Mietrechtsänderung: energetische Modernisierung und Duldung

von Dr. Klaus Lützenkirchen, veröffentlicht am 03.11.2010

Im Mietrechtsänderungsgesetz, wozu der Regierungsentwurf auf meiner Homepage unter „Aktuelles“ (www.ld-ra.de) abgerufen werden kann, ist erstmals die energetische Modernisierung definiert. Nach § 555a Abs. 1 Nr. 1 RegE liegt sie vor, wenn durch die geplante Maßnahme

  • nachhaltig der Wasserverbrauch reduziert wird oder
  • nachhaltig Primär- oder Endenergie eingespart (vgl. dazu BGH v. 24.9.2008 – VIII ZR 275/08, WuM 2008, 667 = GE 2008, 1485) oder
  • Energie effizienter genutzt oder
  • das Klima auf sonstige Weise geschützt wird.

An die energetische Modernisierung werden nach dem Willen der Bundesregierung einige Rechtsfolgen geknüpft, die sie entsprechend ihrer politischen Bedeutung privilegieren sollen. Welche inhaltlichen Vorgaben dabei gelten sollen und welche Fälle bedacht wurden, lässt auch die Begründung nicht erkennen. Sie ist eher am Zweck des Gesetzesvorhabens orientiert.

Gleichwohl soll an dieser Stelle nicht über Sinn und Unsinn spekuliert werden. Ich will unterstellen, dass das Gesetz gilt und aufzeigen welche Probleme aus meiner Sicht für die Praxis entstehen können. Vielleicht hilft es ja?

Also:

Bei der Duldungspflicht ist zu unterscheiden zwischen Maßnahmen, die der Mieter unbedingt dulden muss, und solchen, die er – wie bisher – nur dulden muss, wenn sie für ihn oder einen maßgeblichen Dritten keine Härte darstellen. Ohne Wenn und Aber sind zu dulden (vgl. § 555b Abs. 2 RegE)

  • Maßnahmen, die der Vermieter wegen einer rechtlichen Verpflichtung durchführt (zum in Hamburg gesetzlich angeordneten Einbau von Kaltwasserzählern: BGH v. 4.3.2009 – VIII ZR 110/08, WuM 2009, 290 = GE 2009, 646 = NZM 2009, 394), oder
  • eine energetische Modernisierung, die der Vermieter ohne entsprechende rechtliche Pflicht durchführt, für die er aber keine Mieterhöhung nach § 559 verlangt.

 Beide Tatbestände sind nicht unproblematisch:

  1. Wir haben an dieser Stelle schon einmal die Problematik diskutiert, dass sich eine Pflicht des Gebäudeeigentümers aus § 9 Abs. 3 EnEV ergeben kann, eine Wärmedämmfassade aufzubringen, sobald er mehr als 10% der Fläche sanieren will (vgl. beck-blog 30.08.2010 – Mieterhöhung wegen Instandsetzung der Fassade). Hier besteht also eine rechtliche Verpflichtung i.S.v. § 555b Abs. 2 Nr. 1 RegE. Der Vermieter ist gesetzlich verpflichtet, die Wärmedämmfassade aufzubringen. Ergo muss der Mieter ohne Ausnahme dulden. Kann er die Mieterhöhung nicht tragen, bleibt ihm nur die Kündigung (vgl. dazu b§ 555d RegE).
  2. Bei dem zweiten Tatbestand kann der Vermieter eine unbedingte Duldungspflicht des Mieters dadurch herbeiführen, dass er eine energetische Modernisierung (z.B. Heizungseinbau) ankündigt und auf die Erhöhung der Miete nach § 559 BGB ausdrücklich verzichtet. Dies kann für den Vermieter durchaus in Erwägung gezogen werden. Dadurch kann zunächst verhindert werden, dass der Mieter wegen einer exorbitanten Mieterhöhung auszieht. Zum ist eine Mieterhöhung nur nach § 559 BGB ausgeschlossen, eine solche nach § 558 BGB bleibt aber möglich. Dem Gesetzgeber ist das Verfahren zur Bildung der ortsüblichen Vergleichsmiete bekannt. Mithin kann der Vermieter im Rahmen der Ankündigung (vgl. § 555c Abs. 1 RegE) mitteilen, dass er keine Mieterhöhung nach § 559 BGB durchführt, nach Fertigstellung der Maßnahme dann aber innerhalb der Kappungsgrenze den durch § 558 BGB eröffneten Rahmen ausschöpfen und dabei selbst dann eine Erhöhung durchsetzen, die allein durch die Modernisierung begründet ist.

Beiden Tatbeständen kann der Mieter § 242 BGB nicht entgegenhalten (Ausnutzen einer formalen Rechtsposition). Der Gesetzgeber wünscht die absolute Privilegierung gesetzlich angeordneter Maßnahmen und der energetischen Modernisierung, für die der Vermieter keine 11% geltend macht.

Problematisch wird die Situation, wenn der Vermieter eine gemischte Maßnahme durchführen will, also z.B. Heizungseinbau, bessere Isolierglasfenster und Balkonanbau, wobei die beiden letzten Maßnahmen keine Mieterhöhung nach § 559 BGB nach sich ziehen sollen.

Hat der Vermieter bisher in seinem 6-Parteien-Haus eine vor dem 1.1.1990 eingebaute Elektrospeicherheizung betrieben, muss diese zum 1.1.2020 abgeschafft werden (vgl. § 10a EnEV). Damit liegt ein Fall von § 555b Abs. 2 Nr. 1 RegE vor.

Die besseren Isolierglasfenster begründen den Fall des § 555b Abs. 2 Nr. 2 RegE: es liegt eine energetische Modernisierung vor, aus der der Vermieter keine Mieterhöhung von 11% (§ 559 BGB) herleiten will.

Bis hierhin besteht kein Problem. Beide Maßnahmen sind zu dulden, § 555b Abs. 2 RegE. Was aber ist mit dem Balkonanbau, zumal hier eine technische Abhängigkeit zum Fenstereinbau besteht? Immerhin muss der Vermieter auch neue Balkontürelemente mit Isolierverglasung bestellen?

M.E. muss der Vermieter mit der Durchführung des Fenstereinbaus warten, bis die Duldungspflicht insgesamt festgestellt ist oder nicht. Er kann aus dem Verzicht auf die Mieterhöhung nach § 559 BGB und die technische Abhängigkeit (Balkontüre) keine Privilegierung der dritten Maßnahme erreichen. Mit dem Heizungseinbau kann er natürlich anfangen.

 

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Ein tolles Praxisbeispiel: Wenn das Austauschen von Fenstern und das Dämmen der Wände beispielsweise 20 000 Euro gekostet haben, dürfe die Jahresmiete
um bis zu 2200 Euro steigen. „Das macht im Monat stolze 183 Euro, die der Mieter mehr zahlen muss“, rechnet Ropertz vor.

http://www.lvz-immo.de/q/-themen/ratgeber/wp_75/wp_8577/KateGebaeudesanierung-rechtfertigt-Mieterhoehung

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