Private Nutzung eines Firmenwagens bei lang andauernder Erkrankung

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 18.04.2011

Viele Arbeitnehmer erhalten als Teil ihrer Vergütung vom Arbeitgeber einen Pkw gestellt, den sie auch privat nutzen dürfen. Das BAG hatte in einem jetzt veröffentlichten Urteil (vom 14.12.2010 - 9 AZR 631/09, BeckRS 2011, 70757) darüber zu entscheiden, ob der Arbeitnehmer das Fahrzeug auch bei lang andauernder Erkrankung behalten darf und ob ihm ggf. ein Schadensersatzanspruch zusteht, wenn der Arbeitgeber ihm das Fahrzeug entzieht.

Arbeitnehmer war über neun Monate krank

Der klagende Arbeitnehmer ist seit 1990 bei einem vorwiegend mit Straßen- und Tiefbau befassten Bauunternehmen als Bauleiter angestellt. Seine Arbeitgeberin stellt ihm einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung. Im Jahre 2008 war der Kläger langfristig (vom 03.03. bis zum 14.12.2008) erkrankt. Nach Ablauf der gesetzlichen Entgeltfortzahlung am 13.04.2008 erhielt er Krankentagegeld von seiner privaten Krankenversicherung. Seine Arbeitgeberin verlangte - erst - am 07.11.2008, dass der Arbeitnehmer den Firmenwagen bis zum 13.11.2008 herausgeben solle. Er kam dieser Aufforderung nach, machte aber eine Entschädigung für den Nutzungsausfall geltend: Für seine private Lebensführung sei er auf das Fahrzeug angewiesen, einen privaten Pkw besitze er nicht.

BAG: Kein Anspruch auf den Dienstwagen, nur auf rechtzeitige Ankündigung der Herausgabe

Das BAG hat - wie schon die Vorinstanzen - seine Klage abgewiesen: Die Überlassung eines Firmenwagens auch zur privaten Nutzung stelle steuerrechtlich einen geldwerten Vorteil und sozialversicherungsrechtlich einen Sachbezug dar. Sie sei arbeitsrechtlich regelmäßig zusätzliche Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung. Damit sei sie nur so lange geschuldet, wie der Arbeitgeber überhaupt Arbeitsentgelt leisten muss, und sei es - wie im Fall der Entgeltfortzahlung bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit - ohne Erhalt einer Gegenleistung. Nach Ablauf des sechswöchigen Entgeltfortzahlungszeitraums bestehe kein Anspruch auf Überlassung des Fahrzeuges mehr. Nicht zu entscheiden hatte das Gericht, ob der Arbeitgeber gemäß § 241 Abs. 2 BGB gehalten ist, die Herausgabe des Firmen-Pkw durch den Arbeitnehmer erst nach Ablauf einer Mindestankündigungsfrist verlangen zu dürfen und ob die von der Beklagten gesetzte Frist von sechs Tagen ausreichend war. Denn der Arbeitgeber sei auch bei Verletzung einer Ankündigungsfrist nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer eine Nutzungsausfallentschädigung zu zahlen. Er habe dann (nur) den Schaden zu ersetzen, der dadurch entsteht, dass der Arbeitnehmer sich auf den Nutzungsentzug nicht rechtzeitig habe einstellen können. Diesen Schadensersatz hatte der Kläger aber nicht geltend gemacht.

Folgen auch für Mutterschutz und Elternzeit

Das Urteil hat Konsequenzen nicht nur für den Fall der langdauernden Erkrankung, sondern z.B. auch für Mutterschutz und Elternzeit: Während der Mutterschutzfristen vor und nach der Geburt schuldet der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin Arbeitsentgelt (§ 11 MuSchG) bzw. Zuschuss zum Mutterschaftsgeld (§ 14 MuSchG) und damit Arbeitsentgelt. Während dieser Zeit hat er der Frau auch den Dienstwagen zu belassen. Demgegenüber ruhen während der Elternzeit die gegenseitigen Hauptpflichten, wenn der Arbeitnehmer nicht während der Elternzeit Teilzeitarbeit leistet (§ 15 Abs. 4 bis 7 BEEG). Daher besteht während der Elternzeit auch kein Anspruch auf den Pkw.

 

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