OLG Hamm: AGB-Klausel zur Verlängerung von Handy-Verträgen rechtswirksam

von Dr. Axel Spies, veröffentlicht am 07.10.2010

Schlechte Nachricht für alle, die ihren Mobilfunkanbieter schnell wechseln wollen:

 

Das OLG Hamm hat mit Urteil vom 08.04.2010 (Az. I-17 U 203/09) entschieden, dass die AGB-Klausel eines Mobilfunk-Service-Providers zulässig ist, nach der sich der Vertrag mit einer Laufzeit von 24 Monaten um 12 Monate verlängert, wenn er nicht schriftlich mit einer Frist von drei Monaten zum Ablauf der jeweils vereinbarten Laufzeit gekündigt wurde.

 

Der Kläger ist der Ansicht, die Klausel stelle eine unangemessene Benachteiligung des Kunden dar und sei damit eine unwirksame Laufzeitregelung.  Speziell bei Mobilfunkverträgen sei der Bedarf nur über einen begrenzten Zeitraum zu planen und darauf müsse bei der Laufzeit des Vertrages Rücksicht genommen werden. Insbesondere habe die Vorinstanz unberücksicht gelassen, dass nach neuestem europäischen Recht Verträge mit einer Laufzeit von 12 Monaten abgeboten werden müssten. Die Initiative ziele darauf ab, das Diktat einer Mindestlaufzeit von 24 Monaten zu brechen.

 

Das Gericht wies die Klage ab. Die Klausel sei nur dann unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigenen Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchsetze. Eine wesentliche Rolle spiele dabei, in wie weit der Vertragspartner in seiner persönlichen Entfaltung eingeschränkt sei. Von einer derartigen Beschränkung könne vorliegend jedoch nicht ausgegangen werden. Die Einschränkungen, die Verbraucher aufgrund einer Vertragslaufzeit von 24 Monaten und einer monatlichen Belastung von 49.95 € hinzunehmen hätten, seien vergleichsweise gering.

 

Bei einer geringeren Laufzeit sei zudem das Geschäftsmodell des Service-Providers in Frage gestellt. Dieser sei seinerseits nämlich ebenfalls verpflichtet, mit den Netzbetreibern Vertäge mit einer Laufzeit von 24 Monaten abzuschließen.

 

Daran ändere auch die europarechtliche Vorgabe nichts, wonach die Mitgliedstaaten bis Mai 2011 dafür Sorge zu tragen hätten, dass (u.a.) Mobilfunkverträge auch mit einer Höchstlaufzeit von 12 Monaten abgeschlossen werden können. Insbesondere lasse sich der Richtlinie nicht entnehmen, dass ein Service-Provider verpflichtet sei, Kunden Verträge mit Laufzeiten anzubieten, die er zu wirtschaftlichen Konditionen von seinen Lieferanten, den Netzbetreibern, jedenfalls derzeit faktisch nicht beziehen kann. Die zitierte Richtlinie spreche vielmehr gerade dafür, dass nach derzeitiger Rechtslage eine bis zu 24-monatige Vertragslaufzeit zulässig sei.

 

Urteilstext:

http://www.damm-legal.de/olg-hamm-agb-klausel-zur-automatischen-verlaeng...

 

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1 Kommentar

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abgesehen davon, dass die Klage angesichts der bisherigen Entscheidungen wenig Aussicht auf Erfolg hatte (da wollte wohl eine Verbraucherzentrale Rechtsgeschichte im Vorgriff auf die EU-Richtlinie schreiben), fällt mir folgendes auf:

"Auch der BGH hat wirtschaftliche Gründe und das Interesse des Verwenders an einer gesicherten Kalkulationsgrundlage in eine Abwägung nach § 9 Abs. 1 AGBG ausdrücklich einbezogen."  -- unbestritten.

OLG Hamm hier: "Die Beklagte hat vorgetragen, bei den hier streitgegenständlichen Laufzeitverträgen könne sie von ihren Lieferanten, den Netzbetreibern, ihrerseits praktisch nur Verträge mit einer Erstlaufzeit von 24 Monaten beziehen.  Soweit andere Varianten angeboten würden, seien diese unrentabel. Dem ist der Kläger nicht entgegengetreten." 

- das hätte er vielleicht mal tun sollen; diese Formulierung kann man nur als Wink mit dem Zaunpfahl interpretieren. Denn

1. ist es extrem unwahrscheinlich, dass Netzbetreiber den Serviceprovidern Mindestvertragslaufzeiten vorschreiben. Netzbetreiber sind an Netzauslastung interessiert und es ist viel mehr wahrscheinlich, dass sie mit Serviceprovidern (Rahmen-)Verträge über Gesprächs- und Datenvolumina haben. Die Darstellung des Providers ist stark anzuzweifeln.

2. "andere Varianten unrentabel" bedeutet nur, dass der Provider andere Vertragsmodelle nicht anbieten will. Niemand verbietet ihm, die Konditionen mit einem Gewinnaufschlag weiterzugeben. 

3. für eine monatliche Grundgebühr von fünfzig Euro gibt es nur zwei Erklärungen: entweder ein Flatrate-ähnlicher Tarif -- und dieser ist unabhängig von einer Vertragslaufzeit rentabel oder unrentabel (weil vom Nutzungsverhalten abhängig) oder ein teures Handy, das durch die Grundgebühr subventioniert wurde -- und hier ist einem Provider durchaus zuzumuten, auch Einjahresverträge anzubieten (dass durch eine Grundgebühr von dann hundert Euro dann die Subvention noch offensichtlicher wird, ist nur ein quantitativer Unterschied, aber kein juristisch relevanter!)

was mich allerdings bestürzt, ist, dass die zweifelnde Einschätzung des Gerichts "wenn sie ... ihrerseits aber Verträge mit einer Laufzeit von 24 Monaten mit den Netzbetreibern abschließen müsste" von einem Dr. iur. folgendermaßen wiedergegeben wird:

"Dieser sei seinerseits nämlich ebenfalls verpflichtet, mit den Netzbetreibern Vertäge mit einer Laufzeit von 24 Monaten abzuschließen."

Ich hoffe, dass derartige Verfälschungen in diesem Blog die Ausnahme bleiben...

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