Wenn die Ex vollstreckt

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 07.12.2010

Der Schuldner ist rechtskräftig verurteilt worden, an die Gläubiger einen Schießstand(Flurstück 876) sowie eine Abstellhalle und eine Freifläche nebst Zugangstoren (Flurstück 874) herauszugeben.

Die Gläubiger - es handelt sich bei ihnen um die Exehefrau des Schuldners und deren neuen Ehemann - betreiben die Räumungsvollstreckung.

Der Schuldner beantragt Räumungsschutz gemäß § 765 a ZPO unter anderem mit der Begründung, er habe gegen seine Ex Zugewinnausgleichsanprüche von mehr als 100.000 €, die diese nur durch Übereignung des Grundstücks 876 erfüllen könne (dolo facit …)

Das Argument hat den BGH nicht überzeugt:

Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts ist es noch völlig offen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Schuldner gegen die Gläubigerin zu 2 einen Anspruch auf Zugewinnausgleich hat. Über den Anspruch auf Zugewinnausgleich ist noch nicht rechtskräftig entschieden. Mit einer Entscheidung ist nach Darstellung der Rechtsbeschwerde auch kurzfristig nicht zu rechnen. Soweit das Familiengericht einen Ausgleichsanspruch von mehr als 111.000 € errechnet hat, handelt es sich dabei lediglich um eine vorläufige und unverbindliche Berechnung.

Es kann auch nicht angenommen werden, dass dem Schuldner aufgrund eines - unterstellten - Zugewinnausgleichsanspruchs das Eigentum am Grundstück 876 zu übertragen wäre und er damit wieder den Besitz und die Nutzungen des Grundstücks 876 erlangen würde. Dem steht entgegen, dass die Gläubigerin zu 2 nicht Alleineigentümer, sondern - neben dem Gläubiger zu 1, ihrem neuen Ehemann - lediglich Miteigentümer dieses Grundstücks ist. Das Familiengericht kann zwar nach § 1383 BGB anordnen, dass der Schuldner des Ausgleichsbetrages dem Gläubiger bestimmte Gegenstände seines Vermögens unter Anrechnung auf die Ausgleichsforderung zu übertragen hat, wenn dies erforderlich ist, um eine grobe Unbilligkeit für den Gläubiger zu vermeiden, und wenn dies dem Schuldner zugemutet werden kann. Die Begründung einer Bruchteilsgemeinschaft zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger zu 1 dürfte der Gläubigerin zu 2 wegen der zu erwartenden Verwaltungs- und Nutzungsstreitigkeiten zwischen ihrem geschiedenen und ihrem neuen Ehemann jedoch wohl kaum zumutbar sein. Selbst wenn dem Schuldner der Miteigentumsanteil der Gläubigerin zu 2 am Grundstück zu übertragen wäre, wäre er allein aufgrund seiner Rechtsstellung als Miteigentümer neben dem Gläubiger zu 1 nicht zum Besitz und zur Nutzung des Grundstücks berechtigt.

Im Übrigen führt die Räumung der Grundstücke auch deshalb nicht zu einem mit Blick auf einen möglichen Zugewinnausgleichsanspruch untragbaren Ergebnis für den Schuldner, weil seine möglichen Ausgleichsansprüche dadurch gesichert sind, dass zu seinen Gunsten aufgrund eines dinglichen Arrestes Zwangssicherungshypotheken auf den Miteigentumsanteilen der Gläubigerin zu 2 an den Grundstücken eingetragen sind.

Die Rechtsbeschwerde macht vergeblich geltend, eine sittenwidrige Härte sei darin zu sehen, dass die beabsichtigte Vollstreckung gegen das Schikaneverbot verstoße. Dass die Gläubiger die Zwangsvollstreckung nur betreiben, um dem Schuldner einen Schaden zuzufügen, ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts durch nichts belegt. Verbalen Entgleisungen der Gläubiger sind - wie das Beschwerdegericht mit Recht angenommen hat - nicht geeignet, den Vollstreckungsschutzantrag des Schuldners zu begründen.

BGH v. 18.11.2010 - I ZB 85/10 = BeckRS, 2010, 2903

 

 

 

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