steht es natürlich frei, das Konzept zu verteidigen. Aber wenn diese Angaben stimmen, dann hätte es 15 Stunden (!) gedauert, bis 300.000 Menschen auf dem Gelände gewesen wären, eine doch völlig unrealistische Vorstellung für eine solche Veranstaltung.  Selbst die doppelte Menge von Zufluss hätte nahezu acht Stunden erfordert - und dabei sind nicht einmal die Besucher  erwähnt, die inzwischen das Gelände wieder verlassen wollten. Im Übrigen erklärt dies, warum nach Angaben der Polizei das Gelände zu keinem Zeitpunkt überfüllt war. Wenn diese Angaben stimmen, dann kalkulierte dieses Konzept von vornherein ein mehrstündiges Warten im Gedränge vor oder im Tunnel ein - selbst wenn es  "nur" 300.000 Menschen  gewesen wären. Eine unzumutbare Situation, deren Folgen nun leider eingetreten sind.

Diese Folgen wurden schon vor einigen Tagen ziemlich genau vorausgesehen (link der westen) - und auch die mögliche Ursache, der zu enge einzige Zugang zum Gelände, wurde dort schon benannt.  
Ob und wer strafrechtlich verantwortlich gemacht werden kann, ist Gegenstand  der Ermittlungen, die sicherlich einige Zeit erfordern.

Aber unvorhersehbar war diese Katastrophe nicht.  

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26 Kommentare

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Das war eine sehr scheinheilige PK, die unter dem Motto lief "Es tut uns Leid, aber wir sind nicht Schuld" mehr wurde nicht gesagt.
Und man kann sich natürlich hinter dem Gesetzt verstecken, in dem man sagt es laufen Ermittlung der Ermittlungsbehörden. Ist ihr gutes Recht, dass will ich nicht bestreiten, doch denke ich laufen sie vor der eigenen Unzulänglichkeit weg. denn Hinweise auf die Mängel des Geländes gab es zu Hauf und wurden an die Stellen herangetragen. Spekulationen helfen zwar niemandem weiter, aber denke, dass diese Bedenken schlicht ignoriert wurden, wegen des Ansehens der Veranstalltung. Man hat seine Möglichkeiten (wissentlich?) übersätzt, denn den Organisatoren muss klar gewesen sein, dass ca. 1 Mio. Menschen kommen würden und dass dies die Kapazität von Duisburg und erst recht die Kapazität des Geländes Sprengen würde. Da es in den vergangen Jahren auch so vielen waren. Daher denke ich haben sich die Verantwortlichen schuldig nach § 222 + §229 StGB gemacht.

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Gast2049 schrieb:

Spiegel Online zitiert einen Beamten, laut dem bei der Bundespolizei "Einsatzbefehle, Lagemeldungen, Karten" von den Computern gelöscht worden seien. Dies sei Teil einer Vertuschungsaktion.

Hier stellt sich möglicherweise die Frage, ob nicht Beweismittel, die Bundespolizisten belastet hätten, vernichtet wurden.

Falls sich das als Wahrheit entpuppen sollte, was ich nicht hoffe, dann fragt man sich, kann man noch Vertrau in den Rechtstaat haben, wenn einige Organe versuchen belastendes Material zu vernichten. wie gesagt hoffe, dass es sich nicht bewahrheitet.

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Ich war gestern sehr erschüttert, als ich von dem Vorfall im Radio gehört habe. Jedoch denke ich, dass es im Nachhinein immer sehr leicht ist zu sagen: "Ja, das hätte anders gemacht werden können" und "Ich hab's doch gleich gewusst" sowie "Der und der ist schuld". Ich habe die Pressekonferenz nicht verfolgt, aber ich denke, dass es für die anwesenden Ansprechpartner wohl auch nicht leicht ist, sich nach so kurzer Zeit den Fragen der Öffentlichkeit zu stellen. Man muss sich nur mal vor Augen führen, dass dort mehrere hunderttausend Menschen anwesend waren und die Aufklärung sich dementsprechend schwierig gestalten. Daher macht es meines Erachtens nicht viel Sinn jedwede Hoffnungen zu streuen oder die Ermittlungen aufgrund eines medialen Interesses in die "falsche" Richtung zu lenken. Dazu kommt noch, was Herr Prof. Dr. Müller angesprochen hat, dass sich einige der PK - Teilnehmer wohl eigenen Ermittlungsverfahren ausgesetzt sehen.
Man könnte nun natürlich sagen: "Ja, aber wenn man noch nicht viel über den Hergang was, warum startet man dann eine PK?" Berechtigte Frage. Jedoch muss man sich auch mal vorstellen, was passiert wäre, wenn die o.g. Personen sich erst später den Medien gestellt hätten, dann wäre wohl die Rede von Verantwortlungslosigkeit.

