Juristentag bekräftigt Tarifautonomie

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 23.09.2010

Einen breiten Konsens gab es auf dem 68. Deutschen Juristentag in Berlin hinsichtlich der Tarifautonomie. Der Antrag

Die Tarifautonomie ist eine tragende Säule der sozialen Marktwirtschaft. Sie hat entscheidend zu sozialem Frieden und Wohlstand beigetragen. Eine hohe Tarifbindung ist daher wünschenswert.

wurde einstimmig (252 ja, 0 nein) bei 4 Enthaltungen angenommen.

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5 Kommentare

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Sehr geehrter Herr Prof. Rolfs,

vielen Dank für den Hinweis. Der breite Konsens bzgl. einer hohen Tarifbindung ist vor dem Hintergrund der kürzlich "gekippten" Tarifeinheit bei Tarifpluralität interessant; möglicherweise haben Sie den Satz aus diesem Grund auch hervorgehoben.

Im Kollisionsfall führt die Ermittlung des vorrangigen Tarifvertrages nach dem Spezialitätsgrundsatz zu verfassungrechtlichen Problemen, wie das BAG inzwischen zutreffend erkennt. Dies rührt daher, dass regelmäßig der Tarifvertrag der Spartengewerkschaft verdrängt wird, was eine Verletzung der durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Koalitionsfreiheit darstellt. Auch eine gesetzliche Kodifikation der Tarifeinheit, die aktuell erwogen wird, wird nach meiner Einschätzung an dieser grundrechtlichen Hürde scheitern.

Doch lässt sich nun der genannte Satz des obigen DTJ-Antrags für diese Frage fruchtbar machen? Ich denke schon, sofern man die These zugrunde legt, dass eine schwache Stellung der Spartengwerkschaften konsequenterweise zu einer generell geringeren Tarifbindung führt.

Andererseits drängt sich eine ablehnende Haltung des abstimmenden Gremiums bzgl. der Tarifeinheit angesichts der Einstimmigkeit nicht unbedingt auf...

 

Wie schätzen Sie die Sache ein?

 

Mit freundlichen Grüßen,

Jannis Sokianos

Sehr geehrter Herr Sokianos,

man sollte den Beschluss nicht überbewerten. Bei der Abstimmung waren ganz überwiegend Vertreter der Arbeitgeberverbände und der Gewerkschaften anwesend. Dass die eine hohe Tarifbindung, die ja gleichbedeutend ist mit einer möglichst großen Anzahl von Mitgliedern, befürworten, ist normal. Nach meinem Eindruck ist dieser Beschluss nicht vor dem Hintergrund der Diskussion über die Tarifpluralität gefallen. Tarifpluralität war beim DJT kein Thema.

Mit freundlichen Grüßen

Rolfs

siehe dazu auch

http://anwaltverein.de/interessenvertretung/pressemitteilungen/pm-2810?PHPSESSID=e5a83ce5654152721c3e0eb5c4ab12ae

Angesichts der hohen verfassungsrechtlichen Hürden einer gesetzlichen Festschreibung des Grundsatzes der Tarifeinheit sollte eine sorgfältige Folgenabschätzung aller mit der Aufgabe des Grundsatzes der Tarifeinheit verbundenen Konsequenzen erfolgen. Erst danach kann über die Notwendigkeit und Zulässigkeit eines solch tief greifenden Einschreitens des Gesetzgebers befunden werden ... Am Ende der Debatte könnte auch die Erkenntnis stehen, dass es vielleicht besser wäre, auf gesetzgeberischen Beistand zu verzichten und es der Praxis zu überlassen, brauchbare Lösungen zu entwickeln ... Sollte es durch Arbeitskampfmaßnahmen von Spartengesellschaften tatsächlich zu einer Beeinträchtigung der Kampfparität kommen, wird die Judikatur und notfalls der Gesetzgeber entsprechend reagieren müssen"

Aus dem GG und der bisherigen Rechtsprechung lässt sich eher herauslesen, dass Kampfparität ein schützenswertes Rechtsgut ist (s.a. das Thema CGZP), nicht dagegen hohe Tarifbindung bzw. wenige Streiktage.

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Hallo Herr Prof. Rolfs,

vielen Dank für Ihre Einschätzung. Dem Eindruck der Überbewertung kann auch ich mich nach erneuter Lektüre meiner obigen Vermutung nicht gänzlich erwehren...

 

@ Mein Name:

vielen Dank für den Link. Allerdings sollte man davon ausgehen können, dass jedem Gesetzgebungsverfahren eine sorgfältige Folgenabschätzung vorausgeht... die Betonung dieser Prämisse durch den DAV kann aber auch nicht schaden :-)

 

Mit freundlichen Grüßen,

Jannis Sokianos

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