Mit Mercedes keine PKH/VKH

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 27.10.2010

Der Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe für ein Zivilverfahren. Er ist Eigentümer eines Mercedes 280 im Wert von 13.000 €.

Antrag abgelehnt:

Mit 13.000,00 EUR übersteigt der Wert des Fahrzeugs bei weitem die nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII in Verbindung mit § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. b der Verordnung zur Durchführung von § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.d.F. des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 (BGBl I, 3022 [3060f.]) nicht einzusetzenden kleineren Barbeträge und sonstigen Geldwerte von 2.600,00 EUR für den Antragsteller zuzüglich 256,00 EUR für jede überwiegend vom Antragsteller unterhaltene Person (vgl. dazu BGH NJW-RR 2008, 1453 und Musielak/Fischer, ZPO, 7. Aufl. 2009, § 115 Rn. 43 m.w.N.).Der Antragsteller macht auch ohne Erfolg geltend, das Fahrzeug sei das einzige seiner Familie, die neben ihm aus seiner Ehefrau sowie zwei Kindern im Alter von 11 und 9 Jahren bestehe. Alleine daraus ergibt sich keine Notwendigkeit, einen Pkw zur Verfügung zu haben. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, dass der Verlust der Nutzungsmöglichkeit des Fahrzeugs für den Antragsteller und seine Familie eine Härte im Sinne von § 90 Abs. 3 SGB XII darstellt bzw. die angemessene Lebensführung durch den Verlust der Nutzungsmöglichkeit wesentlich erschwert würde

Weiter macht der Antragsteller zu Unrecht geltend, mit dem Pkw würden die Kinder regelmäßig zur Schule gefahren und abgeholt, außerdem die jüngere Tochter einmal wöchentlich zum Vereinssport. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, dass die notwendigen Wege nur mit einem Pkw bewältigt werden könnten. Wenn diese Wege nicht mehr mit dem Pkw zurück gelegt werden können, liegt darin keine wesentliche Erschwerung einer angemessenen Lebensführung. Aus dem Beschluss des OLG Koblenz vom 16.02.2004 - 13 WF 88/04, FamRZ 2004, 1880 ergibt sich nichts anderes. Der Entscheidung lässt sich zwar nicht entnehmen, für welche Fahrten mit dem Kind das Fahrzeug benötigt wird, doch setzt auch das OLG Koblenz Notwendigkeit voraus.

Wenn man einen Pkw für notwendig halten wollte, muss es kein Mercedes 280 im Wert von 13.000,00 EUR sein, weshalb das Landgericht zu Recht darauf hinwies, dass der Antragsteller ein günstigeres Fahrzeug erwerben könnte. Die allgemeine Erwägung des Antragstellers, mit dem Erwerb eines anderen Gebrauchtwagens seien Risiken verbunden, gebietet keine andere Beurteilung. Daraus ergibt sich nicht, dass die Beschaffung eines kleineren Ersatzfahrzeugs unwirtschaftlich wäre oder aus anderen Gründen unzumutbar ist.

OLG Stuttgart v. 09.04.2010 13 W 17/10

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7 Kommentare

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Die Voraussetzungen für die Gewährung von PKH-/VKH sind oftmals kaum nachvollziehbar. Einer meiner Mandanten ist Beamter und bekleidet einen recht lauen Job bei der Stadtverwaltung, den er mit 30 Wochenstunden, sommers wie winters in Sandalen gewandet und meist hinter der Lokalzeitung verborgen, abreißt. Dafür bekommt er aus nicht nachvollziehbaren besoldungsrechtlichen Gründen - er war einst zum richtigen Zeitpunkt in der richtigen Partei - 2.800,- Euro netto. Seinen üppigen Urlaub umkränzt er in steter Regelmäßigkeit mit Krankschreibungen, weil man vor dem Urlaub natürlich völlig fertig ist und sich auf der Rückreise im Flugzeug verkühlt hat.

 

Nach der Scheidung lebt er nunmehr alleine in einem großen Haus, das er einst für die Familie errichtet hatte, das aufzugeben aber natürlich nicht in Frage kommt. Über 150.000,- Euro Schulden sind noch abzutragen. Für Unterhaltsleistungen an seine Kinder findet er keinen Euro in den Taschen. Man möchte ja gerne alle 3 Monate in die Südsee fliegen, um "auch einmal zu leben".  Als er von der Mutter seiner Kinder auf Kindesunterhalt verklagt wurde, begehrte er VKH. Ich machte ihm ob seines Lebenswandels wenig Hoffnung, daß ihm diese bewilligt würde und habe daher davon abgesehen, mein Berechnungsprogramm überhaupt zu bemühen.

