Love Parade - wie wurde die Katastrophe verursacht? Ein Zwischenfazit (mit updates)

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 28.07.2010

Viele der derzeit bekannt gewordenen Fakten zum Love Parade-Unglück sind für die Todesfälle nicht bedeutsam, da sie zwar möglicherweise pflichtwidrige Handlungen belegen, nicht aber einen unmittelbaren Zusammenhang mit den Todesfällen - so hat die Festellung, das Gelände sei zum Zeitpunkt der Katastrophe nicht überfüllt gewesen, gar keine Bedeutung, denn es ging um ein lokales Gedränge (eine so gen. Massenturbulenz) auf der Zugangsrampe, nicht um ein Gedränge auf dem Gelände. Auch ist es unerheblich, ob, wann und  in welcher Breite Fluchtwege vom Gelände genehmigt wurden bzw. ein ausreichendes Brandschutzkonzept für das Gelände vorlag, denn diese haben bei der Katastrophe überhaupt keine Rolle gespielt. Auch der Zeitpunkt der Genehmigung ist unerheblich.

Klarstellender Hinweis (am 14.09.2010 eingefügt): es geht hier um eine strafrechtliche Sichtweise, d.h. es geht nicht darum, welche Institution haftet bzw. zum Schadenersatz verpflichtet ist. Die strafrechtliche Sichtweise ist nicht die einzige, sie muss zur Bewertung der Love Parade  nicht einmal die entscheidende sein. Andere rechtliche Aspekte (Verwaltungsrecht, Polizeirecht, Zivilrecht) werden hier nur am Rande verhandelt, wenn sie einen strafrechtlichen Bezug haben. Leider bin ich nicht in allem Experte. Meine hier geäußerten Statements sind vorläufiger Natur. Ich habe mit keinem der Akteure irgendetwas zu tun, stehe auch nicht mit einem von ihnen in Kontakt.

Wir wissen nun, dass es weder zu einer "Massenpanik im Tunnel" oder eienr "stampede"gekommen ist noch tödliche Verletzungen direkt bei Stürzen von Treppe, Mast oder Mauer  entstanden (update: allerdings gab es Menschen, die rücksichtslos über andere am Boden liegende kletterten, um schneller zur Treppe zu kommen (vgl. hier) und es gab Stürze in die Menge, wie auf Videos belegt ist, siehe ODEM blog). Möglicherweise wurde an dieser Stelle auch ein zuvor umgekippter Bauzaun zur Stolperfalle und einige stürzten darüber, andere wieder über die zuvor gestürzten. Die meisten Opfer wurden in dem Gedränge zerdrückt und erstickten. Unmittelbare Ursache waren wohl v.a. die auf einigen Videos beobachtbaren vorherigen Schockwellen. In einer Massenturbulenz (Crowd Turbulence) treten solche Wellen auf, die es schwer machen, sich auf den Beinen zu halten. Wenn dann Menschen stürzen, wälzt sich unvermeidbar die Menge über sie. Keiner in dem Gedränge kann mehr seine Bewegungen steuern, er wird geschoben und hin- und hergeworfen (Quelle).
Daher sind vor allem diejenigen Umstände strafrechtlich (für § 222 und § 229 StGB) bedeutsam, die - vorhersehbar - dieses Gedränge verursachten. Im Folgenden geht es nicht um eine Zuweisung persönlicher Verantwortlichkeiten, auch nicht um eine Vorverurteilung Einzelner. Die persönlichen Verantwortlichkeiten und subjektiven Sorgfaltspflichtverletzungen sind von der Staatsanwaltschaft zu klären. Es sollen hier aber diejenigen Umstände herausgehoben werden, die als Kausalfaktoren für das Unglück in Betracht zu ziehen sind. Meine vorläufige Einschätzung beruht dabei auf den im Internet veröffentlichten Augenzeugenberichten, Fotos und Videos, aber auch auf den Stellungnahmen der Polizei, der Veranstalter und der Stadt Duisburg.
Versucht man eine nüchterne Analyse, dann zeigt sich, welche Sorgfaltspflichtverletzungen überhaupt nur in Betracht kommen, die das Unglück mit verursacht haben können.

1. Einige Fakten

Die Todesfälle ereigneten sich alle am unteren Ende der Rampe zwischen ca. 16.45 und 17.05 Uhr (nach den recherchen auf loveparade2010doku präziser zwischen 16.55 und 17.01 Uhr), nachdem sich an dieser Stelle aus beiden Tunnels Ströme von Menschen trafen, die dann von dort auf die Rampe zum Geländeeingang abbiegen sollten. Zudem trafen sie auf viele Besucher, die die Love Parde wieder verlassen wollten und ebenfalls diesen Weg nehmen mussten. Es kam hier  schon ab ca. 16.15 Uhr zu Stockungen, die lokal zu so dichtem Gedränge führten, dass die Menschen nach Auswegen suchten bzw. suchen mussten. Sie sahen drei Möglichkeiten, nämlich einen Mast, einen Container und die Treppe. Als sie sehen konnten, dass es offenbar dort einigen Personen (ab ca. 16.25 über Mast und Treppe, über den Container erst später) gelang, dort auf das Gelände zu kommen, versuchten viele, zu einem dieser drei Punkte zu gelangen und so verstärkte sich das Gedränge noch, insbesondere in Richtung der Treppe, vor der sich später das tödliche Menschenknäuel ereignete. Dass aber der eigentliche Weg auf das Gelände, nämlich über die Rampe selbst offenbar von viel weniger Menschen wahrgenommen und benutzt wurde bzw. werden konnte, hatte m.E. folgende Gründe:,

a) dort installierte durch Gitter geschaffene, oder schon zuvor existierende, siehe hier - Engstellen (update: inzwischen ist klar, dass ab 16.00 Uhr eine  Sperre existierte, die nach Angaben der Polizei um 16.40, nach Augenzeugen gegen 16.30 Uhr aufgehoben wurde, vgl. hier - mit Polizeifotos). So gab es für mind. 30 Minuten keinen Weg nach oben, bzw. dieser hatte zu geringen Durchfluss, so dass nicht viele (schon gar nicht mehrere tausend Personen pro Stunde)  passieren konnten. Diese Engstelle wurde  zu spät entfernt, um den schon entstandenen Stau sofort aufzulösen, vielmehr trafen nun zunächst die von unten und die von oben kommenden direkt aufeinander. Es ergab sich also kein Strom nach oben, dem sich die Menschen am unteren Ende der Rampe hätten anschließen können. Es gab auch keinerlei Hinweisschilder oder Durchsagen, die den aus dem Tunnel kommenden weitergeholfen hätten. So dachten sie wohl, es bestünde (weiterhin) gar keine Möglichkeit dort auf das Gelände zu kommen bzw. dem Gedränge zu entkommen und wendeten sich weiter nur den für sie sichtbaren Auswegen (Treppe, Container, Mast) zu. 

b) Menschen, die das Gelände verlassen wollten, gingen in Gegenrichtung über die Rampe nach unten, weitere verstopften bis gegen 17 Uhr am oberen Ende der Rampe etwa die Hälfte der Rampenbreite auf der von unten gesehen linken Seite (siehe hier, Foto von 16.43, nur rechts gehen einige nach oben, die Personen links/Mitte  gehen nach unten bzw. warten dort darauf, nach unten gehen zu können.

c) Einige Breitenmeter der Rampe wurden durch (hinter Absperrgittern) geparkte Polizeifahrzeuge blockiert (von unten gesehen auf der rechten Seite - hier zu erkennen). Zudem war mitten auf der Rampe eine Brezlbude (rotes Dach, dahinter querstehender Bauzaun) aufgebaut!

d) Das Gedränge wurde von hinten dadurch verstärkt, dass offenbar an den Eingängen der Tunnels wesentlich  mehr Menschen hineingelassen wurden (ab ca. 16.15 wurden die dortigen Sperren aufgehoben), als auf der Rampe in Richtung des Geländes durchkommen konnten.

e) Schon theoretisch war der Zugang durch die zwei Tunnels und die eine Rampe auf eine Durchgangsmenge ausgelegt, die es einer großen Zahl der nach Duisburg kommenden Besucher unmöglich machte, das Gelände zu erreichen. Schon theoretisch (und bei optimalen Einlassbedingungen) hätte es viele Stunden gedauert, bis das Gelände gefüllt worden wäre. Zudem rechnete man mit weit mehr Menschen als auf dem Gelände Platz hatten. Stauungen auf den Zugangswegen auch über Stunden hinweg wurden also in Kauf genommen.

2. Mögliche Pflichtverletzungen und Verantwortlichkeiten:

Die folgende Darstellung geht davon aus, dass für die Sicherheit auf dem Gelände samt der Zugangsrampe und den Tunnels der Veranstalter zuständig war, die Polizei für die Sperren auf den Zugangsstraßen, die Stadt Duisburg für die Genehmigung der Gesamtveranstaltung auf dem Gelände mit dem vorgesehenen Ein- und Ausgang.

zu a) Für die Verteilung der Besucher auf dem Gelände war der Veranstalter verantwortlich und es war vorhersehbar, dass sich ein Rückstau bis in die Tunnels bilden würde, wenn man hier keine ausreichende Durchlasskapazität erreichen konnte. Ebenso fahrlässig und kausal für die Todesfälle war aber die dann von der Polizei durchgeführte Sperrung auf der Rampe zwischen ca. 16.00 und 16.30/16.40 Uhr; gut eine halbe Stunde ließ man die Leute im Gedränge stehen - ohne Informationen. Hätte man ab 16.40 Uhr die Treppe gesperrt und die Besucher per Durchsagen informiert, dass sie jetzt über die Rampe auf das Gelände gehen können, wäre die Katstrophe vielleicht noch vermieden worden (update: es wären dazu möglicherweise noch wenige Minuten Zeit gewesen, die exakten Zeitangaben für das Entstehen des tödlichen "Knäuels" bzw. dafür, ab wann es zu den Todesfällen kam, sind aber noch ungesichert). Da hier Ordner des Veranstalters und der Polizei zusammen agierten, wird man beiden Seiten auch einen Teil der Verantwortung geben können. Hier kommt es nicht, wie das Innenministerium meint, darauf an, dass der Veranstalter auf der Rampe eigentlich "zuständig" war. Wenn Polizeibeamte selbst Aktionen durchführen sind sie dafür auch strafrechtlich verantwortlich, selbst wenn sie zuvor um Hilfe ersucht wurden.

zu b) Dafür, dass es keinen getrennten Ausgang gab, sind Veranstalter und Genehmigungsbehörde verantwortlich, die eine so unzureichende Zu- und Abgangssituation nicht hätten organisieren bzw.  genehmigen dürfen. Es war war im Konzept des Veranstalters vorgesehen, dass ein Teil derjenigen, die bereits am späten Vormittag  auf dem Gelände waren, nachmittags wieder das Gelände verlassen sollten. Der Veranstalter rechnete man mit knapp 500.000 Menschen, die eben über den Tag verteilt auf dem für knapp 250.000 Menschen bestimmten Gelände sein würden (nicht gleichzeitig). Das hätte aber zwingend erfordert, dass gleichzeitig ein größerer Strom von Menschen das Gelände verlassen und betreten konnte, was durch den einzigen Zu- und Ausgang gar nicht möglich war. Diese Unmöglichkeit trat zwischen 16 und 17 Uhr ein, denn viele Menschen wollten das Gelände zu dieser Zeit verlassen, trafen aber auf die Ankommenden, die nach mehrstündigem Warten an diversen Sperren zwischen Hbf und Tunnel endlich auf das Gelände wollten. Die beiden Ströme blockierten sich. Für diese Gegenströmung war offenbar keinerlei ausreichende Vorsorge getroffen worden - das immer wieder erwähnte "Sicherheitskonzept" war diesbezüglich völlig unzureichend oder schwieg dazu. Es gab zwar Versuche, durch Sperren der Situation irgendwie Herr zu werden, aber diese Versuche führten nur zur Verschärfung der Blockade, s.o..

zu c) Dass in dem einzigen Zu- und Abgang auch noch wesentliche Breitenmeter von Polizeifahrzeugen hinter Absperrgittern blockiert wurden, dafür kann wohl nur der Polizei die Verantwortung gegeben werden. Jeder verkehrsbehindernde Falschparker würde abgeschleppt werden von eben den Polizeikräften, die hier ihre Fahrzeuge mitten in den Zugangsstrom abstellten, der aus den beiden Tunnels kommen sollte. Die Genehmigung, die der Lopavent für die Love Paade erteilt wurde, enthielt die Auflage, dass  "die Fluchtwege an keiner Stelle durch Einbauten oder sonstige Hindernisse beschränkt werden".Zwar ist  der Veranstalter zuständig für die Einhaltung der Auflage, aber es ist wohl kaum zumutbar, dass der Veranstalter die Polizei auffordert, die Fahrzeuge dort wegzufahren. Derjenige, der den Beamten erlaubte bzw. gebot, die Fahrzeuge gerade dort abzustellen, hat sorgfaltspflichtwidrig gehandelt und hat möglicherweise mit zum tödlichen Verlauf beigetragen. Zur Zeit der Todesfälle (ca. 16.50 bis 17.00 Uhr) fuhr außerdem ein einzelner Polizeitransporter aus dem Tunnel kommend mitten durch das Gedränge am Fuß der Rampe. Dieser Transporter hat das Gedränge verschärft, allerdings bei seiner späteren Fahrt nach oben dann einen "Sog" geschaffen, in dem sich ein Strom nach oben bewegen konnte.
Für die Brezelbude und die ungesicherten Bauzäune mitten auf der Rampe, für die nur noch das Wort "hirnrissig" angemessen ist, wird man den Veranstalter verantwortlich machen können.

