"nach der Scheidung" ist nicht nach der Scheidung

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 06.10.2010

In den Jahren 1992 bis 2009 haben die Familiengerichte eine Vielzahl von Versorgungsausgleichsverfahren entsprechend dem VAÜG ausgesetzt, da sich regeldynamische (West-) und angleichungsdynamische (Ost-) Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung gegenüberstanden. Gemäß § 50 I Nr. 2 VersAusglG sollen/müssen diese ausgesetzten Verfahren bis 31.08.2014 wiederaufgenommen werden.

Wie hoch ist der Verfahrenswert in diesen wiederaufgenommenen Verfahren?

Ausgangspunkt ist § 50 FamGKG:

In Versorgungsausgleichssachen beträgt der Verfahrenswert für jedes Anrecht 10 Prozent, bei Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung für jedes Anrecht 20 Prozent des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten.

Mit Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung sind diese ausgesetzten und nun wiederaufgenommenen Verfahren nicht gemeint.

Ausgleichsansprüche nach der Scheidung meint nur die Verfahren nach §§ 20 ff VersAusglG (schuldrechtlicher Versorgungsausgleich). Bei den nach VAÜG ausgesetzten und jetzt wiederaufgenommenen Verfahren bleibt es bei den 10% je Anrecht.

Dabei sind

  • Ost- und West-Anwartschaften verschiedene Anwartschaften, so dass sie einzeln zu zählen sind
  • auch Anwartschaften mitzurechnen, die (etwa wegen Unterschreitung der Bagatellgrenze) nicht auszugleichen sind. Siehe hier.

Einkommen ist das Einkommen zum Zeitpunkt des Scheidungsantrages, ggf. sind DM-Beträge in € umzurechnen. Kinderfreibeträge sind nicht abzuziehen. Ob nur Erwerbseinkommen gemeint ist (oder z.B. auch ALGII) ist strittig, dürfte aber zu keinen größeren Problemen führen, da der Mindestwert 1.000 € beträgt.

Beispiel:

Er verdient 3.000 € netto und hat Ost - und West-Anwartschaften in der ges. RV und eine betriebliche AV. Sie hat 2.000 € netto, Ost und West-Anwartschaften in der ges. RV und einen Riestervertrag.

(3000 + 2000) x 3 = 15.000

6 Anwartschaften = 60% von 15.000 = 9.000 € Verfahrenswert für den Versorgungsausgleich (nach altem Recht wären es nur 2.000 gewesen)

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