"Emmely"-Urteil zeigt erste Wirkung: Arbeitgeber nimmt Kündigung zurück

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 16.08.2010
Rechtsgebiete: ArbeitsrechtKündigungEmmelyBagatelldiebstahl5|6066 Aufrufe

Das Urteil des Zweiten Senats vom 10.6.2010 in Sachen "Emmely" (2 AZR 541/09) zeigt erste Wirkungen in der Praxis: In Düsseldorf hat jetzt ein Unternehmen eine im April ausgesprochene Kündigung zurückgenommen und sich dabei ausdrücklich auf die neue Linie des BAG bezogen: "Als wir im April die Kündigung ausgesprochen haben, galt diese Rechtsprechung noch nicht", so der Personalchef in einem Presseinterview. " Vor dem Hintergrund des Emmely-Urteils wollten wir den Fall noch mal neu bewerten."

Was war passiert? Jedem Mitarbeiter des Unternehmens steht pro Arbeitstag eine Milchtüte zu. Im Frühjahr wurden mehrere Diebstähle registriert. Ein 58-jähriger Arbeitnehmer geriet unter Verdacht und seine beiden Vorgesetzten erhielten die Anweisung, ihn näher im Auge zu behalten. Eines Tages waren sie überzeugt, einen Diebstahl von ihm beobachtet zu haben. Die angeblich gestohlene Milchtüte konnte bei dem Arbeitnehmer allerdings nicht gefunden werden. Trotzdem trennte das Unternehmen sich nach dreißig Jahren Betriebszugehörigkeit von dem Mitarbeiter. Jetzt ruderte man zurück und wandelte die Kündigung in eine Abmahnung um. Ab heute wird das Arbeitsverhältnis fortgesetzt.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

5 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Kann man das Emmely - Urteil mittlerweile eigentlich im Volltext nachlesen? Unter dem Aktenzeichen finde ich auf der Website beim Bundesarbeitsgericht leider keine Entscheidung.

0

Sehr geehrter Herr Prof. Rolfs,

 

nach dem mitgeteilten Sachverhalt hätte dieser doch vor wie nach Emmely keine außerordentliche Kündigung rechtfertigen können. So wie es ausschaut gab es da anscheinend erhebliche Beweisprobleme auf Seiten des Arbeitgebers. Da ist es doch PR-technisch günstiger sich nun auf Emmely zu berufen und "das ganze nochmal zu überdenken" als einzugestehen, dass der Anlass der Kündigung und der Verdacht von Anfang an konstruiert und wackelig war.

Da würde ich das ehrlich gesagt nicht überbewerten wollen, dass Emmely nun in dem Fall schon Auswirkungen gezeigt hat.

Soweit würde ich das aus Praxissicht beurteilen.

 

Viele Grüße

0

Sehr geehrter Herr Lehmann,

es gibt aber auch noch die Verdachtskündigung, die ebenfalls einen wichtigen Grund i.S.v. § 626 BGB darstellt.

0

Pressemeldungen zufolge ist

 

                         Frau Barbara Emme,

 

die als "Emmely" in die Rechtsgeschichte einging, am heutigen 26. März 2015 gestorben.

Kommentar hinzufügen