Als eine unmittelbare Ursache, die in dieses Bild einer ungeheuren und skandalösen Schlamperei passt, kann seit September (durch Internetrecherchen ermittelt) der nur mit einem darauf liegenden Bauzaun völlig ungeeignet "gesicherte" offene Gulli und ein großes Schlagloch angesehen werden. Genau dort sind Menschen im Gedränge gestolpert und konnten sich wegen der Enge nicht mehr selbst befreien und würden dann von der Masse erdrückt. Möglicherweise hätten sie überlebt, wenn diese Stolperfallen nicht existiert hätten. Verantwortlich ist hierfür ganz maßgeblich  der Veranstalter, der sicherzustellen hatte, dass die Zugangswege frei von Hindernissen sind.

zu d) Der Zugang zu den Tunnels wurde durch Sperren auf den Zugangsstraßen reguliert, für die nach Angaben der Veranstalter die Polizei verantwortlich war (update 21.00 Uhr: nach Angaben der Polizei war dafür ebenfalls der Veranstalter verantwortlich, der dies aber mangels ausreichender Anzahl der Ordner nicht bewältigt habe; hier steht derzeit Aussage gegen Aussage weiteres update - Information aus dem Spiegel vom 2.8. - Für die Regulierung des Zu- und Abstroms war ein crowd-Manager zuständig, der die Lage mit Videokameras überwachte, er saß in eben dem Container an der Stirnseite der Rampe, der von den Besuchern später ebenfalls als Zugang benutzt wurde - offenbar war er aber überfordert damit, die "crowd" zu managen; der an seiner Seite sitzende Polizist soll kein Funkgerät gehabt haben, was die Polizei bestreitet, ab 16.00 Uhr, so der Spiegel, habe dieser crowd Manager seine Aufgabe an die Polizei abgegeben). Außerdem wurden in den Tunnels Sperren eingerichtet, die den Nachschub auf die Rampe verhindern sollten, eigentlich eine gute Idee. Diese Sperren wurden aber ca 16.15 Uhr wieder aufgehoben bzw. waren nicht mehr effektiv. Möglicherweise haben hier Polizeibeamte oder Ordner einen Fehler gemacht, aber dies ist keineswegs zwingend anzunehmen. Denn möglicherweise ist schon an dieser Sperre (bzw. mehreren Sperren) ein unerträglicher Druck und Gedränge entstanden, so dass man sie aufheben musste, um an dieser Stelle Druck herauszunehmen und Verletzungen der Besucher zu vermeiden. Möglicherweise - so einzelne Berichte - wurden Sperren auf dem Weg zum Tunnel sogar buchstäblich "überrannt". War es aber keine bewusste und gewollte Entscheidung, die Sperren aufzuheben, dann ergibt sich wiederum eine Verantwortung derjenigen, die Tunnel und Rampe als einzigen Zu- und Abgang genehmigten und denen zudem bewusst war, dass gar nicht alle, die nach Duisburg kommen würden, überhaupt Platz auf dem Gelände hätten finden können. Wenn man in Kauf nahm, dass einige 100.000 Menschen nicht zum Gelände durchkommen können, diesen aber auch keine Ausweichalternative geboten wurde, dann hätte man vorhersehen können, dass diese sich an den Sperren stauen und dass schon dort Situationen entstehen, die es gebieten würde, sie durchzulassen zum Tunnel bzw. eine solche Menge einfach nicht aufzuhalten ist. Hierfür wäre die Stadt Duisburg selbst maßgeblich verantwortlich - spätestens als man nur 250.000 Menschen für das Gelände genehmigte, aber damit rechnete, dass wesentlich mehr Menschen nach Duisburg kommen würden, war der Konflikt absehbar. Eine so große Anzahl von Menschen lässt sich nicht über Stunden hinter Gittern oder in einem tunnelartigen Zugang einsperren.  Gerade für den Bereich, in dem es zum Unglück kam, hat das Sicherheistkonzept eien Lücke (vgl. hier): Niemand ist zuständig, niemand weiß, was er zu tun hat, wenn es im Tunnel oder auf der Rampe zum Gedränge kommt.

zu e) Für die Berechnung des Tunneldurchflusses bei Zu- und Abgang war der Veranstalter verantwortlich. Er hat zwar offenbar eine Entfluchtung berechnet, die (möglicherweise) sogar ausreichend gewesen wäre, aber man  hat offenbar nicht bedacht, dass der Zugang ein größeres Problem darstellt, obwohl auch dies vorhersehbar ist. Will man 250.000 Personen auf das Gelände bringen bei einem maximalen Zugangsfluss von 30.000 Personen pro Stunde, dann dauert dies gut 8 Stunden, was für eine eintägige Veranstaltung unrealistisch ist. Ein optimaler Zugangsfluss mag aber nur am Anfang erreicht worden sein In dem Moment, in dem eine größere Zahl von Zuschauern das Gelände wieder verlassen wollte, wurde der Zufluss erheblich vermindert. Da nun gleichzeitig gerade besonders viele Zuschauer in den westlichen Tunnel einströmten, war die Katastrophe vorprogrammiert.

Die Rolle von Herrn Prof. Schreckenberg ist bislang nicht endgültig geklärt. In verschiedenen Berichten heißt es, er habe das Konzept (Ein- und Ausgang durch Tunnel) mitgetragen bzw. befürwortet. Er selber sagt jetzt, er habe sogar vor dem Tunnel gewarnt, aber wohl nicht genügend. Jedenfalls seine Angabe, 20.000 Personen pro Stunde würden durch den Tunnel (meint er 40.000 durch beide?)  passen, lässt, wenn man bedenkt, dass 250-300.000 Leute auf das Gelände sollten, aufhorchen: Denn dann hätte es unzumutbar lange gedauert, bis diese Menschen auf dem Gelände wären, s.o. und das ohne Berücksichtigung gleichzeitig hinaus gehender Besucher, die den Zufluss vermindern. Auch unter optimalen Bedingungen erscheint daher dieser einzige Ein- UND Ausgang völlig ungeeignet.

3. Kurze Zusammenfassung:

Bei allen drei "Akteuren" (Stadt/Polizei/Veranstalter) lassen sich fahrlässige Handlungen feststellen, die die Katastrophe mitverusracht haben - die Planung und Genehmigung eines einzigen viel zu schmalen und ungetrennten  Ein- und  Ausgangs (Veranstalter/Stadt), die Hindernisse auf der Rampe (Veranstalter/Polizei), das Versäumnis einer Information der Besucher bei die Lage verschärfender Sperrung auf der Rampe bei gleichzeitiger öffnung der Sperren auf den Zugangswegen, zudem mangelnde Kommunikationsmittel untereinander (Polizei/Veranstalter). Wie gesagt, dies sind nur meine vorläufigen Einschätzungen nach den derzeit verfügbaren Informationen.

Eine aktualisierte Zusammenfassung (vom 02.09.) ist hier aufgeführt.
Die Frage der persönlichen Schuld einzelner Beteiligter ist eine, die ich mir nicht anmaßen will zu beantworten.

 

4. Quellen und Links:

Sehr gut  dieser Augenzeugenbericht  in der FAZ (mit exzellenter grafischer Darstellung)

 

Gute Videosammlung und Diskussionsblog (loveparade2010doku), es wurde eine genaue  zeitliche Abfolge der Ereignisse durch Videodokumenattion erstellt

Die Kommentare zur gerade genannten Seite sind hilfreich zur genauen Analyse, was passiert ist (z.B. ab hier)

 

Für eigene Recherchen: Ein user namens Pilsbierchen hat eine Synchronisation der auf you tube eingestellten Videos mit dem einer Überwachungskamera vorgenommen, eine enorm leobenswerte Leistung, ebenso wie der zeitsynchrone Zusammenschnitt von Videos von lopachron (hier zum download).

Der ODEM-Blog hat eine detailliertere Aufzeichnung des Zeitablaufs und bringt viele gute Quellen auch hier

Für Menschen mit guten Nerven, dieser (ausführliche)  Beitrag  aus dem Gedränge

Diese  Presseinformation des NRW-Innenministers  enthält einige wichtige Daten zum Ablauf polizeilichen Handelns, insbes. zur Sperrung der Rampe und der Tunnels in der entscheidenden Phase. Allerdings wird die Verantwortung der Polizei eher abgewiegelt, die des Verantalters herausgestellt - kein neutrales Dokument. Weitere Informationen und Statemnest auf der Seite des NRW-Innenministeriums.

Umfangreiche Dokumentationsseite der lopavent GmbH, einschließlich eines Films mit der Sicht des Veranstalters und Filmen der Überwachungskameras bis 16.40 Uhr. Es soll die Verantwortung der Polizei belegt werden, keine neutrale Dokumentation.

Nach diesem Bericht der Rheinischen Post hat die Polizei vorab wesentlich mehr Verantwortung übernommen als Innenminister Jäger und Polizeiinspektor Wehe nachträglich angeben.

Interview mit dem crowd-Manager auf Spiegel-Online

Laut  diesem Artikel (wdr)  hat die Feuerwehr die Polizei davor gewarnt, die Rampe zu sperren.

Zu den Besucherzahlen (angeblichen und erwarteten) dieser aufklärende Bericht.

Laut BILD-Zeitung (also Vorsicht!) gab es   diese Planung  des Veranstalters für  Zu- und Abgänge vom Gelände, danach sollten zwischen 16 und 17 Uhr 100.000 Menschen von beiden Richtungen über Rampe und Tunnel gehen.

Gut geschriebener  Augenzeugenbericht von einem, der am oberen Ende der Rampe wartete um heimzugehen.

Gutachten (Zwischenbericht) der RAe Dr. Jasper und Berstermann (Kanzlei Heuking u.a.) / Auftraggeber Stadt Duisburg / es wird v.a. die Stadt entlastet, kein neutrales Dokument, die Lücken darin deckt Cannabbaia hier in seinem blog schonungslos auf. Hier der Endbericht der Stadt Duisburg mit zahlreichen Anlagen.

Chronologie der Love-Parade-Genehmigung bei wdr.de.

Lesenswerte Analyse der Planungs- und Genehmigungspraxis der LoPa von Dr. Richard Wittsiepe: Fazit: Gravierende Planungslücke im Bereich Tunnel/Rampe

Youtube-Erläuterungsvideo von olli81koblenz mit vielen Grafiken, v.a. die Zu- und Abstromsituation wird gut erfasst.

Geleaktes  Dokument der lopavent GmbH vom 16.07.2010 Veranstaltungsbeschreibung mit Sicherheitskonzept, gibt Auskunft darüber, wie sich der Veranstalter die Zu- und Abgangssituation vorgestellt hat.

Docunews.org mit wertvollen Recherchen und Analysen von Lothar Evers - einem auch hier im Blog aktiven Kommentator

Dokumentation von bluemoonsun, die belegen soll, dass Bauzaun, Baumwurzel udn halboffener Gulli die Hauptursachen des tödlichen Menschenknäuels waren.

Gulli und Bauzaun als Stolperfalle (wdr-Audio)

Klarstellender Hinweis (am 14.09.2010 eingefügt): es geht hier um eine strafrechtliche Sichtweise, d.h. es geht nicht darum, welche Institution zivilrechtlich haftet bzw. zum Schadenersatz verpflichtet ist. Die strafrechtliche Sichtweise ist nicht die einzige, sie muss zur Bewertung der Love Parade  nicht einmal die  entscheidende sein - es ist eben mein Blickwinkel. Andere rechtliche Aspekte (Verwaltungsrecht, Polizeirecht, Zivilrecht) werden hier nur am Rande verhandelt, wenn sie einen strafrechtlichen Bezug haben. Leider bin ich nicht auf allen Rechtsgebieten Experte. Meine hier geäußerten Statements sind vorläufiger Natur. Ich habe mit keinem der Akteure irgendetwas zu tun, stehe auch mit keinem von ihnen in Kontakt.

 

Beachten Sie bitte auch meine neue Zusammenfassung vom 02.09. 

 

Update am 13. Juli 2011:

Die Diskussion geht weiter, hier die Links

 zu den weiteren Diskussionen hier im Beck-Blog:

September 2010 (788 Kommentare, ca. 16000 Abrufe)

Dezember 2010 (537 Kommentare, ca. 8000 Abrufe)

Mai 2011 (über 1000 Kommentare, über 7000 Abrufe)

AKTUELL: Juli 2011

 

 

 

 

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465 Kommentare

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# 26 oben Dr. Müller (u.a.) Heute faßt der Telepolis-Redakteur (1) nochmal das Problem "getürkter" Teilnehmerzahlen zusammen, es könnte wirklichkeitsangemessen sein, von ca. 300.000 Teilnehmern (plus/minus 15 Prozent) am DU-Love-Parade-nachmittag auszugehen, also weniger als ein Fünftel der bombastischen Veranstaltalterangabe (im Doppelsinn) von ca. 1.6 Millionen Menschen, deren Zweck klar ist. Unklar ist mir, ob dieser Aspekt juristisch bedeutsam ist oder nicht. (1) Quelle http://www.heise.de/tp/blogs/6/148106 Mit freundlichem Gruß ak 31. Juli 2010
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dieses Gespräch mit dem Veranstalter Herrn Schaller, fand augenscheinlich zu dem Zeitpunkt statt, als es zu dem verherenden Stau im Tunnel kam. http://www.youtube.com/watch?v=DloSDzByYG4

dort spricht Herr Schaller von 1 Millionen Besucher.

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@ak, Mutter u.a.,

Das schon von Mutter verlinkte  Gespräch mit Herrn Schaller klingt im Nachhinein wie eine Vorab-Verteidigung gegen evtl. Vorwürfe: Er könne ja nun nix mehr tun, die Ordnungskräfte müssten nun ran...

Die angekündigten und tatsächlichen Gesamt-Teilnehmerzahlen haben für die strafrechtliche Würdigung m.E. aber nur untergeordnete Bedeutung, da es hauptsächlich darauf ankommt, wie viele Menschen zwischen 16 und 17 Uhr die Rampe betreten wollten bzw. sie betreten haben oder mangels Alternative dazu genötigt waren, sie zu betreten. Wie viele Menschen  zu diesem Zeitpunkt auf dem Gelände waren, zwischen  Bahnhof und Eingang steckten oder auf dem Weg nach Duisburg waren, ist nebensächlich. (Die Zahlen haben allerdings eine Bedeutung für die Einschätzung, ob die Veranstaltung auf diesem Gelände überhaupt genehmigt werden durfte.)

Die - allerdings von BILD veröffentlichten, deshalb bei der notorischen Unzuverlässigkeit dieser so genannten "Zeitung" mit Vorsicht zu genießenden -  Zahlenangaben des Veranstalters sahen angeblich vor, dass zwischen 16 und 17 Uhr ca. 55000 Leute auf das Gelände kommen und ca. 45.000 es wieder verlassen wollen würden. Für diese Anzahl von 100.000 Personen pro Stunde waren aber Rampe und Tunnels zu eng. Prof. Schreckenberg ging davon aus dass 20.000 bis 40.000 Leute pro Stunde  durchpassten, die höchsten mir bekannten Schätzungen gehen von 60.000/Stunde  Durchlasskapazität aus, und das bei optimalen Bedingungen.

Hier nahm man also schon vorab ein Gedränge in Kauf, dessen katastrophale Folgen wir nun beklagen. Hinzu kommen die oben im Beitrag geschilderten Gründe dafür, dass die unmittelbare Situation auf der Rampe noch verschärft wurde, tödlich verschärft (Polizeisperre, Gegenverkehr, Brezlbuden und geparkte Polizeiautos, fehlende Information der Besucher). Hierfür die individuell Verantwortlichen zu finden, ist die nicht leichte Aufgabe der Staatsanwaltschaft. Die Polizei wird wegen der Sperre inzwischen auch von der Feuerwehr belastet, siehe hier.

 

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 # 53 Dr Müller; Mutter u.a. 

 

Dank für Ihre beharrliche Aufklärung.

 


Im übrigen geht´s auch im Strafrecht nicht um Rache, schon gar nicht um Rache an solchen Politwichten wie Noch-OB-Sauerland etc. Sondern auch um Prävention: Verhinderung dieser, ähnlicher und vergleichbarer Ereignisse und weiterer Toter und Verletzter bei folgenden Massenveranstaltungen, deren Verbot nurs letzte Mittel im Sinne ultima ratio sein kann.

 

Das geht freilich nur gegen die Sauerland-Typen. Die müssen weg. Besser heute noch als morgen.