 

Ich halte es deshalb für fair den Betroffenen und auch den vermeintlich Verantwortlichen gegenüber keine Vorverurteilungen zu fällen, da bei diesem Unglück wohl viele menschliche Fehler zusammengewirkt haben und es nun Tatfrage ist, ob die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen wurde. Ich denke, dass man als Außenstehender nicht in der Lage ist das strafrechtlich genau zu beurteilen. Natürlich will ich niemandem den Mund o.Ä. verbieten - Gott bewahre - aber ich halte Vorveruteilungen aufgrund dünner Tatsachenlage für unnötig.

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Kant schrieb:

Ich halte es deshalb für fair den Betroffenen und auch den vermeintlich Verantwortlichen gegenüber keine Vorverurteilungen zu fällen, da bei diesem Unglück wohl viele menschliche Fehler zusammengewirkt haben und es nun Tatfrage ist, ob die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen wurde. Ich denke, dass man als Außenstehender nicht in der Lage ist das strafrechtlich genau zu beurteilen. Natürlich will ich niemandem den Mund o.Ä. verbieten - Gott bewahre - aber ich halte Vorveruteilungen aufgrund dünner Tatsachenlage für unnötig.

Natürlich sind  Vorverurteilung nicht sachdienlich und spekulativ und bringen niemanden weiter. Aber man fragt sich halt, wie es zu diesen krassen Planungsfehler, was es ja nun offensichtlich war, kommen konnte. Und inzwischen ermittelt ja auch die Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Tötung.

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Sehr geehrter Herr Kant,

ich bin sehr für Fairness in der Beurteilung persönlicher strafrechtlicher Verantwortung und sehr gegen Vorverurteilungen, aber auf gezielte Desinformationen und Herausrederei in der Öffentlichkeit muss man schon hinweisen dürfen, insb. wenn dies schon den Denkgesetzen widerspricht. Die jetzt eingetretenen Folgen wurden schon vorab von vielen - Laien und Experten - vorhergesehen. Herr Prof. Schreckenberg, der nun allenfalls einräumt, nicht genügend gewarnt zu haben, spielt eine unrühmliche Rolle (bgl. die oben genannten Zahlen). Hat er tatsächlich zuvor den Durchlass auf 20.000 Pers/Stunde berechnet, dann hätte er das Konzept nicht befürworten dürfen, denn ein solcher Durchlass ist schon für eine Veranstaltung mit 300.000 Leuten ungeeignet, um so weniger für die erwartete doppelte bis dreifache Anzahl.

Die Veranstaltungsleitung hat auf den Hinweis, dass 0,5 bis 1 Mio. Leute nicht auf das Gelände passen, vorab reagiert und geäußert, diese Menge werde sich ja über den Tag verteilen, also nicht gleichzeitig auf dem Gelände sein. Das heißt aber, dass man mit gleichzeitigem Zu- und Abgang vom Gelände rechnete, durch dieselben Tunnel! Ich kann  hier nur eine geradezu eklatante Fehlplanung erkennen.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

 

Wie Spiegel Online jetzt berichtet (Quelle), hat die KriPo Duisberg die Ermittlungen an die KriPo Köln abgegeben. Tatsächlich würde es sich, wenn Duisburger Polizeibeamte selbst in Verdacht geraten (etwa durch fahrlässiges und unnötiges Absperren des Geländes vor dem Unglück, wie es in einigen Augenzeugenberichten heißt, poder dadurch, dass man zuviele Menschen gleichzeitig in den Tunnel gehen ließ), nicht um unabhängige Ermittlungen handeln.

Die Tendenz, sich gegenseitig (Stadt-Veranstalter-Polizei) oder den Besuchern die Verantwortung zuzuschieben zeigt sich ohnehin schon in einzelnen Stellungnahmen, deren Wahrheitsgehalt nach Augenzeugenberichten in Frage gestellt werden muss.

Zur "unabhängigen Polizeikontrolle" in anderen Fällen siehe hier.

