Unbegrenzter Einwendungsausschluss

von Dr. Klaus Lützenkirchen, veröffentlicht am 08.02.2011

Trotz der im Ergebnis überraschenden Entscheidung, dass selbst bei Vereinbarung einer Teilinklusivmiete der Einwendungsausschluss des § 556 Abs. 3 S. 5 BGB gilt, bin ich bisher davon ausgegangen, dass zwischen den Parteien (daneben) eine Umlagevereinbarung bestehen muss. Im bisher entschiedenen Fall war diese Konstellation gegeben (BGH v. 10.10.2007 - VIII ZR 279/06, NZM 2008, 81). Nun stellt der BGH klar, dass es allein auf die Abrechnung ankommt. Im konkreten Fall hatte der Vermieter über die - nach dem Vertrag - von einer Pauschale erfassten Betriebskosten abgerechnet (BGH v. 12.1.2011 - VIII ZR 148/10). Daneben waren zwar Kosten für Warmwasser und Heizung umlegbar. Der BGH stellt aber für die Geltung der Einwendungsausschlussfrist allein auf den Sinn und Zweck des § 556 Abs. 3 S. 5 BGB ab. Danach soll erreicht werden, dass der Vermieter innerhalb einer absehbaren Zeit nach Ablauf des Abrechnungszeitraums eine Abrechnung erteilt und sodann innerhalb des gleichen - weiteren - Zeitraums Klarheit über die wechselseitig geltend gemachten Ansprüche erzielt wird (BGH v. 10.10.2007 - VIII ZR 279/06, NZM 2008, 81). Dieser Zweck greift auch durch - so der BGH -, wenn eine Pauschale vereinbart ist. Mir sträuben sich die Nackenhaare. Der Mieter, mit dem eine Pauschale vereinabrt ist und dem der Vermieter eine Abrechnung erteilt, wird die Abrechnung zur Kenntnis nehmen und im Übrigen den Vermieter für verrückt erklären. Immerhin steht schon im Gesetz (vgl. §§ 556 Abs. 2, 560 BGB), dass über eine Pauschale nicht abgerechnet werden kann. Es war das erklärte Ziel des Gesetzgebers bei der am 1.9.2001 in Kraft getretenen Reform, den Parteien die Mölichkeit zu geben, durch Blick in das Gesetz herauszufinden, wo die jeweiligen Rechte und die Pflichten liegen. Der durchschnittlich gebildete, rechtlich uind betriebswirtschaftlich nicht geschulte Mieter, dessen Rat der BGH so gerne heranzieht, der sich an diese Maxime des Gesetzugebers hält, wird im Leben nicht darauf kommen, dass trotz vereinbarter Pauschale für ihn § 556 Abs. 3 BGB gilt. Immerhin wird dieser Absatz eingeleitet: "Über die Vorauszahlungen für Betrioebskosten ist ..." Da Abs. 2 die Pauschale behandelt, findet - so der durchschnittlich gebildete.... (in meiner Parson) - Abs. 3 Anwendung, wenn Vorauszahlungen vereinbart sind. Falsch: Wahrscheinlich komkmt der Vereinfachungswille des Gesetzgebers nicht hinreichend in den Formulierungen zum Ausdruck. Denn nun wissen wir, es kommt nicht auf die Vereinbarung an, sondern ob der Vermieter abrechnet. Haben die Parteien also eine Bruttomiete vereinbart und beginnt der Vermieter irgendwann - z.B. nach Kenntnis der Entscheidung vom 12.1.2011 - über Betriebskosten abzurechnen, wird der Mieter ihn sicherlich für - nun endlich - komplett durchgeknallt halten. Nach einem Jahr ist er dann aber zweiter Sieger, weil nicht mehr der Vertrag bindend ist, sondern der Vermieter den Vertrag einseitig änden konnte. Ich verstehe das nicht. Aber ich bin zugegebenermaßen auch kein Mieter.

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1 Kommentar

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Sehr seltsame Entscheidung. Interessant wäre gewesen, zu erfahren, wie der BGH das in Einklang mit § 560 Abs. 1 BGB bringen will. Danach sind Erhöhungen einer BK-Pauschale nur möglich, wenn das im Mietvertrag vereinbart ist, das Erhöhungsverlangen in Textform erklärt und begründet wird.

Wenn eine einfache "Abrechnung" über den Einwendungsausschluss dazu führen kann, dass trotz Vereinbarung einer Pauschale Nachzahlungen geleistet werden müssen, dann kommt das de facto doch einer Erhöhung der Pauschale gleich. An den Voraussetzungen des § 560 Abs. 1 BGB dürfte es dabei jedoch fehlen. In der Entscheidung vom 12.01. findet sich dazu jedoch nichts.

Ich verstehe das auch nicht :)

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