 

Sie wissen als Strafrechtler wann nach StGB U-Haft angeordnet werden kann bzw. muß. Und verdunkelt wird seit letzten Samstag nachhaltiger als nachhaltig ...

 

Mit freundlichem Gruß

AK
31. Juli 2010

 

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@ ak:

Wenn zwei das gleiche verdunkeln, ist es noch lange nicht dasselbe. Und alle Theorie ist ohnehin grau. Und hier diskutiert Herr Prof. Müller die strafrechtlichen Veranwortlichkeiten auf rein juri-zis-tischer Basis (oder wie das jemand hier nannte).

Was Ermittlungsbehörden vor dem Hintergrund der (theoretischen) Rechtslage dann tatsächlich unternimmen, steht auf einem anderen Blatt ... einem ganz anderen.

Wie die Justiz bei der Auswahl ihrer Verdächtigen verfährt, zeigt ein Interview mit dem kürzlich verstorbenen Fritz Teufel:

>>>>> Link <<<<<

Fritz Teufel hatte wie kein anderer der bundesdeutschen Justiz einen Spiegel vorgehalten und auch dem Volk sichtbar demonstriert, dass das unfehlbare und unnahbare Erscheinungsbild der Justiz mehr als fragwürdig ist/war.

Und in dem Umstand, dass Fritz Teufel für den (angeblichen) Steinwurf ein halbes Jahr in U-Haft verbrachte, während der Umstand, dass ein Polizeibeamter einen Teilnehmer der Demonstration von hinten in den Rücken schoß, zu keinerlei vorläufigen Maßnahmen Anlass bot, wird dies in meinen Augen überdeutlich (der Polizeibeamte wurde im späteren Verfahren ebenfalls freigesprochen).

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Man sieht desöfteren das die Kommunen machen können was sie wollen, weil sie von oben gedeckt werden.

Irgendwann kommt dann ein Minister daher und schwinkt große Reden um die Bevölkerung zu beruhigen und dann versickert alles im Schlamm der Justiz und deren Geier, die Presse.

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 Nr. 55 Frank 

 

a) der "jemand" war ich Nr. 22: "juristi(zisti)sch"

b) Prof. M´s Sicht ist nicht meine. Aber unter praktischem Gesichtspunkt ("[Es] wäre schon viel gewonnen, wenn künftig Dezernenten in Genehmigungsbehörden mit dem Verweis auf dieses Ereignis erfolgreich ihre Unterschrift verweigern könnten") ist sie m.E. so berechtigt wie bedenkenswert, aber dazu kann sich Dr. M. ggf. selbst hier äußern

c) Ihre Bemerkung gegen "Theorie" mit dem Goethefaustzitat aus der Schülerszene teile ich nicht: Es gibt nix Praktischeres als eine wirklichkeitsangemessene Theorie ...

 

Mit freundlichem Gruß

 

ak

31. Juli 2010

0

ak schrieb:

@ ak

c) Ihre Bemerkung gegen "Theorie" mit dem Goethefaustzitat aus der Schülerszene teile ich nicht: Es gibt nix Praktischeres als eine wirklichkeitsangemessene Theorie ...

 

Leider nicht in der Juristerei.

Ich kenne keine andere Wissenschaft, in der Lehre und Praxis derart weit auseinanderklaffen.

In der juristischen Fachliteratur vertretene Thesen finden allenfalls dann Eingang in eine gerichtliche Entscheidung, wenn es gerade passt. Ansonsten wird fein unterschieden in "ständige Rechtsprechung" und "Literaturmeinung". Und letzteres ist meist das, dem nicht gefolgt werden kann - so traurig das auch ist.

Gruß aus Duisburg

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Sehr geehrter frank aus wedau, @57 und ak #56:

"Ich kenne keine andere Wissenschaft, in der Lehre und Praxis derart weit auseinanderklaffen."

Wäre es so, müsste ich ja täglich Frust schieben. Wie oft liegt die Wahrheit in der Mitte: natürlich wird die Praxis auch von ganz anderen Einflüssen bewegt als die Theorie, aber manchmal kommt auch die Theorie zu ihrem Recht. Aber Ihrer Bemerkung lässt sich einiges entgegensetzen:

1. Es gibt gar nicht "die" Theorie, sondern eine sehr dynamische Meinungsvielfalt in der Rechtswissenschaft. Und alle praktisch tätigen Juristen müssen ja mal an einer Universität Jura studiert haben und kriegen von dort schon einiges an Theorie mit. Ob sie sich daran halten, ist natürlich von Fall zu Fall anders, aber je höher die Gerichte, desto (generell gesehen) besser theoretisch gebildet sind auch die Juristen.

2. Ich würde aber widersprechen, dass dies, was ich hier oben mit meinem Beitrag tue, überhaupt "Theorie" ist. Ich diskutiere hier nicht juristische Theorien an einem praktischen Beispiel, sondern habe nur versucht, den strafrechtlichen Maßstab zu diesem mich erschütternden Fall zu verdeutlichen. Ich denke, meine Überlegungen sind überhaupt nicht weit entfernt von denen der praktisch ermittelnden Staatsanwaltschaft. Ob dann individuell Verantwortliche gefunden und angeklagt werden, ist eine weitere Frage. Aber ich bin relativ sicher, dass sich die Überlegungen der Staatsanwaltschaft in ganz ähnlichen Bahnen bewegt wie hier aufgezeigt. Der Theorie-Praxis Unterschied ist hier gar nicht tangiert.

Ein Theorie/Praxis-Diskurs ist im Gegensatz dazu geführt worden etwa bei der  hier im Blog  geführten  Diskussion um die Steuer-Daten-CD (wo ich wie die meisten wissenschaftlichen Kollegen gegen Ankauf und Verwertung dieser CD plädiert habe, die Praxis aber den entgegengestzten Weg gegangen ist) oder etwa die Diskussion um die Eigenverantwortung der Teilnehmer an dem Extremberglauf auf die Zugspitze, wo ich eher für eine Verantwortlichkeit des Veranstalters plädiert habe, im Gegensatz zum Gericht, oder in der Frage der Öffentlichkeitsarbeit von Staatsanwaltschaften, die ich sehr skeptisch sehe (hier).

Hier - im Love Parade-Fall - ist die juristische Theorie-Diskussion hingegen (noch) überhaupt nicht relevant. Die Beweislage für eine individuelle Verantwortlichkeit  wird das entscheidende Problem sein. Wird hier jemandem Fahrlässigkeit nachgewiesen werden können, dann wird dies m.E. ohne theoretische Diskussion entschieden werden können.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Laut Spiegel-Online hat sich an der Treppe Folgendes ereignet:

"Wie die Aufnahmen belegen, schritt ein Ordner zunächst nicht ein, als um 16.16 Uhr ein Mann einen Schutzzaun überstieg und über die Treppe nach oben lief. Diese Aktion löste eine Kettenreaktion aus, die dazu führte, dass Hunderte Eingeschlossene zu der Treppe drängten."

Insbesondere die Zeitangabe 16.16 Uhr lässt mich zweifeln. Denn nach bisherigen Angaben aus den privaten Videos wurde die Treppe erst ab 16.27 Uhr als Ausweg benutzt (siehe hier), nachdem um 16.24 der Mast auf der gegenüberliegenden Seite erklommen wurde (hier). Gut zehn Minuten früher, das würde bedeuten, dass Polizei und Veranstalter zehn Minuten länger Zeit gehabt hätten zu reagieren. Eine endgültige Beurteilung würde aber die vollständige Synchronisierung der Videos erfordern.

 

Wieso wird von Seiten der Staatsanwaltschaft und auch von Ihnen nur Fahrlässigkeit unterstellt?

 

Der Veranstalter wurde doch über Wochen hinweg von etlichen Fachleuten wiederholt auf eben solche Sicherheitsprobleme hingewiesen. Haben wir hier nicht vielmehr einen fast schon lehrbuchmäßigen Fall des dolus eventualis?

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Sehr geehrter Herr Ebner,

nein, das ist kein dolus eventualis hnsichtlich der Tötung bzw. Verletzung von Besuchern der Love Parade, da vielleicht allgemein Probleme vorausgesehen wurden, aber diese offenbar nicht ernstgenommen wurden und jedenfalls auch keine konkrete (tödliche) Verletzung von Besuchern vorausgesehen wurde. Ich bin ziemlich sicher, dass Veranstalter und Stadt Duisburg davon ausgingen, es würde "schon alles gut gehen".

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Henning Ernst Müller schrieb:

Sehr geehrter Herr Ebner,

nein, das ist kein dolus eventualis hnsichtlich der Tötung bzw. Verletzung von Besuchern der Love Parade, da vielleicht allgemein Probleme vorausgesehen wurden, aber diese offenbar nicht ernstgenommen wurden und jedenfalls auch keine konkrete (tödliche) Verletzung von Besuchern vorausgesehen wurde. Ich bin ziemlich sicher, dass Veranstalter und Stadt Duisburg davon ausgingen, es würde "schon alles gut gehen".

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Warum durfte dann der Prof.Dr.Schreckenberger nur den Entfluchtungsplan begutachten ?

und seine sinnvollen Ratschläge nicht umgesetzt..

 

Zitat

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-73107830.html

SPIEGEL: Gab es Kritik an dem Konzept, zum Beispiel daran, dass Ein- und Ausgänge über dieselbe Rampe liefen, wo es dann zum tödlichen Gedränge kam?

Walter: Nein. Beim zweiten Termin (14. Juli) habe ich das Einlasssystem durch die beiden Tunnel, von Westen und von Osten, vorgestellt und gesagt, das sei sehr heikel. Man solle Ein- und Ausgang trennen, könne die Leute nicht dort herauslassen, wo sie hereingekommen sind. Das würde ab einem bestimmten Zeitpunkt, da dachte ich aber an 21, 22 Uhr, nicht funktionieren. Es gab in der Runde keinen Widerspruch.

Zitat Ende

Kannte Hr.Walter die Besucherprognose bzw. das Bewegungsmodel von Herrn Sasse vom 08.07.2010 nicht .

21.00 Uhr bis 22.00 Uhr Zustrom 5 000 Ab 40 000

zum Vergleich

15.00 Uhr bis 16.00 Uhr Zustrom 55 000 Ab 50 000

Es gab in der Runde keinen Widerspruch.

Weil hoffentlich alle Anwesenden "dachten" er meint die wirklich kritischen Zeiten.

warum war Hr.Walter bei der Besprechung am 12.07.2010 mit Hr.Prof.Dr. Schreckenberger nicht anwesend ? Bei der es um Besuchersteuerung ging.

Warum hatte die Firma Traffgo keinen Auftrag auch diesen Bereich durchzurechnen. mit Verdichtungsanalyse ? 

Wiso wurde sie von Lopavent beauftragt ? Nach dem Rahmenvertrag war doch die Stadt verpflichtet das Gelände Lopavent veranstaltungsfähig zu übergeben.  

das Ordnungsamt usw. haben Lopavent bzw. Hr.Walter ihre Verantwortung übertragen ? 

http://www.anwalt.de/rechtstipps/organisationshaftung-in-der-kampfmittel...
IV. Strafrechtliche Verantwortlichkeit
Der Übertragende wird durch die Delegation nicht aus der Verantwortung entlassen, wenn der Übernehmende
nicht ausreichend qualifiziert ist,
nachlässig arbeitet oder
keine ausreichende Zeit oder Möglichkeit hat, die ihm übertragenen Pflichten zu erfüllen.

das war im Vorfeld der Planung und des Genehmigungsverfahrens mehrfach der Fall.warum sollte es dann am Tag der Veranstaltung anderst sein?

In der kritischen Situation gab es natürlich auch noch sinnvollere Aktionsmöglichkeiten als diejenigen welche das ganze zum vollständigen Desaster werden lassen.

zB. die Einfahrt des Polizeiautos in die Menschenmasse .

mfffggg 


 

 

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Ursprünglich als "Canabbaia" gepostet:

Aus dem vorhandenen Material habe ich [juristisch freilich Laie] mir in meinem Blog die folgende Perspektive erarbeitet:
Menschenmengen in dieser Größenordnung (auch wenn man niedrigere Werte annimmt als die ursprünglich vom Veranstalter zu Werbezwecke grotesk übertriebene Zahlen von über 1 Mio.) hätte man schon nicht durch einen einzigen relativ schmalen Zugang leiten dürfen. Dafür, dass man diesen dann auch noch als (regulär) einzigen Abgang geplant hat, fällt mir kein anderes Wort ein als "kriminell". Es bleibt zwar immer noch schwierig, einen absolut wasserdichten Kausalzusammenhang herzustellen. Denn die Toten und Verletzten waren ja nicht die Folge aus einem Zusammenprall von Kommenden und Gehenden, sondern aus einer Art Verwirbelung an einem (eigentlich gesperrten und zur Benutzung weder vorgesehenen noch freigegebenen) Treppchen. (Die Todesfälle haben sich anscheinend sämtlich im Bereich der Treppe ereignet; die Verletzten dürften auch an anderen Stellen am Fuß der oder an den beiden Tunnelenden zur Rampe gestanden haben; allerdings war nach diesem Bericht von Marcel jedenfalls an einem -welchem?- der Tunnelausgänge das Gedränge noch erträglich.) [Momentan kann wohl nicht völlig ausgeschlossen werden, dass es auch im Tunnel - also ggf. wohl an dem bzw. den Tunnelausgang/ausgängen zur Rampe - zu Todesfällen kam. "usererfurt" verneint das freilich in einem -früheren- 3-teiligen Kommentar] Und natürlich werden sich die Planer darauf berufen, dass sie Sicherheitsmaßnahmen vorgesehen haben, die dann nicht umgesetzt wurden (angeblich hätte eine Trennung der das Gelände betretenden und verlassenden Personen durch Gitter erfolgen sollen; die hätte allerdings die Rampe noch mehr verengt [s. a. diesen Augenzeugenbericht], insbesondere für den jeweils größeren Strom der Kommenden am Anfang und der Gehenden am Schluss).
Aber selbst wenn hier vorgesehene Sicherheitsmaßnahmen nicht umgesetzt wurden, oder Hindernisse aufgestellt, die in der Planung nicht vorgesehen waren (Brezelbude? Bauzäune, Fahrzeuge, nach diesem Bild bzw. dem zugehörigen Augenzeugenbericht sogar Toiletten), kann man jedenfalls sachlich (die moralische und juristische Dimension lasse ich hier dahingestellt) den Planenden einen Mangel an Redundanz bei der Sicherheitsplanung vorwerfen. Mit Redundanz meine ich, dass Sicherheit auch beim Ausfall oder Versagen einzelner Elemente bzw. Personen noch gewährleistet sein muss.
Ganz allgemein lassen sich bei einer solchen Planung die Ebenen a) der aktiven und b) der passiven Sicherheit unterscheiden. Das 'Arrangement' sollte insgesamt so beschaffen sein, dass a) massive Probleme aller Voraussicht nach gar nicht erst auftreten (passive Sicherheit: angemessene Breite der Ein- und Ausgänge, und selbstverständlich keine gleichzeitige Nutzung eines einzigen - relativ schmalen - Durchlasses als Ein- und Ausgang). Für den Fall, dass man solche dennoch nicht ganz ausschließen kann, müssen Maßnahmen der aktiven Sicherheit (Einlassschleusen, Ordner usw.) vorgesehen werden (aktive Sicherheit).
Das Motto muss also lauten: 'Aufgrund der gegebenen Verhältnisse kann man eine hinreichende Sicherheit annehmen; sollte es doch zu Schwierigkeiten kommen, haben wir Vorkehrungen für deren Lösung getroffen'.
Unabhängig davon, ob im vorliegenden Fall die Probleme auf einer nachgelagerten Ebene (organisatorische Ausführung) noch verschärft wurden (etwa durch eine in der Planung nicht vorgesehene teilweise Verengung der Rampe durch Bauzäune usw.), hätten aus (nicht nur:) meiner Sicht Eingang und Ausgang getrennt werden müssen (wobei dann immer noch fraglich sein kann, ob man für solche Menschenströme nicht mehr als nur jeweils einen Ein- und Ausgang hätte einplanen müssen - egal, wie breit die sind).
Ich habe hier, wie gesagt, die tatsächliche Ebene angesprochen. Eine ganz andere Frage ist die juristische Schuldzuweisung. Relativ leicht zu beantworten ist sie insoweit, als ein Verstoß gegen Vorschriften vorliegt. Vorschriften kann man im vorliegenden Zusammenhang als in Worte geronnene Erfahrungen betrachten, als das Minimum dessen, was in anderen Zusammenhängen "state of the art", "anerkannte Regeln der Technik" usw. genannt wird.
Ist der Sachverhalt nicht unmittelbar in den Vorschriften geregelt, dürfte sich juristisch zunächst die Frage stellen, ob es andere Orientierungsmaßstäbe gibt (eben einen oben schon angesprochenen allgemein anerkannten 'Stand der Kunst'), welche die Verantwortlichen hätten kennen und die sie hätten befolgen müssen. ('Wo steht das / woher hätte ich das wissen können / sollen, dass es gefährlich ist, wenn die Besucher gleichzeitig denselben Durchlass benutzen?')
Gibt es solche nicht, müsste die strafrechtliche Bewertung die Frage stellen, ob ganz allgemein bei Anwendung der zumutbaren Sorgfalt die Gefahr hätte erkannt werden können und müssen. Ich gehe davon aus, dass die Gerichte dies bejahen werden; auch andere Veranstalter von Großereignissen haben ja bereits die Zusammenlegung von Ein- und Ausgang scharf kritisiert.