Lars Fischer hat gestern mal grob überschlagen ob der Tunnel groß genug war. Ohne konkrete Zahlen zu kennen. Selbst bei einem moderaten Szenario kommt er zu dem Schluß, dass der Zugang viel zu klein war.

http://is.gd/dK7Zn

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Sehr geehrte/r corax,

vielen Dank für den Link. Fischer geht dabei sogar noch von einer viel höheren Zahl aus, als sie Schreckenberg genannt hat (Fischer: ideal 60.000; Schreckenberg: sicheres Maximum: 20.000/Stunde). Und selbst bei diesen idealen 60.000 pro Stunde wäre eine Füllung des Geländes nur in vielen Stunden möglich. Also: der tödliche stau war vorprogrammiert durch diese Planung.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

Inzwischen geht der Schuldzuweisungszirkel weiter: Schaller (Veranstalter) macht die Polizei verantwortlich:

"Die Katastrophe bei der Duisburger Love Parade könnte nach Angaben des Veranstalters Rainer Schaller durch eine verhängnisvolle Anweisung der Polizei ausgelöst worden sein. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa äußerte sich der 41-Jährige erstmals ausführlich zu dem Unglück. "Die Einsatzleitung der Polizei hat die Anweisung gegeben, alle Schleusen vor dem westlichen Tunneleingang an der Düsseldorfer Straße zu öffnen", sagte er. Warum, wisse er nicht. Die Veranstalter hätten eigentlich 10 der 16 Schleusen geschlossen gehalten, weil eine Überfüllung des Tunnels drohte. Wegen der Polizeianweisung sei der Hauptstrom der Besucher dann unkontrolliert in den Tunnel gekommen." (Quelle).

 

 

Bleiben wir doch mal auf der juristischen Ebene: Käme für diejenigen, die sich von außen einem solchen ersichtlich überfüllten Tunnel nähern, um auf das bzw. von dem Partygelände zu gelangen, Körperverletzung - bzw. Körperverletzung mit Todesfolge mit dolus eventualis in Frage?  Immerhin sind hier Menschen durch Menschen zu Tode gekommen.

Sehr geehrter Herr Spies,

soweit ich mir die Verhältnisse angeschaut habe (Fotos und Videos sowie Augenzeugenberichte in Film und Schrift), kann Ihre Folgerung wohl ausgeschlossen werden: Die relevante Stauung war für diejenigen, die in den Tunnel gingen, nicht zu sehen. Die Tunnel selbst waren offenbar auch nicht "dicht". An der Rampe, die nach oben aufs Gelände führte, trafen sich die beiden Tunnel und erst dort wurde es lebensgefährlich eng. Woran es lag, dass es nicht mehr vorwärts ging, ist Gegenstand verschiedener Annahmen und Vermutungen (gab es oben eine Sperrung? Eine Schleuse mit geringem Duchfluss?, gab es schon einen relvanten Strom vom Gelände nach unten, so dass an dieser Stelle praktisch drei Ströme aufeinander trafen und den tödlichen Stau verursachten? siehe dieses Foto, im Hintergrund sieht man den enormen Stau, dort wo sich die beiden Tunnel treffen, einer davon ist links verborgen, vorne "tröpfelt" es aufs Gelände und auch schon viele Leute gehen in die Gegenrichtung, irgendwo muss der Pfropfen sein, der den Fluss stört Augenzeugenbericht hier). Jedenfalls war diese Situation allenfalls für die Ortskundigen vorhersehbar und für die Planer dieser Veranstaltung, aber doch nicht für die Besucher, die meist zum ersten Mal in Duisburg waren. 

Hinzu kommt wohl: Schon an den Sperren auf den Straßen VOR dem Tunneleingang hatte sich teilweise ein enormer Druck aufgebaut, so dass zur Entlastung dieses Ansturms möglicherweise Leute in den Tunnel gelassen wurden, obwohl es an der Rampe zum Gelände viel zu langsam weiterging (Kommunikationsproblem zwischen den Ordnungskräften?)

Wenn sich herausstellt, dass diejenigen, die auf die Treppe und den Container auswichen, dies in höchster Not taten , um nicht zerquetscht zu werden (dieses Video legt dies nahe), dann wird man den Besuchern keinerlei Vorwurf machen können; Sie wurden durch eine Fehlplanung und durch die Kräfte vor Ort in eine Falle geschickt, in der sie sich nicht mehr frei bewegen konnten. Ein dolus eventualis gar (auf Seiten der Besucher) wäre eine geradezu absurde Annahme.

