Polizeiliche Blutprobenentnahme: Hat sich das Erfordernis des Widerspruchs im HVT doch noch nicht überall herumgesprochen?

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 04.07.2011

Man stutzt schon ein wenig, wenn man das liest. Offenbar war der Verteidiger jedenfalls kein Beck-Blog-Leser  :-) . Der Verteidiger hatte nämlich nach polizeilich angerdneter Blutprobenentnahme nach Drogenfahrt und der sich hiernach anschließenden Verurteilung im Rahmen der Rechtsbeschwerde die Verletzung des § 81a Abs. 2 StPO gerügt:

"...Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

Die erhobene Verfahrensrüge des Verstoßes gegen ein Beweisverwertungsverbot ist unzulässig, denn sie ist nicht den Anforderungen der §§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO, 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG entsprechend ausgeführt worden.

Nach der in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Auffassung setzt die Annahme eines Beweisverwertungsverbotes wegen Verstoßes gegen den Richtervorbehalt nach § 81a Abs. 2 StPO u. a. voraus, dass der anwaltlich verteidigte Angeklagte bzw. Betroffene der Verwertung des aufgrund der richterlich nicht angeordneten Blutentnahme erhobenen Rauschmittelbefundes bereits in der ersten Instanz bis zu dem in § 257 StPO genannten Zeitpunkt widerspricht (so OLG Hamburg, Beschluss vom 04.02.2008, 1 Ss 226/07, NJW 2008, 2597, 2600 f; OLG Hamm, Beschluss vom 25.08.2008, 3 Ss 318/08, NJW 2009, 242 f; Beschluss vom 26.02.2009, 3 Ss 7/09; juris; Beschluss vom 24.03.2009, 3 Ss 53/09, NStZ-RR 2009, 386 f; OLG Celle, Beschluss vom 16.06.2009, 311 Ss Bs 49/09, StV 2009, 518).

Dieser Auffassung schließt sich der Senat an.

Da von der Verwertbarkeit rechtswidrig, nämlich unter Verstoß gegen § 81a Abs. 2 StPO erlangter Erkenntnisse lediglich Belange des Angeklagten bzw. Betroffenen berührt werden, ist es sachgerecht, die Beachtung eines sich daraus etwa ergebenden Verwertungsverbotes zur Disposition des Angeklagten bzw. Betroffenen zu stellen (so auch OLG Hamburg, Beschluss vom 04.02.2008, 1 Ss 226/07, NJW 2008, 2597, 2600 f; OLG Hamm, Beschluss vom 25.08.2008, 3 Ss 318/08, NJW 2009, 242; Trück, Die revisionsrechtliche Einordnung der Rüge rechtsfehlerhafter Anwendung des Richtervorbehalts bei Durchsuchung und Blutprobenentnahme, NStZ 2011, 202, 207 ff. mit ausführlicher Begründung; vgl. auch OLG Rostock, Beschluss vom 16.11.2009, juris). Diese Dispositionsbefugnis übt der Angeklagte bzw. Betroffene aus, indem er der Verwertung in der Tatsacheninstanz widerspricht oder sie widerspruchslos geschehen lässt. Im letzteren Fall stellt die Verwertung des Ergebnisses der Blutentnahme keinen Verfahrensfehler dar. Macht der Angeklagte bzw. Betroffene mit der Revision bzw. Rechtsbeschwerde einen auf die Verletzung des § 81a Abs. 2 StPO gestützten Verfahrensfehler geltend, muss er folglich in der Begründung seines Rechtsmittels darlegen, dass, wann und mit welcher Begründung er der Verwertung widersprochen hat, oder dass er im maßgeblichen Zeitpunkt nicht durch einen Rechtsanwalt verteidigt gewesen ist.

Da die Betroffene im vorliegenden Fall vor dem Amtsgericht durch einen Rechtsanwalt verteidigt wurde, hätte es eines Widerspruchs gegen die Verwertung des Befundes der Blutuntersuchung auf Rauschmittel bedurft. Die Rechtsbeschwerde trägt jedoch nicht vor, dass, wann und mit welchem Inhalt der Verwertung widersprochen worden ist. Aus der Rechtsbeschwerdebegründung geht lediglich hervor, dass die Frage der Verwertbarkeit Gegenstand der Erörterung vor dem Amtsgericht war. Das genügt nicht..."

OLG Jena, Beschluss vom 30.05.2011 - 1 Ss Bs 23/11 =   BeckRS 2011, 15197

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