Urteil im Winnenden-Prozess: Freiheitsstrafe wegen fahrlässiger Tötung

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 10.02.2011

Im Stuttgarter Verfahren gegen den Vater des Schülers, der im März 2009  15 Menschen erschoss, hat das Gericht eine Freiheitsstrafe von 21 Monaten verhängt (Quelle). Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Das Urteil blieb etwas unter dem staatsanwaltlichen Antrag. Offenbar hat sich das Gericht - wie schon absehbar - der Auffassung angeschlossen, dass bei unzureichender Aufbewahrung von Waffe und Munition auch eine Verantwortung für die dadurch ermöglichte mit der Waffe begangene Tat besteht. Dies ist, wie auch hier im Blog diskutiert wurde (hier und hier), keineswegs selbstverständlich, vor allem, weil eine solche exzeptionelle Tat kaum vorhersehbar sein dürfte. Geht man allerdings von dem Wissen um die generelle Gefährlichkeit von Schusswaffen bei deren missbräuchlicher Verwendung aus und davon, dass die Aufbewahrungspflichten gerade dazu dienen sollen, solche Missbräuche zu verhindern, ist eine Bestrafung wegen fahrlässiger Tötung vertretbar. Allerdings ist m.E. die besondere Schwere dieses speziellen Delikts für den Vater nicht vorhersehbar gewesen, so dass zutreffend den - emotional verständlichen - Anträgen der Nebenklagevertreter, eine Freiheitsstrafe ohne Aussetzung zur Bewährung zu verhängen, nicht gefolgt wurde.

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4 Kommentare

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Die Urteilsbegründung wird sicher mit Spannung erwartet - die Würdigung der einzelnen "Kettenglieder" zur fahrlässigen Tötung (z.B. im Lösungsschema hier"Danach könnte die Strafbarkeit des Vaters an der objektiven Vorhersehbarkeit des Erfolgseintritts, der objektiven Zurechnung und im Rahmen der Schuld an der subjektiven Vorhersehbarkeit scheitern") ist ja nicht unumstritten. Ein Freispruch hätte jedoch die Formel "Im Namen des Volkes" sicher überstrapaziert ...

Für die Nebenkläger und anderen Geschädigten wird es wohl auch nun sicher einfacher, ihre zivilrechtlichen Ansprüche geltend zu machen - auch ein wichtiger Aspekt.

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