Nur reduzierte Einigungsgebühr bei der Beantragung von Prozesskostenhilfe für den Mehrvergleich

von Dr. Hans-Jochem Mayer, veröffentlicht am 11.11.2010

Die vergütungsrechtliche Behandlung eines Vergleichsmehrwerts ist insbesondere dann nicht unproblematisch, wenn beantragt werden muss, die bewilligte Prozesskostenhilfe auch auf den Vergleichsmehrwert zu erstrecken. Nach Auffassung des LAG Baden-Württemberg – Beschluss vom 07.09.2010 - 5 Ta 132/10 - entsteht – anders als ohne Prozesskostenhilfeantrag – für die beteiligten Anwälte hinsichtlich der nicht anhängigen Gegenstände nur eine 1,0 Einigungsgebühr, weil allein schon bereits aufgrund des Antrags, dass die Prozesskostenhilfe auf die im Vergleich abzuhandelnden, nicht anhängigen Gegenstände auszudehnen ist, ein gerichtliches Verfahren anhängig gemacht worden sei. Die zweite Alternative in Abs. 1 Satz 1 der Anmerkung zum Vergütungstatbestand Nr. 1003 VV RVG (Beantragung von Prozesskostenhilfe für die gerichtliche Protokollierung eines Vergleichs) soll nach Auffassung des LAG Baden-Württemberg nur für solche Fallgestaltungen gelten, in denen das Gericht lediglich für die Protokollierung eines bereits vollständig ausgehandelten Vergleichs in Anspruch genommen wird. Eine eindeutige Grundlage für diese Differenzierung lässt sich jedoch meiner Auffassung nach dem Gesetz nicht entnehmen. Auch wird mit der vom LAG Baden-Württemberg vertretenen Rechtsauffassung der Wille des Gesetzgebers konterkariert, durch die Einbeziehungen nicht anhängiger Gegenstände in einem Vergleich prozessökonomisches und Justizressourcen sparendes Verhalten zu belohnen. Und wo bleibt die verfassungsrechtlich gebotene weitgehende Gleichstellung von Bemittelten und Unbemittelten durch Prozesskostenhilfe, wenn der eine Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmende Partei vertretende Anwalt nicht nur für die gegenüber der Wahlanwaltstabelle niedrigeren Prozesskostenhilfegebühren arbeiten muss, sondern auch noch durch die Reduzierung der Einigungsgebühr dafür bestraft wird, weil er für seine Partei die Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf dem Mehrvergleich beantragen muss.

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