Ich habe selbst einmal in eienr solchen Menge gesteckt (an den Hamburger Landungsbrücken in einer Silvesternacht) - in dieser Situation war keine Eigenbewegung mehr möglich, ich und alle um mich herum waren der vis absoluta der Menge ausgesetzt und hofften nur, lebend herauszukommen. 10-20 Meter weiter kann die Lage dann völlig entspannt sein.

Mit besten Grüßen

Henning Ernst Müller

 

 

Vielen Dank, Sie sind mit den örtlichen Gegebenheiten natürlich viel besser vertraut als ich.  Jch will natürlich nicht die Veranstalter irgendwie entlasten. Dennoch finde ich, wenn nich mir das Link anschaue: was für ein "Wahnsinn", sich von hinten in eine solche Menge abwärts hin zu einem dunklen Tunnel hineinzubegeben.

Ich fahre des Öfteren mit dem Zug. An einem größeren Bahnhof angekommen bietet sich mir immer und immer wieder das gleiche Bild. Die Leute wollen aussteigen und die Leute, die bereits in den Zug einsteigen wollen, machen keinen Platz. Andersherum ist es aber auch möglich. Wenn die Leute aus dem Zug gestiegen sind bleiben sie erst einmal stehen, um sich zu orientieren. Es bildet sich ein Stau. Vielleicht hinkt dieser Vergleich ein wenig, aber ich denke, dass man dieses merkwürdige Verhalten durchaus auf den Ausgang des Tunnels übertragen kann. Die Menschen kommen aus einem dunklen Tunnel und denken nur: Moment, wo sind wir? Wo soll es hingehen? Bleibe ich erst einmal stehen, um zu sehen was meine Freunde / Bekannte / Begleiter sagen. Von hinten wird weiter geschoben, weil die Leute reinwollen. Es bildet sich ein Stau und die Menschen, die im Tunnel stehen - also in der Mitte - werden gequetscht.

Ich finde es daher merkwürdig, dass Herr Schreckenberger (dieser sog. Panikforscher) dieses Szenario, das an jeder U - Bahn und Bushaltestelle tagtäglich zu beobachten ist nicht antizipiert hat.

Zu dem Kommentar von Herrn Dr. Spies: Ich halte es nicht für unwahrscheinlich, dass die von Ihnen genannten Tatbestände bzw. §§ 222, 229 StGB in Bezug auf einige Teilnehmer der Parade verwirklicht wurden. Durch irgendetwas muss die plötzliche Panik ja ausgebrochen sein?! Dafür ist es aber wohl noch zu früh und es bedarf der Aufklärung durch die StA.

MfG,

Herr / Frau Kant.

 

PS: Ich weiß, ich sollte nicht darauf eingehen, aber könnte mal jmd. Kommentar # 10 löschen? Nicht, dass ich diese Parade unbedingt gut finde, aber so pietätlos und NSDAP - Parteitage verherrlichend ist einfach abartig!

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Es ist wie immer, die Geldgier steht über Menschenleben.

Die Polizei soll wieder herhalten. und die Hilfskräfte müssen mit den Bildern fertig werden. Die wirklichen Schuldigen: der Veranstalter und die zuständigen Behörden.

An ALLE Bürger: lasst nicht zu, das Gras über die Sache wachsen kann.

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Sehr geehrte Susanne,

auch wenn Sie eine zutreffende Richtung andeuten, hier ging es wohl nicht einfach nur ums Geld, sondern darum, nach der Absage von Bochum im letzten Jahr, die als peinlich für das Ruhrgebiet empfunden wurde, nun in Duisburg zu zeigen, dass die "Ruhrmetropole" so ein Event stemmen kann (gute Reportage, die den Entscheidungsdruck nachvollziehbar macht, hier). Ob dabei so viel Geld verdient werden konnte, ist fraglich. Der Stadt Duisburg (und dem ganzen Ruhrgebiet) ging es ums Image, der McFit Kette um einen Werbeeffekt. Und kosten sollte es natürlich möglichst wenig, weshalb man die Sicherheitsbedenken zur Seite schob.