- Genehmigungsebene. Die Ausführungen für die Planungsebene gelten insoweit entsprechend, nur dass hier natürlich ein Verstoß gegen Gesetze und/oder Verwaltungsvorschriften ein größeres Gewicht bekommt.
Gegen manches aufgeregte Mediengeschrei ist dabei allerdings die Mahnung des Regensburger Rechtsprofessors Henning Ernst Müller zu beherzigen, die er in einem (auch sonst vorzüglichen) Beitrag im Rechtsblog des Beck-Verlages u. d. T. "Love Parade - wie wurde die Katastrophe verursacht? Ein Zwischenfazit" vom 28.07.10 ff. äußert:
"Viele der derzeit bekannt gewordenen Fakten zum Love Parade-Unglück sind für die Todesfälle nicht bedeutsam, da sie zwar möglicherweise pflichtwidrige Handlungen belegen, nicht aber einen unmittelbaren Zusammenhang mit den Todesfällen [stehen] ... . [Es] ist ... unerheblich, ob, wann und in welcher Breite Fluchtwege vom Gelände genehmigt wurden bzw. ein ausreichendes Brandschutzkonzept für das Gelände vorlag, denn diese haben bei der Katastrophe überhaupt keine Rolle gespielt. Auch der Zeitpunkt der Genehmigung ist unerheblich.".

Auf der Planungs- wie auf der Genehmigungsebene stellt sich für eine strafrechtliche (oder auch zivilrechtliche bei Schadenersatzansprüchen) Schuldzuweisung nach der Klärung der Kausalzusammenhänge die Frage der Zurechnung eines identifizierten Fehlers zu einer bestimmten Person oder Personengruppe. Es liegt auf der Hand, dass ein Amtsleiter oder gar ein Oberbürgermeister schon rein zeitlich die Veranstaltungspläne gar nicht im Detail durchsehen und kennen kann. Und dass es andererseits immer warnende Stimmen gibt, von Übervorsichtigen oder auch von Leuten, die Veranstaltungen aus ganz anderen Gründen torpedieren wollen und Sicherheitsbedenken nur vorschieben, muss ebenfalls in Rechnung gestellt werden. Wollte man, wenn etwas schiefgeht, Amtsträger schon dafür zur Rechnung ziehen, dass sie überhaupt eine Großveranstaltung genehmigt haben, hätten wir sehr bald "tote Hose" in Deutschland. Und wenn wir die Haftungsrisiken ins Unermessliche steigern, müssten wir am Ende Menschen zur Übernahme von Ämtern zwingen, so wie das bei den Magistraten im Alten Rom am Ende der Kaiserzeit der Fall gewesen sein soll (die mussten nämlich für das Steueraufkommen ihrer Civitas haften!).
Aber selbstverständlich trägt der Oberbürgermeister die politische Verantwortung für die Geschehnisse und wird deshalb ja sogar von seinen eigenen Parteifreunden zum Rücktritt aufgefordert.

- Ausführende Stufe der Organisation (z. B. Floats zu nahe am Rampenausgang, Verkaufsbude, Bauzäune, Fahrzeuge auf Rampe - soweit diese Elemente in der Planung bzw. in den zur Genehmigung vorgelegten Unterlagen nicht enthalten waren).
[Dass die Organisation auch an anderen Stellen in der Stadt zu wünschen übrig ließ - und es auch dort zu kritischen Situationen kam - kann man z. B. in dem Augenzeugenbericht auf MeinKölnBlog nachlesen; ebenso dort bei "metamiri", wo übrigens die Stimmung als "grundsätzlich sehr friedlich und entspannt" beschrieben wird, also keineswegs aggressiv, wie Eva Herman -s. u.- ihren Leserinnen und Lesern weismachen will.]
- Entscheidungsebene während der laufenden Veranstaltung (Polizeiführung, Veranstaltungsleitung, Sicherheitschef ...) und zuletzt die
- Handlungsebene der einzelnen Menschen (Drängler, aber andererseits auch "Beruhiger" und Helfer in der Menge, Ordnungskraft oder Polizist auf der Treppe, der/die einzelne Polizist(in) in der Absperrkette, evtl. sogar von Teilnehmern über die Situation informiert usw.) Hier wird ein Schuldnachweis kaum möglich sein. (Die Probleme der Informationsbewertung, mit denen diese Polizisten konfrontiert waren, beschreibt hier sehr verständnisvoll der Kommentar von "Robert" vom 26. Juli 2010, 23:59: "... es wurde auch bereits Kritik laut, von Jugendlichen, die die Polizisten um Hilfe gebeten haben, und darauf hingewiesen haben, dass das im Tunnel da „einfach nicht so geht“. Diese sind einfach abgewimmelt worden [s. a. hier in dem erschütternden Bericht von Anja! S. a. hier], teils mit patzigen Kommentaren (angeblich). Nun ja. Einerseits ist die Polizei verpflichtet jeder Meldung und Anzeige erst einmal nachzugehen. Andererseits muss im Vorfeld bereits eine Filterung und subjektive Bewertung der Informationen stattfinden. Da haben wir nun den Polizisten, den ein paar hysterische Raver anschreien „da vorn gibt es ein Problem“, und im Gegensatz die Anweisung seiner Einsatzleitung „halt hier die Stellung“. Schon klar, dass der Polizist geneigt ist, sich nach vorab besprochenen/befohlenen Mustern zu verhalten. Meist bestimmt auch richtig, aber im vorliegenden Fall in gewissen Situationen grundfalsch, weil eine angemessene Reaktion so verhindert wurde.") Es wäre z. B. objektiv eventuell hilfreicher gewesen, wenn der Ordner auf der Treppe, statt eine einzelne Frau über das Geländer hochzuziehen, für eine schnelle Fortbewegung der Menschen über die Treppe nach oben gesorgt hätte. (Oder hätte man, wie dieser Augenzeuge meint, die Treppe besser gesperrt gehalten?) Aber das wird sich nicht beweisen lassen, und schon gar nicht kann man es der Ordnungskraft juristisch oder auch nur moralisch zum Vorwurf machen, dass er die Situation nicht erkannt oder umfassend genug analysiert hat. Die Drängler weiter hinten in den beiden Tunneln objektiv zur Menschenverdichtung und damit im Ergebnis (über einige Zwischenstufen) auch zu den Todesfällen beigetragen. Diesen Zusammenhang konnten sie aber während des Geschehens nicht erkennen; ihr Verhalten ist deshalb auch nicht justiziabel.

Sehr geehrter Prof. Dr. Müller,

ich bin Ihnen äußerst dankbar für diese m.E. ausgezeichnete und objektive Analyse, die anders als alle anderen mir bekannten bisherigen Erklärungen, keine der verantwortlichen Seiten in Schutz nimmt, aber auch niemanden vorverurteilt.

Natürlich wurden schon im Vorfeld in der Planung katastrophale Fehler gemacht, aber genauso wichtig ist es doch herauszufinden, was vor Ort falsch gelaufen ist und wie man die Katastrophe hätte verhindern können. Mit anderen Worten: Mir als Nicht-Duisburger ist es ziemlich egal, ob Sauerland OB bleibt oder nicht. Aus den Fehlern von Duisburg lernen kann man aber nur, wenn man begreift, was dort vor Ort am Tag der Veranstaltung wirklich schief gelaufen ist und wie man es hätte richtig machen müssen. Denn jede (!) auch noch so gut vorbereitete Großveranstaltung birgt natürlich Risiken, die nur dann abgewendet werden können, wenn die Entscheidungsträger vor Ort im richtigen Moment die richtigen Anweisungen geben. Das hat in Duisburg ganz eindeutig nicht funktioniert.

Ich war übrigens nicht dort, aber mich hat das Thema interessiert, so dass ich mir in den letzten Tagen zahlreiche Videos und Berichte angesehen habe. Ich bin zwar kein Experte, bin aber als interessierter Laie weitestgehend zu denselben Überlegungen gekommen wie Sie. Hier ein paar zusätzliche Bemerkungen, die Ihre Darstellung unterstützen bzw. ergänzen:

Auf den Videos von MrAlmatykaz http://www.youtube.com/watch?v=qzNrGBBw-nA und galliermajestix http://www.youtube.com/watch?v=AN_8zwycDY0 sieht man gut, dass schon ab ca. 15:30 Uhr der obere Teil der Rampe tatsächlich ziemlich überfüllt war, was wohl der Auslöser für die verhängnisvolle Polizeikette auf der Rampe war.

Diese Massen müssen bis 16:30 Uhr dann auf das Gelände abgeflossen sein, denn im oberen Teil der Rampe war danach ziemlich viel Luft (siehe das von nope030 eingestellte Video http://www.youtube.com/watch?v=jF9OHDkaPIw - hier fehlt zwar die genaue Zeitangabe, sie lässt sich aber anhand der Aktionen am Lichtmast und auf dem Container auf ca. 16:30 Uhr ~ 16:40 festsetzen). Nun tritt jedoch etwas ein, was weder die Planer noch die vor Ort agierenden Einsatzkräfte richtig kalkuliert hatten: Die Massen der abströmenden Besucher begeben sich in den so erzeugten Freiraum nach unten. Beide Ströme (ankommende und abgehende Besucher) enden an der Polizeikette, die irgendwann mangels Sinn aufgegeben werden muss und dann blockieren sie sich im unteren Drittel der Rampe.

Ihre Beschreibung unter 1. b), dass gegen 16:43 Uhr "nur" ein mittlerer Strom nach oben gehe, ist wohl nicht ganz zutreffend, auf dem erwähnten Video von nope030, ebenso auf dem von skatertonik http://www.youtube.com/watch?v=fL_1reQrERg  sieht es eher so aus, als ob da gar nichts mehr nach oben geht. Alle Besucher auf dem oberen Teil der Rampe gehen zu dieser Zeit nach unten!

Alles was Sie zur Situation im unteren Teil der Rampe (an den Tunnelmündungen) schreiben (keine Durchsagen, Orientierungslosigkeit, zunehmend drückende Enge, zwangsläufig Suche nach Fluchtmöglichkeiten) scheint richtig, berücksichtigt aber m.E. noch nicht ausreichend, dass ganz offenbar auch schon ganz viele Menschen, die das Gelände verlassen wollen, unten im Pulk feststecken. Der User "Todesparade2010" hat in mehreren Teilen (beginnend mit http://www.youtube.com/watch?v=kVpkclRCXaQ ) seinen Weg durch das Gedränge gefilmt, als er das Gelände verließ, wobei er die Engstelle unten zwischen 16:15 Uhr und 16:30 Uhr passierte. Und auch coolwojtek beschreibt bei  http://www.youtube.com/watch?v=wsOyIBCMExM, dass er auf dem Heimweg war und unten auf der Rampe gegen 16:30 Uhr feststeckte. (Man beachte hier die Menschen in seiner unmittelbaren Umgebung - die gucken alle nach unten, wollen also offenbar zurück. Coolwojtek hat sich schlußendlich über den Container gerettet und ist somit auf das Veranstaltungsgelände zurück gelangt. Auf seiner Video-Dokumentation Teil 5 http://www.youtube.com/watch?v=xxd_KlaCiNY sieht man übrigens sehr gut die "Stoßwellen", die gegen 16:53 Uhr kurz vor der Katastrophe durch die Massen gingen.

Der Tenor der meisten bisherigen Einschätzungen ist, dass die aus beiden Tunnels kommenden Ströme zusammenprallten und die ankommenden Gäste deshalb nicht schnell genug nach oben kamen, wobei die abwandernden Besucher die Lage lediglich erschwert hätten. M.E. aber war das Aufeinanderprallen der entgegengesetzten Ströme, also der ankommenden und der abwandernden im unteren Teil der Rampe ab ca. 16:30 Uhr das HAUPTPROBLEM. Sicher haben die (aus welchen Gründen auch immer) durch die Eingangsschleusen und die Ketten im Tunnel durchgekommenen Besucher nach 16:30 Uhr erst die Lage dramatisch verschärft, aber sie hätten die Mündungsstelle irgendwann passieren können, wenn es keinen Gegenverkehr gegeben hätte und wenn dadurch die Hauptrichtung zum Gelände erkennbar geblieben wäre.  

Ihre Darstellung unter 2. a) ist irgendwie falsch oder mißverständlich:
"Für die Einlasskontrollen (um die Mitnahme von Glasflaschen zu unterbinden) war der Veranstalter verantwortlich und es war vorhersehbar, dass sich ein Rückstau bis in die Tunnels bilden würde, wenn man hier keine ausreichende Durchlasskapazität erreichen konnte.". Die Einlasskontrollen befanden sich vor den Tunnels, folglich bildete sich der Rückstau an diesen Stellen nicht in den Tunnels, sondern im Straßenraum davor.

