Beschäftigtendatenschutz: Verbot verdeckter Videoüberwachung im Beschäftigungsverhältnis.
von , veröffentlicht am 25.08.2010Der heute verabschiedete Regierungsentwurf für ein „Gesetz zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes“ schließt eine verdeckte Videoüberwachung im Beschäftigungsverhältnis aus.
Die noch im Referentenentwurf vom 11. August 2010 vorgesehene Spezialregelung für die verdeckte Videoüberwachung in § 32f Abs. 3 BDSG-RefE ist ersatzlos weggefallen. Jetzt greift Ziffer 3 der neuen „Schwarzen Liste“ absolut verbotener Erhebungsmethoden in § 32e Abs. 4 Satz 1 BDSG-RegE: Die Erhebung von Beschäftigtendaten ohne Kenntnis des Beschäftigten mit Hilfe „sonstiger besonderer technischer Mittel, die für Beobachtungszwecke bestimmt sind“, ist unzulässig. Die Rückausnahme in Satz 2 erfasst nur Ferngläser und Fotoapparate, aber keine Videokameras für Bewegtbilder.
Für Verwirrung könnte allerdings die Entwurfsbegründung zu § 32e Abs. 2 BDSG-RegE sorgen (Entwurfsbegründung, Seite 18). Dort heißt es noch:
„Zur Aufdeckung von Straftaten und anderen schwerwiegenden Pflichtverletzungen im Beschäftigungsverhältnis darf der Arbeitgeber ohne Kenntnis des Beschäftigten personenbezogene Daten nur nach dieser Vorschrift erheben, sofern keine spezielleren Regelungen bestehen (z.B. zur Videoüberwachung).“
Der letzte Halbsatz war bereits in der Begründung zum Referentenentwurf vom 11. August 2010 enthalten und bezog sich auf den nun gestrichenen § 32f Abs. 3 BDSG-RefE. Offenbar ist der letzte Halbsatz in aller Hast übersehen worden.
Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
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4 Kommentare
Kommentare als Feed abonnierenJ. Sokianos kommentiert am Permanenter Link
Wie kann eine derart widersprüchliche Passage in der Begründung "übersehen" worden sein?
Erklärungsversuche, die auf "Übereilung und Hast" abstellen, verfangen nach meiner Einschätzung nicht. Denn immerhin verspricht die Politik schon seit Jahrzehnten eine Bereichsregelung zum Arbeitnehmerdatenschutz.
Was wohl Spiros Simitis dazu sagen würde?
Edit: Einen lesenwerten Kommentar liefert Heribert Prantel
http://sueddeutsche.de/karriere/arbeitnehmerdatenschutz-das-anti-skandal...
M. Kirsch kommentiert am Permanenter Link
Wenn man sich mal die Entscheidung des BAG zur verdeckten Videoüberwachun anschaut (BAG, Urteil vom 27.03.2003, Az.: 2 AZR 51/02 = NZA 2003, 1193ff) so stellt sich schon die Frage, ob ein gesetzlich normiertes absolutes Verbot heimlicher Videoüberwachung (und dem sich zwangsläufig daraus ergebenden Beweisverwertungsverbot) angesichts des grundsätzlich gewährleisteten Rechtsstaatsprinzips, dem grundrechtsähnlichen Recht auf rechtliches Gehör, der Eigentumsgarantie, der unternehmerischen Betätigungsfreiheit und etwaiger Notwehrrechte des Arbeitgebers tatsächlich verfassungsgemäß wäre.
Name kommentiert am Permanenter Link
@ #2: Ihr Rechtsverständnis ist sehr seltsam ... Natürlich ist das verfassungsgemäß: das Eigentum wird ja gerade dadurch geschützt, indem der Unternehmer einen Hinweis anbringt wie "der Kassenbereich wird videoüberwacht". Somit ist es keine verdeckte Überwachung mehr und Mitarbeiter, die an Manipulationen gedacht hatten, werden von ihrem kriminellen Tun abgeschreckt.
Sie erwarten im Straßenverkehr ja auch, dass Sie durch Verkehrsschilder an die ohnehin bestehenden Regeln erinnert werden und bremsen trotzdem vermutlich erst dann auf die korrekte Geschwindigkeit ab, wenn auf eine Radarkontrolle hingewiesen wird ...
M. Kirsch kommentiert am Permanenter Link
Das dürfte wohl eher eine recht undifferenzierte (schwarz/weiß?) Sichtweise, darstellen. Denn richtigerweise ist im Datenschutzrecht aufgrund des Zweckbindungsgrundsatzes zwischen den unterschiedlichen Zwecken des Datenumgangs zu differenzieren. Während eine offene Videoüberwachung regelmäßig präventive Zwecke verfolgt, verfolgt die verdeckte Videoüberwachung einen repressiven (nachträglich aufklärenden) Zweck, für welchen die offene Videoüberwachung aufgrund ihrer Bekanntheit auch gar nicht geeignet wäre.
Zudem übersehen Sie, dass eine Dauerüberwachung nach der Rechtsprechung des BAG ohnehin weder präventiv noch repressiv zulässig ist, Kassenbereich bilden da keine Ausnahme, weshalb der vermeintlichen Allgemeingültigkeit Ihrer Aussage im Hinblick auf präventiven Eigentumsschutz durch Videoüberwachung an dieser Stelle bereits erhebliche Bedenken entgegenstehen.
Es kann ja auch nicht ernstlich angenommen werden, dass die präventive Dauerüberwachung einer kurzfristigen und anlassbezogenen verdeckten Überwachung (welche nach der Rechtsprechung des BAG zu Recht auf absolute Ausnahmefälle beschränkt ist) bevorzugen wäre.
Das BAG führt in dem bereits zitierten Urteil zudem ausdrücklich aus:
und weiter
und weiter
und weiter
und weiter
Letztlich lässt das BAG die verdeckte Videoüberwachung nur in absolut engen Ausnahmefällen zu und dieser Auffassung ist zuzustimmen.
Bei einer Schwarz/Weiß-Politik, welche die verdeckte Videoüberwachung aber letztlich komplett ausschließt, stellt sich angesichts der Ausführungen des BAG daher die dringende Frage, ob ein solches Verbot nicht gegen die o.g. verfassungsmäßigen Rechte verstößt.