7.000 Euro Entschädigung für Videoüberwachung

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 01.02.2011

Das Hessische Landesarbeitsgericht hat einen Arbeitgeber in einem jetzt bekannt gewordenen Urteil zur Zahlung einer Entschädigung von 7.000 Euro verurteilt, weil er eine Mitarbeiterin mindestens seit Juni 2008 an ihrem Arbeitsplatz permanent mit einer Videokamera überwachte (Urteil vom 25. Oktober 2010 - 7 Sa 1586/09). Die 24-jährige kaufmännische Angestellte arbeitete in einer hessischen Niederlassung eines bundesweit tätigen Unternehmens. Gegenüber der Eingangstür des Büros hatte der Arbeitgeber eine Videokamera angebracht, die nicht nur auf den Eingangsbereich, sondern im Vordergrund auch auf den Arbeitsplatz der Klägerin gerichtet war. Mit der im Oktober 2008 eingegangenen Klage machte die Mitarbeiterin Schadensersatzansprüche wegen Persönlichkeitsverletzung geltend. Das Arbeitsgericht Wetzlar verurteilte den Arbeitgeber zur Zahlung einer Entschädigung von 15.000 Euro (Urteil vom 01.09.2009 – 3 Ca 211/08).

Arbeitnehmerin wusste von der Überwachung

Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung hatte nur zum Teil Erfolg. Weder das Arbeitsgericht noch das Landesarbeitsgericht ließen die Einwendungen des Arbeitgebers gelten. Der Arbeitgeber hatte sich im Prozess damit verteidigt, dass die Kamera nicht ständig in Funktion gewesen und nur zur Sicherheit der Mitarbeiter angebracht worden sei, weil es in der Vergangenheit schon zu Übergriffen auf Mitarbeiter gekommen sei. Dennoch, so argumentierte das Hessische  Landesarbeitsgericht, sei der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiterin unverhältnismäßig. Eine Ausrichtung der Kamera nur auf den  Eingangsbereich des Büros wäre möglich gewesen. Es sei auch unerheblich, dass die Kamera nicht ständig in Funktion war. Allein die Unsicherheit darüber, ob die Kamera tatsächlich aufzeichne oder nicht, habe die Mitarbeiterin einem ständigen Anpassungs- und Überwachungsdruck ausgesetzt, den sie nicht hinnehmen musste, nachdem sie sich bereits früh gegen die Installation der Videokamera gewandt hatte.

LAG Hessen hält Überwachung dennoch für eine "eine schwerwiegende und hartnäckige Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts"

Es handele es um eine schwerwiegende und hartnäckige Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts, die nach Abwägung aller Umstände die Verurteilung zu einer Entschädigung von 7.000 Euro rechtfertige. Die Zubilligung einer Geldentschädigung im Falle einer solchen schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung beruhe auf dem Gedanken, dass ohne einen Entschädigungsanspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktionen blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Bei der Entschädigung stehe regelmäßig der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund.

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1 Kommentar

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Endlich geht es mal ans Eingemachte (=Geld)! Offenbar wird einem bestimmten Schlag von Arbeitgebern nur so klar, wie schwerwiegend die Videoüberwachung in grundrechtlich (Drittwirkung!) geschützte Positionen der Arbeitnehmer eingreift.

Allerdings halte ich es im vorliegenden Fall mit dem ArbG Wetzlar: Für eine nahezu permanente Videoüberwachung über rund ein Jahr ist eine Entschädigung von 15.000€ angemessen.

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