Ihre Meinung, dass man ab 16.40 Uhr die Treppe hätte sperren sollen, mag rational richtig sein, war aber unter den Bedingungen, die unmittelbar davor herrschten, praktisch nicht mehr durchführbar.

Was vor allem fehlte, und sie stellen das ja sehr klar heraus, waren fehlende Durchsagen, also fehlende Besucherinformationen.
Es schien ja nicht mal jemand mit einem Megafon vor Ort zu sein. Im Video von Deepkisses http://www.youtube.com/watch?v=3XFTVWUN8nw  sieht man ab 1:55, dass zwei Polizisten oberhalb der Treppe den unten Stehenden die einzig mögliche Richtung weisen, wo es weitergeht: Zurück über die Rampe zum Veranstaltungsgelände. Das soll laut Filmer 16:42 Uhr gewesen sein. Die Abreisewilligen murren zwar, wenden sich dann aber um. Ein Beleg dafür, dass sich große Menschenmassen schon bewegen lassen, wenn man ihnen die richtigen Informationen gibt.

Die Winke der beiden Polizisten waren so ziemlich die einzige richtige orientierende Maßnahme, die ich auf allen Videos im kritischen Zeitraum entdecken konnte. Keine Ahnung, ob sie auf Befehl handelten oder aus eigener Einschätzung der Lage: Man sollte ihnen das Bundesverdienstkreuz umhängen, denn sie haben womöglich noch viel Schlimmeres verhindert.
Leider war es ja nur eine optische Einzelaktion, die nicht alle Besucher mitkriegten. Was hauptsächlich fehlte, waren allgemein wahrnehmbare akustische Durchsagen.

Jeder Laie hätte beim Betrachten der Lagepläne die zwei Schwachstellen ausgemacht, wo Staus entstehen können: Den unteren Teil der Rampe, wo die Ströme aus beiden Tunnels zusammenkamen und den oberen Teil, wo die Rampe ins eigentliche Veranstaltungsgelände übergeht. An beide Stellen hätten erfahrene Kommandos mit entsprechender Technik (Lautsprecher, Megafone) hingehört.
Den Umstand, dass nur wenige Meter hinter dem oberen Rampenende die Floats fuhren, hätte man m.E. so gar nicht planen dürfen: Ans Ende einer Engstelle gehört zunächst ein gewisser Auslauf- und Verteilungsraum.

Wie sich der Veranstalter die Verteilung der Massen auf dem Gelände vorgestellt hatte, wissen wir inzwischen, genauso wie wir wissen, dass das nicht geklappt hat. Was aber war im angeblich "schlüssigen" Sicherheitskonzept eigentlich vorgesehen, falls es erstmal zum Stau gekommen ist??

Vermutlich war da gar nichts vorgesehen, denn anders ist es nicht zu erklären, dass es (bis auf die erwähnte Einzelaktion) keine wirksame und sinnvolle Maßnahme im kritischen Zeitraum zwischen 16:30 Uhr und 17:00 Uhr gegeben hat, den Stau aufzulösen. Man ließ die Menschenmassen informations- und orientierungslos dort in der Falle stecken, bis das Unheil seinen Lauf nahm.

 

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Guten Tag, Herren Canabbaia, Prof. Müller u.a., höchstinformative Beiträge, grad der letzte, hier im Beckblog.  (Wegen des html-Mülls ging ich auf Ihren Blog ->
http://webcache.googleusercontent.com/search?q=cache:V0cWcWhzP1AJ:beltwild.blogspot.com/+Canabbaia&cd=1&hl=en&ct=clnk ).

Die in Nr. 62 hier erstmals angesprochene Toilettenfrage könnte wichtig sein zur Beurteilung der Veranstaltungsplanung, die immer auch WC´s  einschließen muß. Als historisch arbeitender Sozialforscher erinnere ich daran, daß die Frage des Toilettenpapiers im norwegischen Widerstand der Schlüssel zur Abschätzung der Wehrmachtstruppenstärke im Land war (später zeigte sich, daß die Schätzungen von Brodersen u.a. in etwa zutrafen). 

Die Frage scheint abartig. In Wirklichkeit ist es eine wichtige Facette, um jenseits allen Rauchschleiers und ex-post-Verschleierns mithilfe dieses Parameters die Frage empirisch bewerten zu können, mit wie vielen Besuchern die LOVE PARADE Veranstalter denn tatsächlich rechneten. Und dies ist wiederum wichtig, um die auch oben angesprochene, nach Prof. Müller rechtserhebliche und strafrechtsrelevante, Frage, ob die Veranstaltung als solche hätte genehmigt werden können oder abgesagt werden müssen, zu stellen und beantworten zu können.

 

Freundliche Grüße

Richard Albrecht 

http://ricalb.files.wordpress.com/2010/07/cv1.pdf 

 

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Kleine Ergänzung und Richtigstellung noch zu meinem Beitrag #64:

Die Aussage, dass zwischen 16:30 und 16:45 gar niemand mehr nach oben gelangt, ist so absolut auch nicht richtig; man sieht in den beiden zitierten Videos von nope30 und skatertonik, dass da vereinzelt Menschen hochgehen. Ein "mittlerer Strom" ist aber nicht auszumachen. Die meisten Menschen, die hochgelangen, laufen unmittelbar an der westlichen Rampenwand duch das eigentlich für die Polizeifahrzeuge abgesperrte Terrain und gehen oben über die Böschung.

Außerdem sieht man im Video von nope30 auch etwas, was bei den meisten Videos nicht auffällt: Es gab nicht nur einen, sondern drei Lichtmasten, die zum Hochklettern genutzt wurden. Was im Falle der beiden nördlichen Masten irgendwie widersinnig erscheint, denn wer einmal hinter die Absperrung gelangt ist, hätte ja auch weitergehen können. Womöglich aber wurden diese Leute am weitergehen gehindert. Dass da einige direkt hinter den Polizeifahrzeugen ohne erkennbare Not und ungehindert einen Mast hochkklettern, zeigt, dass die Lage schon völlig außer Kontrolle war.

Sorry noch dafür, dass ich erst jetzt mitgekriegt habe, wie man hier ordnungsgemäß verlinkt.

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Weitere Infos auf Spiegel "Fehler bei der Love Parade - Überwachungsvideos zeigen fatale Kettenreaktion"  http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,709502,00.html  und wohl heute abend in Spiegel TV.

 

"Wer hat Schuld an der Katastrophe von Duisburg? Fehler haben nach Informationen des SPIEGEL offenbar sowohl Polizei und Stadt als auch der Veranstalter gemacht. Darauf weisen interne Unterlagen und andere Beweismaterialien hin:..." ...dann folgen drei wesentliche Aspekte auf o.g. Spiegelseite.

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@canabbaia #62, vielen Dank für Ihre Ausführungen, Da Sie ohne account hier gepostet haben, kann ich Ihren Post nicht verändern, sondern nur insgesamt löschen. Wenn Sie es wünschen (bitte per E-Mail), könnte ich dennoch versuchen es zu reparieren.

@pilsbierchen #63: Ich habe in meinem Beitrag oben den von Ihnen zutreffend kritisierten Satz unter 2a), der noch aus der ersten Version  stammt (den Beitrag habe ich inzwischen mehrfach aufgrund neuer Erkenntnisse aktualisiert) verändert. Zudem habe ich ergänzt, dass auch viele der nach unten gehenden im Gedränge unten betroffen waren. Der von mir erwähnte Mittelstrom ist eher ein Strömchen, aber ich glaube ihn auf dem Polizeifoto um 16.43 (also nach der Öffnung der Sperre) erkennen zu können. Das von Ihnen verlinkte Video enthält hingegen keine Zeitangabe.

@Georg: Die Spiegel-Dokumentation hatte ich in #59 erwähnt, dort auch mein Kommentar dazu.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

 

@ Prof. Müller

Wenn Sie den dolus eventualis hinsichtlich der Todes- und Körperverletzungsfälle schon ablehnen, dann muss man aber doch zumindest zu einem unechten Unterlassungsdelikt kommen, oder? Eine Garantenstellung von Veranstalter und Stadt kann man doch wohl bejahen...

Im übrigen meine ich, dass das "Wissen" um mögliche Folgen bei derartigen Massenveranstaltungen bei der "Fachbehörde" und mehrmonatiger Vorplanung vorhanden ist, so dass an das "Wollen" des Erfolgseintritts keine übermäßigen Anforderungen mehr gestellt werden sollten. Aufgrund der inzwischen bekannt gewordenen Fakten kann doch wohl von einem "wird schon gut gehen" nicht ausgegangen werden. Alleine das in der Bild (mit gebotener Vorsicht) veröffentlichte "Bewegungsmodell" mit den nach Stunden aufgeteilten Zu- und Abwanderungen lässt mich zu dem Schluss kommen, dass "ist mir doch egal" es wesentlich besser trifft.

Gruss Harald

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Sehr geehrter Herr Müller,

zunächst mein Dank für die umfangreiche Aufarbeitung der Dokumente, die deutlich besser helfen, das Geschehene zu verstehen als die meisten anderen "Erscheinungen" im Internet. Allgemein beeindruckend ist in diesem Zusammenhang nicht nur die Fülle an Informationen im Netz, sondern vor allem die fast grenzenlose Anteilnahme der Community und das Bedürfnis, hier etwas aufarbeiten und/oder kommentieren zu wollen. Auch ich bin tief berührt und vor allem fassungslos, insbesondere wegen der unglaublichen Haltung der Zuständigen, mit der sie die ihrem Amt innewohnende Verantwortung abzulehnen versuchen.

Ihre Ausarbeitung nun hat mir einen Aspekt erhellt: Ich habe verstanden, dass für die Opfer strafrechtlich "nur" Diejenigen haftbar gemacht werden können, die durch ihr handeln unmittelbar zum Tod oder zur Verletzung der Opfer beigetragen haben. Daher die akribische Suche nach den Auslösern. In diesem Falle also nach Denjenigen, die z.B. durch einen Sturz vom Plakat die Panik ausgelöst haben sollen. Das erscheint mit zwar als möglicher kausaler Zusammenhang, jedoch nicht zwingend. Der so identifizierte Täter könnte sich doch als Opfer auf der Flucht vor der buchstäblich erdrückenden Menge befinden. Und wenn nicht, dann könnte er zwar gefallen sein, aber nicht zum Erdrücken anderer beigetragen haben. Welche Schuld trifft in diesem Zusammenhang diejenigen, die weiter hinten gedrängelt haben oder dem Drängeln nicht genügend Widerstand entgegengesetzt haben. Ich habe hier die Sorge, dass die Täter in den Reihen der Opfer gesucht werden.

Relevant für die Beurteilung der Ereignisse ist auch die Perspektive der vielen Video-Clips, die es Gott sei Dank im Internet gibt, so dass es schwer wird, der Öffentlichkeit etwas vorzumachen. Fast alle der hier referenzierten Videos zeigen eine Perspektive AUF das Geschehen. Das inzwischen vielzitierte 35-Minuten-Video von "pizzamanne" in YouTube zeigt eine Perspektive IM Geschehen. Dort ist auch die Tonspur wichtig. Viele Schreie sind dort zu hören, die IM Geschehen für völlige Panik sprechen. Diese Schreie sind auch in anderen Videos AUF das Geschehen zu hören, in denen es zwar eng, aber anscheinend noch nicht chaotisch zugeht. Danach wäre schlicht und ergreifend das Gedränge die Todesursache und dabei die Tatsache, dass es keine einzige Möglichkeit für die Bedrängten und späteren Opfer gab, dem Gedränge zu entrinnen. Hier kann man dann zwei Sachverhalte diskutieren: 1) Wer hat das Gedränge zustande kommen lassen und 2) Wer hat ein Entkommen verhindert? Diese Fragen bewegen mich und führen für mich immer zu der Antwort, dass Menschenmassen niemals in dieses Konstrukt hätten geschickt werden dürfen. Und diese Kausalkette beginnt im Genehmigungsverfahren.

Durch die in Ihrer Aufarbeitung gezeigten Bilder ist mir zum ersten Mal auch aufgefallen, wie das Risiko der Rampe - das zuvor schon als extrem gefährlich gewertet worden war - durch Absperrmaßnahmen fahrlässig erhöht worden ist: durch Brezelstand, Polizeifahrzeuge und Absperrgitter. Absperrung ist hier ohnehin das Schlüsselwort. Die gab es Überall. Was wäre denn der Plan gewesen, wenn zehntausende Besucher oben auf dem Platz plötzlich in Panik ausbrechen und die Rampe hinunter flüchten wollen? Das wäre doch kaum bei 21 Toten geblieben. Unbestreitbar ist doch auch, dass in Menschenmassen eine plötzlich auftretende Panik nicht völlig ausgeschlossen werden kann. Die Absperrungen sind als Ergebnis des von Stadt und Veranstalter vereinbarten Sicherheitskonzeptes errichtet worden. Und dieses Sicherheitskonzept ist unter Beugung geltender Sicherheitsbestimmungen zustande gekommen - allem Anschein nach, damit die Veranstaltung wider besseres Wissen in jedem Fall durchgeführt werden kann.

Sehen Sie eine Chance, dass unser Strafrecht so weit greifen kann?

 

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Sehr geehrter Herr Müller,

auch ich möchte mich für Ihre akribische Arbeit bedanken.

Die Frage, die sich mir seit Tagen aufdrängt: Inwieweit ist es Ihrer Meinung nach relevant, dass man im kritischen Zeitfenster (insbesondere während der Rampensperre und auch noch im Zeitraum danach) die Besucher, die das Gelände verlassen wollten, nicht über z.B. die gesperrte A59 entflutet hat? 

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Im Anschluß an # 68 - # 71 mal als methodischen Zwischenruf

 

„informational overkill“ - Überinformation - ist das Jargonwort. Es meint: Zu viele Info. Also: Es muß selegiert = ausgewählt werden. Das ist nur möglich mit entsprechenden Kriterien = inhaltlichen  Maßstäben.


Infos der SPIEGEL-Recherchen, im Netz siebenteilig zusammengefaßt, sind wichtig: http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,709372-1,00.html -> http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,709372-7,00.html – der wikipedia-Text auch -> http://de.wikipedia.org/wiki/Unglück_bei_der_Loveparade_2010 


Aber das kann es nicht sein. Um aus der Doppelfalle von Rache & Schuld einerseits und Überinformation & Maßstabslosigkeit andererseits rauszukommen wird angeregt, in diesem - rechtwissenschaftlichen - Beck-Forum (das nichts mit der Staatsanwaltschaft zu tun hat, vermutlich von dieser aber genau gelesen wird) Präventionskriterien als Maßstab herauszuarbeiten unter der Leitfrage, wie künftig diese oder/und ähnliche und/oder vergleichbare Ereignisse zu vermeiden sind. Unter dieser Perspektive gerät dann auch notwendigerweise die rechtserhebliche und strafrechtsrelevante Frage, ob die Veranstaltung als solche hätte genehmigt werden oder abgesagt werden müssen, in den (mediengängig formuliert) Focus der Aufmerksamkeit. 

