Zahnärztlicher Zugewinn

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 10.05.2011

Ein Zahnarzt ließ sich scheiden. Er musste nachehelichen Unterhalt zahlen und sollte nun auch noch Zugewinn zahlen. Er meinte, der Wert der Praxis sei dabei nicht mitzurechnen, denn aus den Praxiseinnahmen zahle er ja bereits Unterhalt.

Bei dem OLG Hamm und dem BGH biss er sich mit dieser Auffassung - nun ja - die Zähne aus.

 

Der BGH bekräftigt seine bisherige Rechtsprechung, wonach die sog. modifizierte Ertragswertmethode ein geeignetes Mittel zur Feststellung des "wahren Werts" einer freiberuflichen Praxis darstellt. Danach bemisst sich der in die Zugewinnausgleichsbilanz einzustellende Wert einer freiberuflichen Praxis nach der Formel:


Substanzwert + Goodwill ./. Unternehmerlohn ./. latente Steuern


Der Substanzwert ist dabei die Summe aller selbständigen veräußerungsfähigen Vermögensgegenstände, bewertet zum Wiederbeschaffungspreis.


Der Goodwill (auch innerer oder ideeller Wert genannt) bestimmt sich aus immateriellen Faktoren wie Mitarbeiterstamm, Standort, Art und Zusammensetzung der Patienten/Mandanten, Konkurrenzsituation und ähnlichen Faktoren, soweit sie auf einen Nachfolger übertragbar sind. Mit dem Goodwill bezahlt der Käufer die Chance, die Patienten zu übernehmen und auf dem vorhandenen Bestand und der gegebenen Konkurrenzsituation aufbauen zu können. Der BGH hat es in der vorliegenden Entscheidung gebilligt, dass der Sachverständige den Goodwill aus den durchschnittlichen Erträgen der letzten drei Jahre ermittelt hat. Demgegenüber hatte er in seiner Entscheidung vom 6.2.2008 noch auf den Durchschnitt der Umsätze in den vergangenen drei Jahren abgestellt. Keine Bedenken hat der BGH auch gegen den Ansatz von 90 % des ermittelten Werts als nachhaltig realisierbarer Betrag.


Zur Vermeidung einer zweifachen Teilhabe (Doppelverwertungsverbot) - zum einen durch den Zugewinnausgleich und zum anderen über den Ehegattenunterhalt - ist von dem Ausgangswert des ermittelten Goodwill der fiktive Lohn des Praxisinhabers abzuziehen. In Abzug zu bringen ist dabei nicht ein pauschal angesetzter kalkulatorischer, sondern ein nach den individuellen Verhältnissen konkret gerechtfertigter Unternehmerlohn. Vorliegend hatte das OLG gerechnet: Tariflohn für Zahnärzte (zzgl. Arbeitgeberzuschlag für Lohnnebenkosten) bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 34 Stunden nebst einem Zuschlag von 50 % wegen eines zusätzlich vorhandenen Labors. Auch dies ist vom BGH gebilligt worden.


Bei der Wertfeststellung im Zugewinn ist der Betrag zu ermitteln, den der Praxisinhaber erzielen könnte, würde er seine Praxis am Stichtag verkaufen. Würde er die Praxis tatsächlich verkaufen, so würden Steuern (Veräußerungs- oder Aufgabegewinne, Aufdeckung stiller Reserven) fällig. Diese latente Steuerlast ist in Abzug zu bringen, und zwar unabhängig davon, ob eine Veräußerung tatsächlich geplant ist.

BGH v. 09.02.2011 - XII ZR 40/09 besprochen von mir in FamRB 2011, 133

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1 Kommentar

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Wie ist das mit dem "Lohn des Praxisinhabers" aber, wenn dieser gar nicht Unterhalt zahlt, sondern welchen begehrt?

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