BAG: Pauschale Abgeltung von Überstunden wegen Intransparenz unwirksam

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 08.12.2010

Das BAG hat entschieden, dass die formularmäßige Vereinbarung "erforderliche Überstunden sind mit dem Monatsgehalt abgegolten" unwirksam ist. Sie verstößt gegen das AGB-rechtliche Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), wenn sich der Umfang der danach ohne zusätzliche Vergütung zu leistenden Überstunden nicht hinreichend deutlich aus dem Arbeitsvertrag ergibt (Urt. vom 1.9.2010 - 5 AZR 517/09, BeckRS 2010, 74881).

Der Kläger war bei der Beklagten als Leiter des Hochregallagers beschäftigt. Sein Arbeitsvertrag lautete auszugsweise:

Für seine Tätigkeit erhält der Arbeitnehmer ein monatliches Bruttogehalt iHv. Euro 3.000,00.

Das Bruttogehalt bezieht sich auf 45 Arbeitsstunden wöchentlich. Davon sind 38 Normalstunden und 7 Mehrarbeitsstunden. Die Mehrarbeitsstunden können im Falle betrieblicher Erfordernisse jederzeit ganz oder teilweise abgebaut und verrechnet werden.

Mit der vorstehenden Vergütung sind erforderliche Überstunden des Arbeitnehmers mit abgegolten.

Die Beklagte führte für den Kläger ein Arbeitszeitkonto, dem eine wöchentliche Sollarbeitszeit von 45 Stunden zugrunde lag. Alle darüber hinausgehenden Arbeitsstunden wurden dem Arbeitszeitkonto als „Mehrarbeit“ gutgeschrieben. Im laufenden Arbeitsverhältnis wurden diese Mehrarbeitsstunden teilweise durch Freizeit ausgeglichen. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses wies das Arbeitszeitkonto ein Guthaben von 102 Stunden aus, deren Bezahlung der Kläger forderte. Das BAG hat seiner Klage entsprochen.

Eine die pauschale Vergütung von Mehrarbeit regelnde Klausel sei nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergebe, welche Arbeitsleistungen von ihr erfasst werden sollen. Andernfalls ließe sich nicht erkennen, ab wann ein Anspruch auf zusätzliche Vergütung besteht. Der Umfang der Leistungspflicht müsse so bestimmt oder zumindest durch die konkrete Begrenzung der Anordnungsbefugnis hinsichtlich des Umfangs der zu leistenden Überstunden so bestimmbar sein, dass der Arbeitnehmer bereits bei Vertragsschluss erkennen könne, was ggf. „auf ihn zukommt“ und welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen müsse. Diesen Anforderungen entspreche die vertragliche Vereinbarung der Parteien nicht. Aufgrund der Unklarheit der Pauschalierungsklausel bestehe die Gefahr, dass der Arbeitnehmer in der Annahme, er habe keinen Rechtsanspruch auf eine gesonderte Überstundenvergütung, seinen Anspruch nicht geltend mache.

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