Verwerfung trotz Einspruchsrücknahme: Ist Urteil gegenstandslos?

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 12.09.2010

Kommt schon mal vor: Der Einspruch wird im OWi-Verfahren zurückgenommen - den Richter erreicht dies aber nicht mehr und er verwirft den Einspruch. Was nun?

Dogmatisch betrachtet führt die Einspruchsrücknahme zu einem Verfahrenshindernis. Die Rechtsbeschwerde gegen das Urteil wird daher erfolgreich sein (hierzu: BayObLG NZV 2002, 469). Ist nur der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde möglich, so wird das Verfahrenshindernis nicht berücksichtigt (OLG Brandenburg SVR 2007, 467; OLG Hamm VRR 2007, 76) - das "falsche" Urteil bleibt also bestehen. 

Nun hat sich das LG Berlin, NZV 2010, 421 zu dieser Rechtsprechung m.E. in vollen Widerspruch gesetzt im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens (die Einspruchsrücknahme war noch nicht einmal beim AG eingegangen, sondern verspätet weitergeleitet worden). Ein Verwerfungsurteil sei durch eine Einspruchsrücknahme (gemeint ist wohl das Verfahrenshindernis) "gegenstandslos":

"...Die verfahrensgegenständliche Akte befand sich zum Zeitpunkt der Abgabe der Rücknahmeerklärung bereits beim AG Tiergarten, was dem Betroffenen aufgrund der ihm am 4. 12. 2008 wirksam zugestellten Ladung zum Termin zur Hauptverhandlung am 3. 2. 2009 auch bekannt war. Weil vorliegend durch die Verwaltungsbehörde weder eine (unverzügliche) Weiterleitung der Rücknahmeerklärung an das AG Tiergarten noch eine entsprechende Benachrichtigung erfolgte, ist der Betr. dennoch so zu stellen wie er stünde, hätte die Rücknahmeerklärung dem AG zum Zeitpunkt seiner Entscheidung vorgelegen. Weil der Einspruch infolge der Rücknahme vernichtet ist, ist das Verwerfungsurteil des AG Tiergarten und damit auch die angefochtene Kostenentscheidung des Urteils gegenstandslos...."

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