 

Freundliche Grüße

 

Richard Albrecht

http://ricalb.files.wordpress.com/2010/07/cv1.pdf 

 

 

 

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Es wäre ein Erfolg des enormen Aufbegehrens der Internetgemeinde, wenn die "strafrechtsrelevante Frage, ob die Veranstaltung als solche hätte genehmigt werden oder abgesagt werden müssen, in den Focus der Aufmerksamkeit" gerät und von der "Staatsanwaltschaft genau gelesen" wird. Ich bin überzeugt, dass diese Frage juristisch viel schwerer zu beantworten ist, als die, ob Opfer durch Herunterfallende erschlagen worden sind. Dennoch ist sie ungleich wichtiger, weil sie Verantwortlichkeit im politischen Handeln erörtert.

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Sehr geehrter Herr Albrecht,

Sie haben sicherlich Recht, dass inzwischen eine Überinformation festzustellen ist. Ich bedauere, dass für Sie mein Beitrag (oder die Kommentare?) auch Teil dieser Überinformation ist.

Ihre Anregung, eine andere Selektion durchzuführen als ich Sie hier verfolgt habe (nämlich nach den Verhaltensweisen zu suchen, die als Sorgfaltspflichtverletzungen das konkrete Geschehen verursachten und nach §§ 222, 229 StGB bedeutsam sind), möchte ich aber nicht aufgreifen. Der Gedanke an die Prävention ist zwar enorm wichtig (und wird sicherlich bei Großveranstaltern und Polizei auch schon überlegt), aber hier habe ich nun mal die Perspektive des Strafrechts gewählt, die zunächst die entgegengesetzte, nämlich rückwärtsgewandte, Perspektive ist. Da ich auch weder Experte für die Durchführung von Massenveranstaltungen bin noch für das öffentliche Genehmigungsrecht solcher Veranstaltungen, wäre der Ansatz, den Sie vorschlagen, für meine Person auch vermessen. Inwieweit die Veranstaltungsgenehmigung strafrechtsrelevant sein könnte, habe ich in meinem Beitrag oben angesprochen (siehe unter 2. zu d) und e).

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Bei den Berichterstattungen,- eben Spiegel TV,- nicht gerade meine Welt, diese Privatsender,-sollte eine Zusammenfassung erfolgen.Ich finde es"schrecklich" einzelne Notlagen, von Menschen aufzuzeigen, wie sie sich verhalten haben als, wer wann zuerst was getan hat.( Zaun erklommen,Treppe betreten,Mast erklommen,Absperrungen gestürmt )

Die Frage des "warums" ist hier anders zu beurteilen,als bei einer anderen Straftat.( warum sind sie in das Geschäft/Kiosk eingebrochen,ist sonst nicht relevant,nur was wurde gestohlen,mit welchen Mittel wurde eingebrochen.

Ich stelle das etwas laienhaft dar.

Mir geht es hierbei darum, dass es eine frei zugängliche Veranstaltung war,zu der aufgerufen wurde sie zu besuchen.

Unter Kalkulation der Besucherzahlen von 1 Mill. war dieses abgesperrte Gelände mit nur einem Ein+Ausgang, einschließlich der Zuwege,nicht für die Ausrichtung dieses Events geeignet und hätte in seiner Ausführung verworfen werden müssen und nie genehmigt werden dürfen.

Jetzt den Ordnungskräften, Fehlverhalten anzulasten, besonders der Polizei, ist unmenschlich und entbehrt jeglichem Anstand.

Sie sind zu einem Sicherheitskonzept geworden,das fassen sollte (nach Angaben des Veranstalters ) es war fahrlässig genug und konnte, erst als das Unglück stattgefunden hatte, als Hirngespinnst bewiesen werden.

Wer so wehement das Vorhaben durchsetzen und aller Warnungen und Bedenken zum Trotz, dieses Event so angedacht hat und vorbereiten lies, der sich jetzt versteckt und schweigt, seine Fälle als Veranstalter schwimmen sieht, die Schuld weiterschiebt,der sollte sich endlich bekennen und zu seiner Verantwortung stehen. Es kann doch nicht sein, dass andere, den Opfer/Verletzten/Traumatisierten/Angehörigen/der Befölkerung versuchen zu erklären was nicht erklärbar ist.

 

 

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Sehr geehrter Herr Dr. Müller,

in #53 schreiben Sie:

>>Die - allerdings von BILD veröffentlichten, deshalb bei der notorischen Unzuverlässigkeit dieser so genannten "Zeitung" mit Vorsicht zu genießenden -  Zahlenangaben des Veranstalters sahen angeblich vor, dass zwischen 16 und 17 Uhr ca. 55000 Leute auf das Gelände kommen und ca. 45.000 es wieder verlassen wollen würden. Für diese Anzahl von 100.000 Personen pro Stunde waren aber Rampe und Tunnels zu eng. Prof. Schreckenberg ging davon aus dass 20.000 bis 40.000 Leute pro Stunde  durchpassten, die höchsten mir bekannten Schätzungen gehen von 60.000/Stunde  Durchlasskapazität aus, und das bei optimalen Bedingungen.
Hier nahm man also schon vorab ein Gedränge in Kauf, dessen katastrophale Folgen wir nun beklagen.

Das ist bei genauerer Betrachtung nicht ganz richtig.

Gegenstand der Betrachtungen sind bislang stets die Tunnel und ihre Durchlasskapazität gewesen; aber das Unglück passierte weder in den Tunneln noch wegen deren zu geringer Kapazität. Möglicherweise könnte man sogar unterstellen, dass das Gedränge auf der Rampe weniger tödlich gewesen wäre, wenn die Tunnel noch weniger Menschen pro Stunde hätten transportieren können.

Pilsbierchen hat in #63 die Rampe als richtigen Schwachpunkt der Planung identifiziert, aber auch das ist nicht ganz zutreffend, wie folgende Überlegungen nahe legen: was wäre passiert, wenn die Tunnel z.B. viermal so breit gewesen wären, bei unveränderter Rampe? Was wäre passiert, wenn die Rampe viermal so breit gewesen wäre, bei unveränderten Tunneln? Im ersteren Fall wäre der Druck von unten auf den Rampeneingang enorm angestiegen, im zweiten Fall der von oben auf die Tunneleingänge. Beides hätte also offenbar die Situtation nicht verbessert.

Das Problem liegt offenbar in der Relation der Gesamtbesucherzahl zu der Kapazität der Zugangswege insgesamt – und damit möglicherweise in der Verantwortung der Eigentümerin des Geländes. Diese muss sich fragen lassen, ob es überhaupt ein realistisches Szenario gibt, wie 250.000 Menschen auf das Gelände gelangen können, wenn nicht alle innerhalb eines kurzen Zeitraums gemeinsam kommen („vor Veranstaltungsbeginn“) und gehen („nach Veranstaltungsende“); denn da ihr die konkrete Nutzung des Geländes bekannt war, hätte sie gegebenenfalls auf dessen prinzipielle Ungeeignetheit hierfür hinweisen müssen.

Ebenso ist es falsch – wie ich es z.B. in #34 getan habe –, die Polizei wie ein Individuum zu behandeln. Die Polizeibeamte, die vor den Tunneln auf die Öffnung aller Schleusen gedrängt haben, waren sehr wahrscheinlich nicht identisch mit dem, der oder den PolizeibeamtInnen, die vor der Veranstaltung vor der Situation im Ein-/Ausgangsbereich gewarnt haben. Weder müssen die Beamten vor Ort diese Einschätzung gekannt noch inhaltlich geteilt haben. Um ihnen individuelle einen (strafrechtlich relevanten) Vorwurf machen zu können, müsste man jedem einzelnen Beamten nachweisen, dass er die örtlichen Gegebenheiten jenseits der Schleusen kannte und ihre potentielle Gefährlichkeit erkannte oder hätte erkennen müssen. Vor Ort aber nicht nur Duisburger PolizistInnen eingesetzt, und ob eine Ortsbegehung vor Beginn der Veranstaltung durchgeführt wurde, möchte ich nach der allgemein schlechten Zusammenarbeit aller Beteiligten bezweifeln.

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@harmannus#70/74:

Hier ist - bis auf die Erwähnung, dass es solche Klettereien und Stürze gab, das Verhalten der Teilnehmer bisher nicht untersucht worden, schon gar nicht "akribisch". Ich ging auch davon aus, dass man Menschen in dieser Situation (zwar möglicherweise moralisch aber) nicht rechtlcih vorwerfen kann, wenn sie in Todesangst oder Panik über andere hinweggeklettert sind. Das mag im Einzelfall anders gesehen werden können, aber damit habe ich mich nicht beschäftigt.

@loulou #71:

Ihre Frage beruht darauf, dass es alternative Handlungsmöglichkeiten für die Ordnungskräfte gab. Ob dies die Lage (sofort) entschärft hätte, ist eine hypothetische Frage. Betrachtet man sich die Situation vor Ort, lässt sich ja feststellen, dass es auch ohne Öffnung der A 59 nach 17.15 Uhr zur völligen Auflösung der Staus kam (durch zweite Rampe, Sanitätseinsatz), es also eigentlich genug Platz zur Entlastung gab. Näher liegt es anzunehmen, dass man auch zuvor schon v.a. mit akustischen Mitteln es hätte schaffen können, das Gedränge aufzulösen. Die an den Polizeiwagen vorhandenen Lautsprecher, auch die Lautsprecher der Veranstaltung selbst waren ja vorhanden. Warum dies nicht versucht wurde, ist mir ein Rätsel - es waren gut 20-30 Minuten Zeit dazu.

@Gregor Koch #76:

Gleichviel, ob die Tunnel oder die Rampe das Nadelöhr waren, man wird nicht umhin kommen zu konstatieren, dass es zu eng war, um 100.000 Menschen pro Stunde in beiden Richtungen durchzulassen und daher die Planung (selbst mit NUR 485.000 Menschen) nicht gelingen konnte. Nun hat sich herausgestellt, dass die Rampe zum Nadelöhr wurde (allerdings durch die Nebenbedingung "Sperre" veranlasst). Ist dies dann dem Eigentümer vorzuwerfen?  Sicherlich hat er auch eine Haftung, aber wohl doch keine strafrechtliche für alles was auf seinem Grund und Boden passiert, selbst wenn er "ungefähr" weiß, was dort stattfinden soll. Ich weiß auch nichts davon, dass der Eigentümer (es handelt sich wohl um eine Gesellschaft, kein Individuum) über die Zu- und Abgänge vom Gelände entschieden hätte. Die strafrechtliche Verantwortung einzelner Polizeibeamter ist, wie Sie richtig sagen, abhängig von vielen weiteren Bedingungen, insbesondere ihrer Informationslage im konkreten Zeitpunkt. Juristische Personen (die Immobiliengesellschaft xy, die Lopavent GmbH, die Polizei, die Stadt Duisburg) können nicht bestraft werden, sondern nur diejenigen, die für sie handeln.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

Sehr geehrter Herr Müller,

ich hatte mich missverständlich ausgedrückt und sicherlich auch zu umfangreich - das tut mit Leid. Mit akribisch hatte ich keinesfalls Ihre Arbeit gemeint, sondern die anderer Websites, einschließlich der des Spiegels. In diesen Websites hatte ich den Eindruck gewonnen, dass die "Täter" ausgemacht werden sollen, die in den kritischen Minuten das tötliche Gedränge verursacht haben sollen. Meine Sorge - die insbesondere durch das Video von "pizzamanne" genährt wird - ist, dass Opfer zu Tätern gemacht werden. Die Sorge ist, dass offenbar mit der Rampe wider besseres Wissen und entgegen Expertenmeinung eine unbeherrschbare Gefahrensituation geschaffen worden ist und es an rechtlicher Handhabe fehlt, dies zu ahnden.

Viele Grüße

Harmannus

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# 73

 

Dank Ihnen, Herr Müller, für Ihre Kurzantwort: Ich kritisiere weder Ihren Beitrag noch Ihre Moderation in diesem Blog, eher im Gegenteil. Freilich warnt/e ich (1) vor der doppelten Doppelfalle von Rache & Schuld einerseits und Überinformation & Maßstabslosigkeit andererseits und sehe (2) schon jetzt so verwirrende wie verwirrte Überdokumentation und auch (3) grad unterm m.E. zentralen Präventionaspekt Grenzen allen Strafrechts. 

Ob das Problem, wann wieviele Menschen wo auf dem (Gesamt-) Gelände waren, strafrechtlich bedeutsam ist weiß ich nicht ... es müßte sich freilich mit den bekannten Methoden der empirischen Sozialforschung angehen und klären lassen.

 

Freundlich-diskursive Grüße

 

(Richard Albrecht)

 



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@Prof. Dr. Henning Ernst Müller #77:

Mir ging es für diesen besonders kritischen Zeitraum in erster Linie darum, eine weitere VERschärfung der Situation (z.B. Gegenstrom durch Abreisende) zu verhindern (s. 1. b)... was eine gleichzeitige Entschärfung - wie von Ihnen dargelegt - nicht ausschließen sollte. Auflösung der polizeilichen Rampensperre und Einsetzen des (bis dahin ohnehin geblockten) Gegenstroms war gegen 16:40 Uhr. Wenig später gab es wohl auch die ersten Todesfälle.   

 

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Inzwischen sind mir auch zwei der Quellen wiederbegegnet, in denen Prof. Schreckenberg "sein" Sicherheitskonzept verteidigt mit Argumenten wie:

- "Es gibt aber immer Menschen, die sich nicht an die Spielregeln halten", sagte er. Laut Schreckenberg hatten kurz vor dem Unglück mehrere Loveparade-Teilnehmer ein Gitter überrannt und waren eine Treppe hochgelaufen. Dabei seien einige gestürzt. "Im Sicherheitsplan war nicht vorgesehen, dass Menschen von oben herunterfallen" und

- Die Katastrophe sei nicht durch Panik entstanden, sondern als "Folge einer physikalischen Zwangsläufigkeit. Eine hochverdichtete Masse gerät in Bewegung".

Sein eindeutiges Fazit: Die Teilnehmer sind selbst Schuld ... auch diese Einschätzung halte ich für grotesk.

Quellen:

- http://www.tagesschau.de/inland/loveparade188.html

- http://www.wdr.de/themen/panorama/loveparade_2010/aktuell/100726b.jhtml?rubrikenstyle=panorama (am Ende des Textes)

Gruß aus Duisburg (wo es immer noch ausschließlich ein einziges Thema gibt)

 

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Darf ich die Frage nach den Abläufen vor Ort, wie evt. auch nach juristisch stichhaltigenen Verantwortlichkeiten, noch ein wenig verkomplizieren, indem ich auf eine kleine Detailrecherche zu dem Bauzaun als eventueller Stolperfalle verweise? Es wäre nämlich möglich, dass das Zaunelement nicht versehentlich sondern absichtlich an der Stelle plaziert wurde, an der später die meisten Menschen zu Tode kamen. Link:

http://loveparade2010doku.wordpress.com/2010/07/28/loveparade-2010-zeita...