Hoffentlich lernt man aus dem Desaster.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Das bislang beste Protokoll mit Grafiken bietet die FAZ, hier

Interessant auch der vornehme Umgang mit OB Sauerland in den Medien; kritisch zu  den Medienreaktionen unter Zugrundelegung einer hypothetischen Überlegung ("Was wäre, wenn der OB ein Linker gewesen wäre?") zum Privileg konservativer Politiker:

 

http://www.nachdenkseiten.de/?p=6316

 

"Stellen wir uns vor, Duisburgs OB hätte Ypsilanti (SPD) und nicht Sauerland (CDU) geheißen

Von Albrecht Müller 

Wäre ein/e linke/r Sozialdemokrat/in Oberbürgermeister von Duisburg, hätte diese/r gegen die Bedenken von Polizei und Feuerwehr und des eigenen Bauordnungsamtes die Genehmigung für die Loveparade durchsetzen lassen und sich hinterher auch noch so billig aus der Verantwortung gestohlen, wie der Oberbürgermeister Sauerland von der CDU dies tut, dann wäre diese Person von Deutschlands Medien in der Luft zerrissen worden. Mit dem CDU-Mann gehen sie ausgesprochen sanft um. Albrecht Müller.
 

Klicken Sie heute auf Google News und geben Sie „Sauerland“ ein, die härtesten Formulierungen sind von der Art „Sitzungsprotokoll belastet Duisburgs OB Sauerland“ (Die Zeit) oder „Gefragt ist Bürgermeister Adolf Sauerland“ (Stern).
Andrea Ypsilanti wurde wegen ihres angeblichen Wortbruchs von den meisten Medien, allen voran von der Bild-Zeitung und Spiegel Online wochenlang verfolgt, mit übelsten Schlagzeilen und Verdrehungen ihres Namens („Lügilanti“/ Siehe hier z.B.)
Gregor Gysi musste am 16.7.2010 fast die Hälfte des Sommerinterviews bei der ARD Fragen zur angeblichen mangelnden Vergangenheitsbewältigung der Linkspartei bei der Wahl des Bundespräsidenten aushalten.
Oskar Lafontaine wird 11 Jahre nach seinem Rücktritt im Jahr 1999 immer noch und penetrant als Hinschmeißer verfolgt.
Und jetzt versagt ein Oberbürgermeister von der CDU total. Berichte zeigen, dass in seinem Amt mit Berufung auf ihn Druck auf die Sicherheitsleute ausgeübt wurde. Siehe den ersten Artikel (Zeit) in der anschließenden Kurzdokumentation.
Er hat nach den Berichten am Tag der Veranstaltung die Genehmigung unterschrieben. Da musste jedem Verantwortlichen schon klar sein, dass die von den eigenen Behörden verhängte maximale Teilnehmerzahl von 250.000 weit überschritten wird. Dieser vorhersehbare Bruch des Genehmigten kommt zu allem anderen hinzu.
Und er bleibt bisher im Amt. Und die Medien sind zum großen Teil vornehm.

Das ist die immer wieder erkennbare Asymmetrie, mit der die Medien die konkurrierenden Parteien und politischen Lager behandeln. Die Linke – damit ist das linke Lager gemeint und nicht die Linkspartei alleine – muss um das Mehrfache besser sein, um überhaupt einen Blumentopf zu gewinnen, so einseitig sind die Medien im Umgang mit den konkurrierenden Parteien."

Nicht dass ich mir wünschte, die Medien würden OB Sauerland nun förmlich zerreissen. Aber die Ungleichbehandlung von rechtem und linkem politischen Lager ist mir  - nicht nur, aber auch aufgrund dieses Beispiels - mittlerweile unheimlich.

 

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@ Toller: Bei allem Verständnis für Ihr Unverständnis über die Berichterstattung der Medien im Bezug auf Herrn OB Sauerland, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass es hier um die Pressekonferenz im Nachhinein der Loveparade und um eine mögliche Verantwortung für den Zwischenfall geht. Für politisches Lagerdenken und Medienklischees ist hier - denke ich zumindest - kein Platz. Schon alleine aus dem Grunde, dass der Diskussionverlauf ansonsten in eine vollkommen andere Richtung abdriften würde.

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Es ist aber schon Interessant wie mit Persönlichen Fehlentscheidungen aller beteiligen umgegangen wird. Selbstzweifel und Erkenntnis über Menschliche Fehleinschätzung sind nicht zu erkennen. Wer trägt den nun die Verantwortung Warum gibt es diese Verwaltungslage (Papier) wenn dann doch keiner Nachdenkt.

