Entweder oder

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 27.04.2011

 

Einigen Rechtsanwälten scheint die Systematik der §§ 235, 236 FamFG doch noch Schwierigkeiten zu bereiten.

 

So jüngst im Bezirk des AG Reinbeck.

 

Die Antragstellerin macht im Wege des Stufenantrages (früher Stufenklage) Kindes- und Trennungsunterhalt geltend. Es ergeht in der Auskunftsstufe ein Teilversäumnisbeschluss.

 

Jetzt (!) stellt sie den Antrag nach § 235 II FamFG, das Gericht möge dem Antragsgegner aufgeben, über sein Einkommen Auskunft zu erteilen und Belege vorzulegen.

 

Das geht natürlich nicht.

 

Die §§ 235, 235 FamFG sind geschaffen worden, um die umständliche Stufenklage zurückzudrängen (vgl. BT-Drucks. 16/6308 S. 418).

§ 235 II FamFG und Stufenklage schließen einander aus. Der Unterhaltsberechtigte muss sich entscheiden:

 

  • Er kann (zunächst unbezifferten) Stufenantrag stellen und nach erfolgreicher Titulierung und Vollstreckung des Auskunftsanspruchs schließlich den Antrag beziffern.

 

  • Oder er stellt von vorherein einen bezifferten Antrag. Dann und nur dann ist ein Antrag nach § 235 II FamFG möglich.

 

AG Reinbek v. 12.04.2011 -10 F 144/10 =BeckRS 2011, 08086

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2 Kommentare

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Das kann man sicher so sehen. Da die sofortige Stellung eines bezifferten Antrags wegen des Kostenrisikos nur selten in Betracht kommen wird, drängt Ihre Gesetzesinterpretation (bzw. die des AG Reinbek) die "umständliche Stufenklage" aber gerade nicht zurück, sondern macht das Vorgehen im Wege des Stufenantrags im Gegenteil geradezu zur einzig sinnvollen Vorgehensweise.

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Das liegt weniger an meiner Gesetzesinterpretation, sondern mehr an der Schwäche der §§ 235 f FamFG.

Zur Vermeidung eines Kostenrisikos muss vorgerichtlich zur Auskunftserteilung aufgegfordert werden.

Danach kann mit grober Schätzung der U-Anspruch beziffert und der Antrag nach § 235 II gestellt werden.

btw: Mich erstaunt allerdings immer wieder, dass auch heute noch zahlreiche Ehefrauen nicht die geringste Vorstellung vom Einkommen ihres Mannes haben.

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