Ansonsten frage ich mich ja schon seit einiger Zeit, wem eigentlich die (auch in Ihrer Darstellung erwähnte) Tatsache zuzurechnen ist, dass es für die aus dem Tunnel kommenden Besucher keine Hinweisschilder gab, die zum Veranstaltungsgelände wiesen (90°-Wende erforderlich!). Schilder waren im Bereich der Rampe nur für abfließende Besucher angebracht. Ankommende waren darauf angewiesen, einem erkennbaren Menschenstrom zu folgen, oder sich durch Stehenbleiben einen Überblick zu verschaffen. Bei geringem Andrang kein Problem, bei der Situation gegen 16.30 trug dies jedoch wohl erheblich zur Verdichtung der Menschen im T-Stück, also dem Bereich, wo die beiden Tunnel und die Rampe aufeinandertreffen, bei. Alleinige Zuständigkeit des Veranstalters? Oder auch der genehmigenden Behörde, die eine so wesentliche Beschilderung durch entsprechende Auflagen (und ggf. Vorab-Prüfung korrekter Umsetzung der Auflagen) hätte sicherstellen müssen?

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Hallo,

Ist dieses Ereignis zu Vergleichen mit einer Vulkanbesteigung.

Alleine der Veranstalter der Bergführung und die Einheimischen wissen dass der Vulkan droht auszubrechen.

Die Begleitpersonen haben jedoch keine Ahnung von der drohenden Eruption und von der Schwierigkeit des Geländes. 

Jetzt eine Frage: Wenn das Risiko so gross ist, dass es nicht mehr tragbar ist, dann spricht man ja von "Auf eigene Gefahr". Muss hierzu etwas unterschrieben werden oder reicht eine mündliche Überlieferung aus?

Inwieweit kann man ein solches Szenario auf die Loveparade übertragen?

MfG

Max

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Zunächst nochmal kurz zu meinen Ausführungen in #63 und #65: Beide zitierten Videos in #65 waren offenbar keine Originale (das von nope030 wurde inzwischen sogar entfernt) die eigentlichen Urheber sind MarkusLedwig und Ko0rn.

MarkusLedwig gibt den Erstellungszeitpunkt mit 16:46 Uhr an, anhand des Erreichens des Geländers am unteren Lichtmast von zwei Personen in blassgelb und rosa (bei MarkusLedwig 1:15, bei Ko0rn 0:15) lassen sich beide Videos synchronisieren, d.h. das Video von Ko0rn beginnt exakt eine Minute später (demzufolge 16:47 Uhr).

Insbesondere im Video von Ko0rn sieht man, dass es auf der gesamten oberen Rampe kaum Aufwärtsbewegung gibt, wenn überhaupt, dann nur direkt an der östlichen Rampenwand (hinter den Polizeifahrzeugen) und eben nicht als mittleres "Strömchen", wie Sie auf dem Polizeifoto zu sehen meinen. Das Foto zeigt im übrigen so ziemlich die gleiche Massenverteilung auf der Rampe, wie sie in den Videos erkennbar ist, insofern sind Foto und Videos sehr wahrscheinlich zum annähernd gleichen Zeitpunkt aufgenommen.

Im Grunde ist es natürlich marginal, ob die ankommenden Besucher nun in der Mitte (wie Sie annehmen) oder rechts (an der östlichen Rampenwand, wie ich annehme) durchgekommen sind, Fakt ist, dass es im Zeitraum zwischen 16:40 und 16:50 höchstens ein paar Dutzend Leute pro Minute schafften, also nicht viel mehr, als die, die zum gleichen Zeitpunkt über Treppe und Lichtmast das Gelände erreichten. Und das, obwohl der Veranstalter meinte, hier in einer Stunde 55.000 (pro Minute also fast 1000) ankommende Besucher durchschleusen zu können, bei gleichzeitig 45.000 Abgängen (siehe Bewegungsmodell).

Die diversen Annahmen über die durchlassfähige Menge zwischen 10.000 und 60.000 pro Stunde (Sie zitieren Herrn Schreckenberg im Artikel mit 20.000) lassen zumeist offen, ob

- ein Tunnel separat (östlich oder westlich),
- beide Tunnel gleichzeitig oder
- die Rampe

gemeint sind, und sie lassen vor allem auch offen, ob die Ströme

- aus einer Richtung separat ohne Berücksichtigung des Gegenverkehrs
- aus einer Richtung separat mit Berücksichtigung des Gegenverkehrs oder
- aus beiden Richtungen gleichzeitig

gemeint sind.

Inwiefern wäre es denn strafrechtlich relevant, wenn sich herausstellte, dass die Verantwortlichen schon im Vorfeld aufgrund plumper Missverständnisse (und fehlendem mathematischen Verständnisses) aneinander vorbeigeredet haben?  Wenn also z.B. der Experte sagt, da gehen 20.000 pro Stunde durch, der Sicherheitfritze der Stadt ihm das glaubt, deshalb dem Konzept zustimmt und sich hinterher herausstellt, dass von Seiten des Experten die 20.000 selbstverständlich ohne Gegenverkehr gemeint waren, der Sicherheitsfritze aber annahm, dass dieser berücksichtigt sei?

Man sollte meinen, dass solche Missverständnisse bei gebildeten Verantwortungsträgern gar nicht auftreten könnten, aber nach all meinen Beobachtungen nach der Duisburger Katastrophe (man denke nur an die völlig falschen Informationen des Krisenstableiters, die er in seinen ersten Interviews nach dem Desaster vom besten gab), warte ich fast drauf, dass sich so etwas auch noch herausstellt.

 

 

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Entgegen meiner anfänglichen Einschätzung kann ich der Einschätzung von Prof. Müller, dass sämtliche Planungen im Vorfeld der Veranstaltung keine strafrechtlich Relevanz haben, rein gar nichts entgegensetzen.

Angenommen, es war wirklich mit einer Maximalzahl um 480.000 Teilnehmer zu rechnen, von denen im Verlaufe der zehnstündigen Veranstaltung höchstens 250.000 gleichzeitig auf dem Veranstaltungsgelände gewesen wären, werden diese Zahlen durch das Sicherheitskonzept der Stadt Duiburg gedekt.

Und für die Annahme, dass das Sicherheitskonzept selbst in sich fehlerhaft war (so ihm denn gefolgt worden wäre), sehe ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Anhaltspunkte.

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@pilsbierchen#85:

Ich würde meine Angabe zu einem mittleren Strom nach oben, den ich in der nach oben zeigenden keilförmigen Strukutur auf dem Polizeifoto zu erkennen meinte, korrigieren.

Ihre weiteren Erwägungen, dass hier durch die verschiedenen Kapazitätsangaben eine Verwirrung existierte, erscheint mir durchaus nicht fernliegend. Da Herr Prof. Schreckenberg vorher gar nicht vor Ort war, hat er womöglich nur die rohen Daten (Tunnelquerschnitt und Länge) für seine Berechnung verwendet und dann gesagt, der Veranstalter solle darauf achten, nicht zu viele in den Tunnel zu lassen (im Tunnel ist es ja dann auch nicht zur Katastrophe gekommen). Über die Rampe als mögliches Nadelöhr, wenn man Zu- und Abgang hier steuern will/muss,  machten er und alle anderen sich offenbar gar keine Gedanken (deshalb auch Bauzäune. Polizeautos, Brezlbuden als Hindernisse etc.). Strafrechtliche Relevanz? Ja, wenn sich herausstellt, dass sich hier Verantwortliche fahrlässig geirrt haben und dieser Irrtum (vermittelt über die dann fehlerhafte Genehmigung) in den Kausalzusammenhang mit den tödlichen Vorfällen gebracht werden kann. Aber: Die Beweislage ist sicherlich schwierig.

@Richard Albrecht#86:

Das Dokument ist aufschlussreich dafür, wie hier Sicherheitsanforderungen und Verantwortlichkeiten im Genehmigungsprozess behandelt wurden, insofern ist es als Indiz durchaus bedeutsam. Es betrifft aber den Brandschutz und die "Entfluchtung" des Terrains und damit nicht den "normalen" Eingang/Ausgang auf der Rampe, der zur tödlcihen Falle wurde, weshalb es m.E. eben nicht unmittelbar das "strafrechtlich relevanteste" Dokument ist. Selbst wenn die Brandschutzauflagen vom Veranstalter übererfüllt worden wären, hätte das die konkret eingetretene Katastrophe nicht verhindert.

@frank aus wedau#87:

So eindeutig habe ich mich aber nicht ausgedrückt. Ich halte im Übrigen, wie schon im Ausgangsbeitrag angedeutet, die Durchführung mit nur EINEM Ein/Ausgang bei der erwarteten Anzahl der Zuschauer, die gleichzeitig rein- und rauswollten, für fahrlässig, und hier ist auch ein Kausalzusammenhang gegeben.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Henning Ernst Müller schrieb:

@frank aus wedau#87:

So eindeutig habe ich mich aber nicht ausgedrückt. Ich halte im Übrigen, wie schon im Ausgangsbeitrag angedeutet, die Durchführung mit nur EINEM Ein/Ausgang bei der erwarteten Anzahl der Zuschauer, die gleichzeitig rein- und rauswollten, für fahrlässig, und hier ist auch ein Kausalzusammenhang gegeben.

Nun gut ... zur Beantwortung dieser Frage müsste man tatsächlich die Unterlagen kennen.

Nach den Informationen, auf die ich als erstes gestoßen war, hatte der Zugang zum Veranstaltungsgelände eine Kapzität von 60.000 Passanten/h. Den Genehmigungsunterlegen zufolge sollte die Rampe im Veraluf der Veranstaltung mittig geteilt werden, so dass zwei nebeneinanderliegende Bahnen zum Ein- und Austritt vorhanden gewesen wären.

Nur wurde diese Zweiteilung offenbar nie umgesetzt. Entweder war sie doch nicht zur Auflage gemacht worden, oder der Veranstalter hat diese Maßnahme pflichtwidrig unterlassen. Bisher habe ich zu der Zweiteilung keine weiteren Informationen finden können - ich hielte es aber für unwahrscheinlich, wenn die Teilung nicht Bestandteil des Sicherheitskozepts gewesen wäre.

Bei anderem Sachverhalt käme ich möglicherweise zu einem anderen Ergebnis. Mein gesunder Menschenverstand sagt mir aber, dass es nur so gewesen sein kann (Durchlasskapazität/Zweiteilung).

Aber vielleicht besitze ich einfach nicht genug Phantasie, mir den anderen Fall vorstellen zu können - ein Mindestmaß an Denkvermögen setze ich bei OB und Panikforscher einfach voraus. Möglicherweise bin ich hier zu wagemutig ...

Viele Grüße aus Wedau

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Und noch eine Frage:

Sie schreiben ja, dass strafrechtlich vor allem die Umstände bedeutsam sind, die - vorhersehbar - das Gedränge verursachten. Ich könnte mir vorstellen, dass - wenn man nun die Schuld bei einzelnen Personen sucht - diese sich dadurch verteidigen werden, dass sie die Folgen ihres Handelns eben nicht absehen konnten, was teilweise sogar nachvollzogen werden kann.

Beispiel 1: Ordnungskräfte und Polizei an der Treppe.

Den Ordnern, die die ersten Menschen da durchgelassen hatten, mag man Fahrlässigkeit vorwerfen, aber haben sie vorhersehen können, dass sie damit eine Kettenreaktion auslösen würden, die schlussendlich 21 Menschenleben fordern würde?

Sie haben nur gesehen, dass das Gedränge vor Ihnen immer dichter und auch gefährlicher wurde, dass die Menschen da raus wollten und haben dann - in gutem Glauben etwas zur Entspannung zu tun - schließlich nachgegeben. Nehmen wir an, die hätten sich einen der ersten Treppenbesteiger gegriffen und in die Menge zurückgepresst und der wäre dann in der Masse verletzt worden, dann hätten man ihnen womöglich deswegen fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen.

Als die Bewegung auf der Treppe erst mal in Gang gekommen war, haben zahlreiche Ordner und Polizisten den Menschen geholfen, da hoch zu kommen. Hätten sie vorhersehen können/müssen, dass sie damit die Anziehungskraft auf die Treppe stetig erhöhen? Sie haben die Menschen unmittelbar vor sich gesehen, die teilweise schon völlig erschöpft waren, teilweise wurden bewusstlose Menschen "durchgereicht". Hätten sie die Treppe in dieser Situation gesperrt und es hätte schwere Verletzungen (oder gar hier schon Tote) vor ihren Augen gegeben, hätte man ihnen doch garantiert "unterlassene Hilfeleistung" angehängt, oder nicht?

Fatal: Die gut gemeinte Hilfeleistung für Einzelne hat ganz offensichtlich das Unglück mit verursacht. Immer mehr Menschen drängten zur Treppe, die als einziger Ausweg erschien, das Gedränge wurde immer dichter und schließlich zur Todesfalle für 21 Menschen.

Beispiel 2: Polizeisperre auf der Rampe.

Mit heutigem Wissen hat die Polizeisperre auf der Rampe (von ca. 16:00 bis ca. 16:30 ~ 16:40) das Desaster ursächlich herbeigeführt. Zu dem Zeitpunkt, als sie errichtet wurde, sollte sie aber verhindern, dass weitere Menschen auf das Areal nach oben kommen, da sich dort ein Stau gebildet hatte, was also bei weiteren Zustrom von unten eine Gefahr bedeutet hätte.

Wer auch immer das angeordnet hat, er hat hier vermutlich versucht, eine mögliche Gefahrensituation abzuwehren, ohne sich darüber bewusst zu sein, dass er eine andere (viel gefährlichere) Situation schafft. Hat er dies vorhersehen können oder gar müssen?

Wäre oben etwas passiert (z.B. indem Leute aufgrund des Ansturms von unten unter die fahrenden Trucks geraten wären) hätte man der Polizei vorgeworfen, nicht abgesperrt zu haben.

So wird ihr vorgeworfen, abgesperrt zu haben, denn das Fatale hier war ja, dass nun abwandernde Besucher in den so entstandenen Freiraum einrücken konnten, was letztlich zum Totalstau im unteren Teil der Rampe geführt hat.

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Aus beiden Beispielen wird vielleicht deutlich, dass die Verantwortlichen womöglich nur deshalb fahrlässig gehandelt haben, weil sie eigentlich Gefahrensituationen abwehren wollten.

"Objektiv" gesehen haben zwar viele verantwortliche Leute vor Ort nicht richtig gehandelt, aber die einzelnen Aktionen (siehe Beispiele oben) waren aus Sicht der jeweiligen Veranlassenden nicht falsch.

Hinterher sind wir ja immer schlauer. Die richtige Handlungsweise um ca. 16:30 Uhr wäre gewesen, die Polizeikette aufzulösen und alle abwandernden Besucher aufzufordern, zurück nach oben zu gehen und über einen Notausgang das Gelände zu verlassen.

Dass (zunächst) niemand auf diese Idee kam, ist vermutlich wenig strafrechtlich relevant, oder wie sehen Sie das? 

Ich denke mal, das wird hier ganz schwer werden, einzelnen eine Schuld nachzuweisen.

Wirklich fahrlässig gehandelt haben doch vor allem die, die das schwachsinnige Sicherheitskonzept ersonnen und durchgesetzt haben.