 

Doch, oh Wunder, das Familiengericht kam zu dem Ergebnis, daß ihm VKH zu bewilligen sei.  Dafür habe ich wenig Verständnis. Wer kein Haus sein Eigen nennt, das Geld statt dessen gespart hat, erhält selbstverständlich keine VKH/PKH. Wer sich völlig verschuldet und über seine Verhältnisse in einem überdimensionierten Haus lebt, kann staatliche Unterstützung beanspruchen. Mir wird es stets ein Rätsel bleiben, weshalb Hauseigentümer immer besondere Schonung verdienen, selbst wenn dies zulasten der Steuerzahler und der Unterhaltsgläubiger geht.

 

Ein gebrauchter Mercedes im Wert von 13.000,- Euro ist hingegen völlig inakzeptabel...

 

 

 

 

 

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Ähemm. Hat Ihr angeblicher Mandant denn vollständige und richtige Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen gemacht? Bei Hauseigentum und dem genannten Einkommen wäre wohl eine Kreditaufnahme (mit Belastung des Hausgrudnstücks) ohne Weiteres möglich und zumutbar.

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@Klabauter

 

Ganz meine Meinung. Ich halte den Welpenschutz für arme Hauseigentümer für wenig nachvollziehbar Wer meint, sich ein Haus leisten zu können oder müssen, sollte m.E. grundsätzlich keine PKH erhalten. Ein eigenes Haus ist in meinen Augen der größte Luxus, den man sich leisten kann. Gleichwohl gilt es in der Rechtsprechung - nicht nur im PKH-Bereich - offenbar als völlig unzumutbar, ein Haus zu veräußern, zu vermieten oder zu belasten.

 

Aus dieser Einstellung heraus glaubt heute jede Lebensgemeinschaft aus einem 22-jährigen Hilfsarbeiter und einer 20-jährigen Hauptschuldabbrecherin nebst 2 Kindern, kraft seiner Geburt einen gottgegebenen Anspruch auf ein eigenes Haus im Neubaugebiet von Hintertuttelbach zu haben, finanziert mit einem Nettoeinkommen in Höhe von 1.500,- Euro über einen Zeitraum von 37 Jahren, bei trübsten Zukunftsaussichten.

 

Zur Erinnerung: die Wirtschafts- und Finanzkrise ist durch die Immobilienblase in den USA ausgelöst worden, wo jeder Geringverdiener dank großartiger Bankberatung glaubte, sich ein eigenes Heim leisten zu können. Diese Menschen samt ihren Banken waren oder sind auch noch ernsthaft der Ansicht, ihre kleine Hütte hinter den sieben Bergen sei 250.000 wert und steige jährlich 5% im Wert - bis die Zwangsversteigerung kommt und großes Erstaunen herrscht, wenn der Sachverständige den Wert auf die Hälfte taxiert.

 

Wer sich bis über beide Ohren mit 200.000,- Euro verschuldet und abends in "sein" Heim zurückkehrt, erhält je nach Lage der Dinge PKH oder andere staatliche Unterstützung. Der fleißige, schuldenfreie Sparer, der sich mit einer Mietwohnung oder einem weit kleineren Häuschen begnügt, hingegen nicht. Er ist ja "reich". Für mich nicht recht verständlich. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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vielleicht liegt's daran, dass beim demnächst zu erwartenden Rentenniveau die Verteiler der (u.a. wegen der Bankenrettungen, Bonuszahlungen für deren Manager, Erbschaftsteuernachlässe, Atomstromsubventionen, zu wenigen Steuerprüfer der Finanzämter u.v.a.m. nicht mehr vorhandenen) Staatsknete um jeden Haushalt froh sind, für den sie keine 15 Jahre Mietkostenzuschuss bei der Sozialhilfe kalkulieren müssen? Für diese Ersparnisse in fünf- bis sechsstelliger Höhe kann man schon mal einen vierstelligen PKH-Kleckerlesbetrag raushauen...

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Es ist duchaus schwierig einem Mandanten zu erläutern, dass ein PKW mit fünfstelligem Wert zu veräußern ist, um mit dem Erlös seine Recht zu verfolgen.

Die Variante ein Anwesen zu belasten ist mir im hiesigen Gerichtsbezirk noch nicht unter gekommen.

Neu ist es auch -zumindest für mich-, dass ein Gericht Ausführungen zum VKV forderte. Das scheint in Hessen durchaus deutlich anders gehandhabt zu werden als in RLP. Hier wird meist darauf verzichtet. In VKH Anträgen findet sich dort meist nicht ein einziger Satz zu.

 

 

 

 

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@ Anna:

Zur Kreditaufnahme bei belastbarem Vermögen :

Siehe z.B. Nickel, FPR 2009, 391 unter "Hausgrundstücke" mti Nachweisen in FN 30.

 

 

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