Habe selbst erlebt das ich mich bei einem ganz kleinen Stassenfest nach der Veranstaltung der Feuerwehr und Polizei zu erklären hatte warum das so viele Menschen wurden! Und das nach dem ich alle wild gemacht habe wie Fachleute es einschätzen. - Ach das wird schon- Kompetenz Überschätzung? 

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Mich treiben noch einmal die strafrechtlichen Aspekte der Angelegenheit um, und da insbesondere die Frage der Kausalität. Stünde fest, dass die Veranstaltung wegen der zu erwartetenden Zahl der Besucher und des dafür nicht geeigneten Geländes wegen der prekären Zu- und Abgangslage durch die zu engen Tunnels und der einzigen Rampe aus Sicherheitsgründen nicht hätte genehmigt werden dürfen und weiter, dass sich die dafür zuständigen Behörden bzw. die vertretenden Mitarbeiter und Verantwortlichen (bewusst) darüber hinweggesetzt hätten und der Veranstalter diejenigen Sicherheitsauflagen, die er hatte nicht erfüllt hat, dann hätten wir ja sicher mehrseitige Sorgfaltspflichtverletzungen. Meines Erachtens nach wird es dann die die schwierigste Frage sein, zu klären, ob der Tod der dort zu Tode gekommenen Besucher gerade auf diese einzelnen Pflichtverletzungen zurückgeht.

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Es lohnt sich übrigens, die Pressekonferenz im Lichte der Erkenntnisse, die wir nun eine Woche später haben, noch einmal anzuschauen. So sagt dort Vize-Polizeichef Schmeling, er könne nicht bestätigen, dass die Polizei überhaupt die Rampe gesperrt habe (Pressekonferenz, Minute 27.00 bis 27.45). Schon diese vorsichtige Ausdrucksweise ("kann nicht bestätigen, dass") ist die Umschiffung einer glatten Lüge. Dass die Polizei gesperrt hat, ist inzwischen bekannt, dass sie dies sogar gegen Warnungen der Feuerwehr getan hat, ist ebenfalls bekannt geworden.

Man kommt aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus über diese Ballung von Inkompetenz, Verantwortungslosigkeit und Frechheit.

 

http://www.youtube.com/watch?v=DloSDzByYG4

dieses Video, zeigt und sagt alles.Herrn Schallers Aussagen, die entsprechenden Bilder dazu zum Zeitpunkt der sich anbahnenden Katastrophe,blickt Herr Schaller auf der Übertragungsfläche in die Umgebung und hat eindeutig die Situation erkennen müssen und sofort handeln müssen.Der Schreck, angesichts der Menschen, die versuchen den Mast zu erklettern und die Masse von Menschen, hätte ihn wachrütteln und sofort handeln lassen müssen.

Mein Abschluß zu dem überaus furchtbaren Ereignis,die immer noch ohnmächtig machen, weil sich jeder aus der Verantwortung stiehlt.

MFG und besten Dank für die Seite,die Sie mittlerweile scheinbar aufgelöst haben;-( warum?

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ja,- in etwa.Sie wissen,dass es mehr Beiträge nach dem 28.7. gab.Für mich hat sich das Schreiben hier auch erledigt.Mehr Informationen kann ich nicht geben.Ich lese weiterhin mit.Man darf gespannt sein, wie lange sich die Aufklärung hinzieht und was letztendlich dabei heraus kommen wird.Eine bedrückende Stimmung bleibt und das Unfassbare überwiegt.

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http://www.youtube.com/watch?v=DloSDzByYG4

dieses Video macht mich immer wieder wütend !

ab min 2:41 sieht man einige bei dem Reporter vom WDR stehen, die Heute nichts gesehen oder wissen wollen.

z. Ralf Jäger SPD, den ich erkannt habe. Man erhält keinen Eindruck davon, dass Ordner in der Menge,  angewiesen worden sein sollen die Lage zu kontrollieren oder etwa hektisch im Funkkontakt stehen.Hier kommt das ganze Drama zu Ausdruck.

Am Tunnelausgang spielen sich verherende Szenen ab und die Verantwortlichen schauen glücklich, ob der Besuchermengen in die Kamera und lassen zufrieden ihren Blick über das Gelände schweifen.

Unterlassene Hilfeleistung,Ignoranz,Selbstherrlichkeit, welche Schuld haben all die Verantwortlichen auf sich geladen.

 

 

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