Krankheit ist kein ehebedingter Nachteil

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 29.07.2010

Die Parteien hatten 1986 geheiratet, die Ehe blieb kinderlos und wurde 1997 geschieden. Seit dem zahlt der Ehemann nachehelichen Unterhalt, zuletzt 899 €.

Die 1962 geborene Ehefrau absolvierte in der Ehe erfolglos mehrere Prüfungen zur Versicherungskauffrau und erwarb 1988 schließlich - gefördert durch das Arbeitsamt - einen Abschluss zur Stenokontoristin. 1988 übernahm sie die Pflege ihrer schwerbehinderten Großmutter. Erst 1990 fand die Beklagte eine Arbeitsstelle mit 20 Wochenstunden, verlor diese aber schon nach zwei Wochen. Seit 1993 besaß sie eine Gewerbeerlaubnis als Immobilienmaklerin.

Sie leidet an einer paranoiden Psychose. Nach dem im Vorprozess eingeholten psychiatrischen Gutachten hat die Krankheit ihre Wurzeln in der Kindheit (Verhältnis der Beklagten zu ihren Eltern), ist jedoch erst durch die Ehekrise und Trennung der Parteien im Jahr 1996 zu Tage getreten. Es steht nach einer weiteren erfolglosen mehrmonatigen Therapie fest, dass die Beklagte dauerhaft arbeitsunfähig ist.

Der Kläger begehrt die Befristung des Unterhalts und beruft sich auf die seit 2008 geänderte Gesetzeslage sowie die Unbilligkeit einer weiteren Unterhaltspflicht. Das Amtsgericht hat den Unterhalt bis einschließlich November 2008 befristet. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen (= FamRZ 2009, 1153)

Der BGH hob die Entscheidung des KG auf und verwies zurück.

Er stellt zunächst fest, dass § 1578 b BGB verfassungskonform ist.

Weiter meint der 12. Senat, die Krankheit des unterhaltsbedürftigen Ehegatten stelle regelmäßig keinen  ehebedingten Nachteil dar. Das gelte auch dann, wenn eine psychische Erkrankung durch die Ehekrise und Trennung ausgelöst worden ist.

Auch Krankheitsunterhalt kann (nicht muss) daher zeitlich begrenzt werden. Dazu sei eine Gesamtabwägung erforderlich. Dass der Unterhalt nach der bis zum Dezember 2007 geltenden Rechtslage tituliert ist, ist dabei als ein den Vertrauensschutz des Unterhaltsberechtigten verstärkendes Element bereits im Rahmen der Entscheidung über die Befristung des Unterhalts zu berücksichtigen.

Abschließend dann noch eine kleine Ohrfeige für das KG: Die Ehedauer ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags, nicht wie vom KG bis zur Rechtskraft der Scheidung zu berechnen.

BGH v. 30.06.2010 - XII ZR 9/09

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