Arbeitsrichter in die Betriebe?!

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 07.02.2011

Viele Arbeitgeber wünschen sich, dass die Richterinnen und Richter der Arbeitsgerichtsbarkeit häufiger mal ein Betriebspraktikum machen, um ihre Probleme bei der Anwendung des komplexen deutschen Arbeitsrechts besser verstehen zu können. Jetzt haben sie in einem prominenten Fall Erfolg - wenn auch vielleicht nicht ganz so, wie sich die meisten unter ihnen das vorgestellt haben:

Langjähriger Direktor des Arbeitsgerichts Bochum wird Azubi

Nach seiner Pensionierung beginnt der langjährige Direktor des ArbG Bochum, Dr. Franz-Josef Jasper, im März eine Lehre als Tischlerlehrling. Das berichtet die DerWesten.de. Arbeiten mit Holz sei seit jeher seine Leidenschaft gewesen, zitiert ihn das Blatt. Und: „Ich will keine Extrawurst, sondern so behandelt werden wie alle Azubis.“ Immerhin wird seine Lehrzeit von drei auf zweieinhalb Jahre verkürzt - der Mann hat schließlich Abitur. Ob er auch für den Betriebsrat kandidieren will, ist nicht bekannt. Für die Jugend- und Auszubildendenvertretung ist er aber definitiv zu alt.

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4 Kommentare

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Eine gute Idee -- und ich kann jedem Arbeitsrichter nur empfehlen, sich mal inkognito als arbeitsloser Akademiker jenseits der 40 bei einer Zeitarbeitsfirma zu bewerben, im Falle der Einstellung auf sein übliches Gehalt zu verzichten - z.B. unbezahlten Urlaub zu nehmen - und zu versuchen, mindestens zwei Monate mit dem über die Runden zu kommen, was er dabei verdient.

Die Damen und Herren werden recht schnell die auf deutschen Druck hin gebratene Extrawurst  der Tarifautonomie für die Menschenvermietung mit realistischen Augen sehen und die Franzosen und Österreicher um ihre Weisheit beneiden ...

Allein... was sie kritisieren ist ein Werk des Gesetzgebers, nicht des Gesetzanwenders. Sie sollten den Vorschlag so modifizieren, dass sie ihn nunmehr an die Politiker in Bundestag und Bundesregierung richten. 

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In vielen Fällen wäre es sehr hilfreich, wenn sich der Richter nach Vorliegen der Klageschrift und der Klageerwiderung die Zeit nehmen würde, in einem spontanen Termin vor Ort die Verhältnisse anzuschauen und die Beteiligten und/oder Zeugen am Ort des Geschehens anzuhören. Eine solche Unmittelbarkeit zu ermöglichen wäre eine echte Reform des Verfahrensrechtes und würde manch taktisch motiviertes Verhalten zu Gunsten der Aufklärung der tatsächlichen Verhältnisse begrenzen.

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Eine sehr begrüßenswerter Vorfall. Leider weiss jeder Praktiker, dass viele Arbeitsrichter sehr lebensfremd unterwegs sind. Das ist zwar einerseits verzeihlich, aber wenn dann noch Überheblichkeit mit mangelndem Sachverstand hinzu kommt, dann muss man sich tatsächlich große Sorgen machen.

 

Viele Mandanten haben mir gegenüber tatsächlich angezweifelt, ob manche Richter überhaupt eine ordentliche Ausbildung haben, denn in manchen Fällen musste man leider immer wieder Denklücken feststellen. Ob das jetzt bloß für den Arbeisgerichtsbezirk Düsseldorf und Köln gilt, weiss ich nicht, aber jedenfalls ist dort ein gewisses Niveau-Gefälle nicht von der Hand zu weisen.

 

Viele meiner Kollegen habe ähnliche Erfahrungen machen müssen, allerdings hält man sich halt gerne mit entsprechender Kritk zurück, solange man auf die Damen und Herren Richter angewiesen ist.

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