Ehemann gehört zum Machtbereich seiner Frau

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 13.06.2011
Rechtsgebiete: ArbeitsrechtKündigungZugangKündigungsfrist1|6845 Aufrufe

Für den Zugang einer Willenserklärung nach § 130 Abs. 1 BGB ist es erforderlich, dass sie so in den Machtbereich des Empfängers gelangt, dass mit ihrer alsbaldigen Kenntnisnahme gerechnet werden kann. Der Zugang einer schriftlichen Willenserklärung wie beispielsweise einer Kündigung kann außer durch unmittelbare Übergabe an den Empfänger oder Einwurf in den Hausbriefkasten auch dadurch bewirkt werden, dass das Kündigungsschreiben an eine Person ausgehändigt wird, die von der Verkehrsauffassung als ermächtigt angesehen wird, den Empfänger in der Empfangnahme zu vertreten. Dazu gehört der Ehegatte des Erklärungsempfängers auch dann, wenn ihm die Kündigung nicht in der gemeinsamen Ehewohnung, sondern an dessen Arbeitsplatz überreicht wird. Das hat das BAG mit Urteil vom 09.06.2011 (6 AZR 687/09) entschieden.

Kündigung wurde am letzten Tag des Monats dem Ehemann der Arbeitnehmerin an dessen Arbeitsplatz übergeben

Die Klägerin war als Assistentin der Geschäftsleitung beschäftigt. Das KSchG fand auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung. Nach einem Konflikt verließ die Klägerin am 31.01.2008 ihren Arbeitsplatz. Noch am gleichen Tag setzte die Beklagte ein Schreiben auf, mit der sie das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 29.02.2008 kündigte. Das Kündigungsschreiben wurde durch einen Boten dem Ehemann der Klägerin überbracht, er erhielt das Schreiben am Nachmittag des 31.01.2008 an seinem Arbeitsplatz in einem Baumarkt. Der Ehemann der Klägerin ließ das Schreiben zunächst an seinem Arbeitsplatz liegen und reichte es erst am 01.02.2008 an die Klägerin weiter. Mit ihrer Klage wollte die Klägerin festgestellt wissen, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht mit dem 29.02.2008, sondern erst nach Ablauf der Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende mit dem 31.03.2008 beendet worden ist.

Damit wurde die Kündigungsfrist gewahrt

Die Klage blieb vor dem BAG ohne Erfolg. Da das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 31.01.2008 der Klägerin noch am selben Tag zugegangen ist, ist das Arbeitsverhältnis der Parteien gemäß § 622 Abs. 2 Nr. 1 BGB nach Ablauf der Kündigungsfrist von einem Monat zum 29.02.2008 beendet worden. Nach der Verkehrsanschauung war der Ehemann der Klägerin bei der Übergabe des Kündigungsschreibens am Nachmittag des 31.01.2008 Empfangsbote. Denn unter normalen Umständen war mit einer Weiterleitung des Kündigungsschreibens an die Klägerin nach der Rückkehr des Ehemanns in die gemeinsame Wohnung noch am 31.01.2008 zu rechnen.

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