Altersdiskriminierung durch Selbtbeschreibung des Arbeitgebers?

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 13.12.2010

Es stellt ein Indiz (§ 22 AGG) für eine Diskriminierung wegen des Alters dar, wenn der Arbeitgeber in einer Stellenanzeige nach einer/einem "jungen" Mitarbeiter/in sucht (BAG, Urt. vom 19.08.2010 - 8 AZR 530/09, BeckRS 2010, 74407).

Das LAG Hamburg musste in einem jetzt veröffentlichten Urteil (vom 23.06.2010 - 5 Sa 14/10, NZA-RR 2010, 629) über die Frage entscheiden, ob dies auch für den Fall gilt, dass der Arbeitgeber lediglich in seiner Selbstbeschreibung die Mitarbeit in einem "jungen Team" avisiert hat. Konkret lautete die Stellenausschreibung:

Ihre Aufgaben:
  • Neukundenakquise und Ausbau des Potenzials bei bestehenden Kunden;
  • Recruiting, Betreuung und Disposition von Mitarbeitern;
  • Koordination und Betreuung der Einsätze von Mitarbeitern in Kundenbetrieben;
  • Anwendung des Tarifvertrags und des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes.

Sie bringen mit: 

  • kaufmännische Ausbildung, gerne auch Studium;
  • Berufserfahrung in einer Dienstleistungsbranche, idealerweise in der Zeitarbeit;
  • Kommunikationsstärke, Spaß an der Arbeit und im Umgang mit Menschen;
  • Eigeninitiative, Selbständigkeit, Sozialkompetenz und Stressresistenz.

Wir bieten Ihnen:

  • eigenverantwortlich und selbständig zu bearbeitendes Aufgabengebiet;
  • Dienstwagen, auch zur privaten Nutzung;
  • erfolgsorientierte Zusatzleistungen bei einem überdurchschnittlichen Grundgehalt;
  • die Möglichkeit eigene Ideen und Vorstellungen in ein junges, erfolgreiches Team einzubringen. (Hervorhebung von mir)

Das LAG hat die Frage bejaht: Wenn einen Bewerber ein „junges Team” erwartet, werde der durchschnittliche Leser einer Anzeige auch wissen, dass er eher in dieses Team passe, wenn er selber ein entsprechendes Alter mitbringe, und das liege sicherlich nicht über 50 Jahre (dem Alter des Klägers). Hieran ändere sich auch nichts dadurch, dass zugleich Berufserfahrung gewünscht werde. Das bedeute zunächst nur, dass Berufsanfänger nicht gewünscht seien, aber auch jemand etwa Ende zwanzig könne schon hinreichende Erfahrung mitbringen. Nach allgemeiner Lebenserfahrung bestehe damit eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor einer Benachteiligung.

Obwohl der erhebliche Verdacht bestand, dass der Kläger - der für die ausgeschriebene Stelle kaum qualifiziert war und bereits eine Reihe anderer AGG-Entschädigungsklagen erhoben hatte - die Klage als sog. "AGG-Hopper" rechtsmissbräuchlich erhoben hatte, hat das LAG ihm eine Entschädigung in Höhe von zwei Monatsgehältern zugesprochen.

 

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6 Kommentare

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Man könnte "junges Team" aber auch so verstehen, dass das Unternehmen erst kürzlich gegründet wurde und die Belegschaft in ihrer Funktion daher als "jung" einzustufen ist. Aber man muss natürlich den Willen haben das so zu sehen ...

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@ #1: da spricht der erfahrene Bibelausleger ... *Ironie aus*

Wer auch nur mal in die Nähe von Berufserfahrung gekommen ist, kennt das Synonym für "junges" Team: billiges Team

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Da sieht man mal wieder wie seltsam diese Regelungen sind.

Aus falsch empfundenem Gerechtigkeitswahn wird die Gestaltungsfreiheit der Handelnden hier immer weiter eingeschränkt.

Wenn jetzt auch noch anonyme Bewerbungsverfahren kommen, können sich die Arbeitgeber die Bewerber bald genausogut auch aus der Lostrommel ziehen, egal, ob sie in den Betrieb passen, qualifiziert sind oder sich bemühen.

Wenn ungeeignete Kandidaten halt einfach nicht zum Zug kommen, probieren sie es heutzutage juristisch, das AGG liegt ihnen ja zu Füßen.

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Richtig.

 

Und frei nach Frau von der Leyen ist echte Gleichstellung ja auch erst erreicht, wenn alle wichtigen Positionen mit unfähigen Frauen besetzt sind.

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@ Harry #3: sagt Ihnen der Begriff "Probezeit" etwas? § 622 BGB vielleicht sogar?

Um in Ihren Metaphern zu bleiben: eine nicht diskriminierende Lotterie ist allemal besser als eine diskriminierende: http://www.zeit.de/gesellschaft/2010-02/studie-bewerber-auslaendische-namen

Dumme muss man eben zu ihrem Glück zwingen - auch dumme Arbeitgeber und den Präsidenten, den sie sich ausgesucht haben (vielleicht wäre bei anonymem Auswahlverfahren jemand herausgekommen, der seine Missmanagementkompetenz nicht so deutlich zeigt wie beim VfB Stuttgart): http://www.spiegel.de/unispiegel/jobundberuf/0,1518,645054,00.html

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