Tipp für OWi-Richter (oder Verteidiger): So ist das Verwerfungsurteil nach unentschuldigtem Nichterscheinen zu begründen!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 20.09.2010

Ein echter Klassiker: Das Verwerfungsurteil nach unentschuldigtem Nichterscheinen des Betroffenen zum HVT im OWi-Verfahren. Hierzu hat ganz aktuell das OLG Oldenburg, Beschluss vom 31.08.2010 - 785 Js 20061/10 = BeckRS 2010, 21660 entschieden:

"...Die Feststellungen des angefochtenen Urteils beschränken sich darauf, dass der Betroffene trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne ausreichende Entschuldigung dem Hauptverhandlungstermin ferngeblieben sei. Das Urteil unterliegt bereits deshalb der Aufhebung, weil es sich nicht mit den Gründen, die den Betroffenen und seinen Verteidiger vom Erscheinen in der Hauptverhandlung abgehalten haben, auseinandersetzt. Grundsätzlich muss das Gericht die Umstände, die nach Auffassung des Betroffenen sein Fernbleiben entschuldigen sollen, ebenso ausführlich und vollständig darlegen wie seine eigenen, in diesem Zusammenhang angestellten Erwägungen. Nur so ist dem Beschwerdegericht die Überprüfung der Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit möglich (Brandenburgisches Oberlandesgericht JMBLBB 2005, 94; OLG Hamm NZV 2003, 294 ff; BayObLG NStZ 2002, 97; OLG Köln DAR 99, 40). Fehlen derartige Ausführungen, so beruht das Urteil darauf nur dann nicht, wenn die Betroffenen vorgebrachten Entschuldigungsgründe von vornherein offensichtlich ungeeignet wären, sein Fernbleiben zu entschuldigen (OLG Bamberg Beschluss vom 14.01.2009, 2 Ss OWi 1538/08; OLG Karlsruhe NZV 2006, 217; OLG Hamm a. a. O.).

Da der Senat infolge des Fehlens jeglicher Ausführungen nicht festzustellen vermag, ob das Amtsgericht die erforderliche Abwägung zwischen dem Interesse des Betroffenen an einer Terminsverlegung und demjenigen an einer möglichst reibungslosen Durchführung des Verfahrens vorgenommen hat, war das angefochtene Urteil bereits aufgrund dieses Darstellungsmangels aufzuheben. Der Umstand, dass sich das Amtsgericht in den Beschlüssen vom 21.06. und 23.06.2010 ausführlich mit den Terminsverlegungsanträgen auseinandergesetzt und seine zur Ablehnung der Anträge führenden Erwägungen dargelegt hat, vermag diesen Mangel nicht zu überwinden. Entscheidungen über Terminsverlegungsanträge können die Entscheidung über die Einspruchsverwerfung als solche nicht ersetzen. Das Amtsgericht hat nämlich in der Hauptverhandlung ohne Bindung an eine vorangegangene Ablehnung eines Antrages auf Terminsverlegung erneut zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer Einspruchsverwerfung vorliegen oder das Ausbleiben des Betroffenen genügend entschuldigt ist, und das Ergebnis dieser Prüfungen in den Urteilsgründen niederzulegen..."

Also: Nur, wenn gar nichts vorgetragen wird, reichen formularmäßige Gründe. Wird etwas vorgetragen, muss hierzu in den Urteilsgründen Stellung genommen werden.

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