Fristlose Kündigung wegen grober Beleidigung

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 17.08.2010

"Komm her du Arschloch, ich hau dir paar in die Fresse" sollte man zu seinem Vorgesetzten besser nicht sagen. Es sei denn, man riskiert eine Kündigung. Die ist aber trotz dieser drastischen Wortwahl keineswegs immer gerechtfertigt, wie das LAG Mecklenburg-Vorpommern (Urt. vom 23.03.2010 - 5 Sa 254/09, BeckRS 2010, 71595) jetzt entschieden hat. Im konkreten Fall fiel die Interessenabwägung im Rahmen des § 626 Abs. 1 BGB zugunsten des Arbeitnehmers aus:

Im Rahmen der abschließenden Interessenabwägung ist es für das Gericht entscheidend, dass die Beklagte objektiv in der Lage ist, mit dem Kläger weiter gedeihlich zusammen zu arbeiten. Der Kläger ist zwar - wenn man das einmal so ausdrücken darf - ein schwieriger Zeitgenosse. Unter anderem neigt er wohl dazu, auf kleinste Fehler seiner Vorgesetzten übertrieben zu reagieren. Daraus folgt aber nur, dass der Kläger nicht in allen Kolonnen der Beklagten einsetzbar ist, sondern nur dort, wo es Poliere gibt, die den Kläger „zu nehmen wissen“, wie man das umgangssprachlich so treffend formulieren kann.

Das damit verbundene Ausmaß der Einschränkung seiner Einsetzbarkeit muss die Beklagte hinnehmen. Es gehört zu den üblichen Problemen beim Arbeiten in Kolonnen, dass manche Kollegen oder manche Arbeitnehmer und Vorgesetzte einfach nicht miteinander können. Darauf kann man bei der Einteilung der Kolonnen Rücksicht nehmen. Ernsthafte betriebliche Störungen gibt es nur, wenn einzelne Arbeitnehmer in gar keine Kolonne oder nur noch in eine einzige Kolonne integriert werden können. Dass dies für den Kläger zutrifft, kann nicht festgestellt werden. Insoweit hat das Gericht ergänzend berücksichtigt, dass die Beklagte der Einlassung des Klägers, mit seinem Stammpolier Herrn Sch. gebe es keine Probleme, nicht entgegengetreten ist.

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4 Kommentare

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Naja, aus eigener Erfahrung weiß ich, dass die Ausdrucksweise auf dem Bau eben auch ein bisschen rauher ist. Sollte man vielleicht auch berücksichtigen :-)

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Das sind die Urteile, wegen derer ich das Arbeitsrecht so lieb gewonnen habe... Ich frage mich, ob die Klägerseite bei der Güteverhandlung andere Mitglieder der "Arschloch-Kolonne" hat auflaufen lassen ;-)

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rasmus schrieb:

Jetzt kann man sich also seinen Vorgesetzten durch gezielte Beleidigungen selbst wählen???

 

schön gedreht!

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