 

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@Pilsbierchen #89

Ich stimme sehr weitgehend zu.
Zwei Anmerkungen noch dazu:

"Hinterher sind wir ja immer schlauer Die richtige Handlungsweise um ca. 16:30 Uhr wäre gewesen, die Polizeikette aufzulösen"

Das ist ja de fakto sogar geschehen - ab ca. 16:27 Uhr wurde die Polizeikette auf der unteren Hauptrampe aufgelöst:
Zeitablauf der Loveparade - 16:28 Uhr

"und alle abwandernden Besucher aufzufordern, zurück nach oben zu gehen und über einen Notausgang das Gelände zu verlassen.
und alle abwandernde"

Auch das tat man - so in etwa. Ab 16:37 Uhr gab es oben eine Polizeikette, die 75% der Fläche der Rampe abdeckte, ab 16:50 Uhr war sie vollständig.
Zeitablauf der Loveparade - 16:37 Uhr

Sie hielt abwandernde Besucher davon ab, auf die Rampe zu gehen. Allerdings wurden die Leute hier auch nicht informiert - laut Augenzeugenberichten konnte man erst 17:30 Uhr mithilfe der Feuerwehr, die zwischenzeitlich Nottreppen an den Böschungen der Autobahn errichtet hatte, das Gelände verlassen, vorher gab es keine Information.

Überhaupt sind KOMMUNIKATION bzw. INFORMATION wohl - wie so oft - DIE Hauptschlagworte bei der Suche nach Ursachen.

Besucher wurden weder über Schilder noch per Durchsagen oder "pushenden" Ordner geleitet. Bei der Polizei gab es angeblich Probleme mit dem Funk, zudem brach das Handynetz zusammen. Ein Hilfsgesuch des Leiters des Ordnungsdienstes an die Polizei konnte erst mit halbstündiger Verspätung an den befehlshabenden Polizisten übermittelt werden, weil die polizeiliche Kontaktperson, die mit dem zuständigen Leiter des Ordnungsdienstes im Container saß, kein Funkgerät (!) hatte. Und schließlich fehlten später angeblich Videosignale, da Kabel abgerissen wurden (16:46 Uhr / 16:56 Uhr).

Die wenigen positiven Ausnahmen waren Polizisten, die für einen Moment lang per Arm Handzeichen machten (16:42 Uhr)
Zeitablauf der Loveparade - 16:42 Uhr
(vielleicht hätte es schon geholfen, dies dauerhaft zu tun und Leuten zuzurufen mit der Hoffnung auf Lawinensystem-Mundpropaganda)
oder nach unten rennend Leuten zuriefen "Haut ab! Geht nach oben!"
Erinnerungen von Augenzeugen der Loveparade - Lukas
Sowie ab ab 16:50 Uhr Durchsagen per Lautsprecherwagen auf den Straßen, dass keiner mehr rein komme:
Zeitablauf der Loveparade - 16:50 Uhr

Aber die Personen auf der Rampe und vor allem in der Nähe der Treppe, die hat man unwissend sterben lassen!
Und das obwohl sogar Megaphone vorhanden waren!!
IMG_0814.JPG

Völlig unverständlich für mich... Ich glaube ja noch wie vor, dass EIN mutiger Polizist, der sich ein Herz genommen, ein Megaphone besorgt und damit Durchsagen gemacht hätte, 21 (oder gar mehr) Menschenleben hätte retten können.

Siehe auch mein Blog: http://loveparade2010doku.wordpress.com/

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In einer einheitlichen Rechtsordnung mit dem Strafrecht als ultima ratio sollte man meiner Meinung nach die Frage der Relevanz erst ganz zuletzt stellen; ebenso die Frage, ob Verantwortung den rechtlichen Bereich erreicht und sich gegebenenfalls bis zur strafrechtlichen Verantwortung verdichtet.

Es war seit langem bekannt, dass die Love Parade 2010 in Duisburg statt finden sollte, und nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre wird sich wohl auch niemand darauf berufen können, von Art und Dimension der Veranstaltung überrascht worden zu sein.
Irgend jemand hat das Grundstück für die Love Parade ausgesucht, irgend jemand hat vermutlich (dem Veranstalter) gesagt, dass es für dieses konkrete Vorhaben - Lopavent GmbH ist ja meines Wissens eine single purpose company - grundsätzlich geeignet ist. Kann dann ein "Alle Angaben ohne Gewähr" o.ä. auf Seite X des Vertrages unter § y "Das, was immer drunter steht; keine Ahnung, was es bedeutet, unser Anwalt besteht darauf" dann das Einzige sein, was zählt?

Kann jemand sagen, dass der Veranstalter die Bauzäune aufgestellt hat? Oder war ihm vertraglich ein "umzäuntes Gelände" geschuldet? Macht das keinen Unterschied, weil er als Veranstalter ja für alles haftet?

Und noch eimal meine möglicherweise strafrechtlich gar nicht relevante Frage: wer hat warum um 12.00 Uhr auf dem Gelände noch planiert?

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Die Ursachen für die Katastrophe liegen nach bisherigen Informationen wohl auf vielen Seiten, womit es viele Verantwortliche zu geben scheint, aktuell gibt es auch Kritik am Veranstalter:

 

"Harte Kritik am Veranstalter der Love Parade - Katastrophenforscher: "Schwere Mängel beim Sicherheitskonzept""

 

"Sicherheitsmängel und Planungsfehler hätten den genehmigenden Behörden schon im Vorfeld der Duisburger Love Parade auffallen müssen. Die Stadt habe das Sicherheitskonzept des Veranstalters offenbar nicht ordentlich überprüft. Diesen Vorwurf erhebt der Katastrophenforscher Dirk Oberhagemann gegenüber Frontal21."

 

Mehr auf: http://frontal21.zdf.de/ZDFde/inhalt/3/0,1872,8095843,00.html?dr=1

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@Gregor Koch

Wahrscheinlich übersteigt es den Sinn und Zweck dieses Blogs, aber da sie fragten:

Kann jemand sagen, dass der Veranstalter die Bauzäune aufgestellt hat?

ein kurzer Hinweis:

Bei GoogleMaps (51.420566,6.7725088) sieht man, dass am unteren Teil der Rampe Absperrgitter mit Dreieckselementen stehen, genau da, wo sie auch während der Veranstaltung standen.

Die Luftbilder von GoogleMaps bzw. GoogleEarth sind in der Regel ein paar Jahre alt, fliegt man die gleichen Koordinaten in GoogleEarth an, steht ganz unten, dass die Aufnahme vom 06. Mai 2006 sein soll.

(Falls Sie über GoogleEarth verfügen, geben Sie bei "Anfliegen" "51.420566,6.7725088" ein und scrollen heran)

Die auffallende Ähnlichkeit von Standort und Form der Gitter im Jahre 2006 mit der Situation auf der Loveparade legt die Vermutung nahe, dass hier teilweise vorhandene Bauzäune einfach übernommen worden sind.

Und wenn das so ist und wenn der Standort der Bauzäune nicht wesentlich verändert worden ist (was z.B. dieses Video vermuten lässt, aber auch die bei SpiegelTV veröffentlichten Polizeivideos SpiegelTV: Die amtlich genehmigte Katastrophe - Teil 1 ab ca. 2:50), dann wird die Schlamperei ganz offenbar. Zwischen den beiden Dreiecken, da wo die Leute durchgingen, verbleibt ja gerade mal ein Drittel der Rampenbreite.

Da die Rampe am unteren Teil 26 m breit ist (vgl. z.B. Wikipedia-Artikel), hieße das, die eigentliche Durchlassbreite an dieser Stelle betrug gerade mal knapp 9 m (dies entspricht auch in etwa der bei GoogleMaps ersichtlichen Skala links unten).

Diese Stelle sollten nach dem Bewegungsmodell in der vermuteten Spitzenzeit zwischen 17:00 und 18:00 Uhr 90.000 ankommende und gleichzeitig 55.000 abgehende Personen passieren, zusammen also 145.000 Menschen aus zwei Richtungen! Ich als Nichtexperte erspare mir dazu weitere Betrachtungen und behaupte einfach mal: Das geht nicht!

Da Herr Schreckenberg noch nicht mal von der Existenz der Treppe wusste, wird er freilich von der Existenz dieser Zäune schon gar nichts gewußt haben. Es muss doch aber irgendeine Kommission vor Ort gewesen sein, die das Gelände abgenommen hat und die sollte man m.E. bei der strafrechtlichen Verfolgung nicht verschonen!

 

 

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Nr. 89 bis 93 - PB´chen, Frank, Gregor,  Emil ...

 

Wenn es ums Vorfeld der diesjährigen DU-Love Parade, die Veranstaltungsgenehmigung und die Verantwortung dafür geht, gibt es einen weiteren Gesichtspunkt: Eine bisher unerwähnte NRW-Mittelbehörde. Die Bezirksregierung Düsseldorf als Kommunalaufsicht (auch) für die Stadt Duisburg. 

 

Wenn, wie inzwischen bekannt – http://www.rueckspiegel.org/images/uploads/protokoll.pdf und jetzt auch aktuell http://frontal21.zdf.de/ZDFde/inhalt/3/0,1872,8095843,00.html?dr= angesprochen –, wegen der pers. Sicherheit der Teilnehmer(innen) das Massenspektakel nicht hätte stattfinden dürfen, sondern abgesagt werden müssen – dann wäre dies bis spätestens Freitagmittag, 23. Juli 2010, 12 Uhr, Aufgabe der Düsseldorfer Bezirksregierung gewesen. Damit ist die Verantwortlichkeit dieser Behörde in dienst- (vermutlich nicht in straf-) rechtlicher Hinsicht angesprochen. 

 

Behördenleiterin ist seit 21. Juli 2010 die ehemalige SH-Landesjustizministerin (2000-2005) und stellvertretende SH-Ministerpräsidentin, die Kölner Juristin/Rechtsanwältin Annemarie Lütges. Sie wurde am 21. Juli 2010 von der NRW-Landesregierung als Regierungspräsidentin ins Amt gebracht.

 

Heute (4. August 2010) soll sich der Innenausschuß des NRW-Landtags in einer Sondersitzung mit den DU-Love-Parade-Vorfällen vom 24. Juli 2010 beschäftigen. Warum dies ist nicht bekannt und wenn dies – dann bleibt die Frage, warum erst jetzt und nicht im Vorfeld des DU-Destruktionsereignisses, also vor zwei Wochen …

 


Freundliche Grüße


Richard Albrecht


http://ricalb.files.wordpress.com/2010/07/cv1.pdf

 

 

 

 

 

 

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@Martina #95

Ich frage mich, wie gesichert die Zeitangabe (16:28 Uhr) von coolwojtek ist. Ich habe den Verdacht, dass seine Kamerauhr um ca, 10 Minuten nachgeht. Hatte ihn deshalb auch angeschrieben, aber noch keine Antwort erhalten.

Wenn Du z.B. Teil 5 von coolwojtek mit dem Video von struppi04 vergleichst. Die Aufnahmen wurden zur nahezu gleichen Zeit von zwei unterschiedlichen Perspektiven aufgenommen. Das kann man z.B. am Polizeiwagen sehen, am Herunterlassen der Leiter usw. coolwojtek filmte von oben, struppi04 von der Rampe aus.

Struppi04 hat seine Kameradaten gecheckt und kam auf eine Uhrzeit der Aufnahmen von ca. 17:03 Uhr. 

Video coolwojtek Teil 5

http://www.youtube.com/watch?v=xxd_KlaCiNY

 

Video struppi04

http://www.youtube.com/watch?v=2B5o2wgdHcw

 

@Pilsbierchen #89

Das ist auch meine Meinung und war meine Frage in #71 bzw. ergänzende Anmerkung in #80. Ich bin mir nicht sicher, ob der plötzliche Gegendruck von oben mit Auflösung der Polizeisperre nicht zu unterschätzen ist... ob man hier nun die abgehenden Besucher über die kleine Rampe oder die A59 spielt keine Rolle... Hauptsache man hätte sie nicht zusätzlich ins Geschehen laufen lassen. 

 

loulou

 

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Ist es nicht denkbar, dass eine unmittelbar, mit Beginn der Rampensperre (ab ca. 16:01 Uhr) eingeleitete Umleitung der abgehenden Besucher über z.B. die kleine Rampe eine frühere Auflösung der Rampensperre ermöglicht hätte? Ging nicht gerade hier sehr wertvolle Zeit verloren, indem man zunächst auch die abgehenden Besucher vom oberen Teil der Rampe aufgestaut hatte (s. Polizeiaufnahmen Spiegel TV v. 01.08.2010)?

Ich mutmaße, dass bei einer frühzeitigeren Auflösung der Rampensperre beispielsweise gegen 16:25 Uhr die dann einsetzenden Bewegungen der Massen aus unterschiedlichen Richtungen weniger Wirkung, zumindest weniger fatale Folgen, auf/für die Menschen in Nähe der Treppe gehabt hätten könnten... 

 

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Wenn man bedenkt, dass es hieß : " es habe keinen Austausch untereinander gegeben, ergeben sich, wie sollte es auch anders sein,im Zuge der Ermittlungen,Aussagen und anders lautende Berichte.

http://www.rp-online.de/niederrheinnord/duisburg/loveparade/Stadt-Duisburg-weist-Verantwortung-von-sich_aid_889735.html

Dass dabei die Frage nach Uhrzeiten gestellt wird, die sich mit Sicherheit leicht feststellen lassen und völlig unnötige sind, um Berichte zur unter die Menschen zu bringen, ist für mich Mediengeschwafel.Jeder greift nur etwas auf um die Auflage zu erhöhen oder zu erhalten.

Wenn sich die Stadt auf den Entwurf des Sicherheitskonzeptes verlassen hat, ist auch das widersprüchlich, da es nachträglich weitergehende Änderungen und Auflagen seitens des Ordnungsamtes gegeben haben soll.

Wir werden verdummt und mit in den Strudel gezogen, die Schuldfrage immer wieder neu zu hinterfragen.

Eine große moralische Schuld trifft den Bürgermeister, der nicht von seinem Amt zurücktreten will, sich aus jeglicher Verantwortung stiehlt, die er für die Stadt und seine Ressore übernommen hat.Er hängt seine Mitarbeiter, nachdem er sie an den Pranger gestellt hat, indem er jegliche Verantwortung für sich ablehnt

Bei dem Ubahn.einsturz in Köln, hatte die KVB als Verantwortlicher gegolten. Herr Schramma damaliger Oberbürgermeister von Köln, war sofort vor Ort, stellte sich allen Fragen,hatte moralische Verantwortung und trat zurück.

Dieser Mann darf nicht durch Abwahl  aus seinem Amt gedrängt werden.Er soll bleiben, bis seine Moral nicht mehr erträglich ist und er über seinen Stolz/Trotz stolpert und er sich dort wiederfindet wo die Mehrheit, der ihm anvertrauten Bürger lebt.

Sorry, für meine geschrieben Gedanken, die leider nicht relevant  sind und nicht der Aufarbeitung und Klärung dienen.

 

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