In Berlin bleiben Erwerber kautionlos

von Dr. Klaus Lützenkirchen, veröffentlicht am 06.07.2011

Das Gesetz schweigt in den §§ 566 f. BGB, wie mit der Kaution zu verfahren ist, wenn eine Veräußerung stattfindet. Dazu hat nun das LG Berlin (Urteil v. 15.3.2011 - 65 S 283/10) entschieden, dass der Erwerber nicht die Wiederauffüllung der Kaution verlangen kann, wenn der (bisherige) Vermieter die Kaution an den Mieter zurückgezahlt habe. Immerhin sei der Anspruch erfüllt und könne dem Mieter nicht das Insolvenzrisiko des neuen Vermieters, den er sich nicht selber ausgesucht habe, überbürdet werden.

Wieder einmal schreibt Berlin sein eigenes Mietrecht - und wieder einmal ist es nicht zu verstehen.

Mit Leistung der Sicherheit entsteht nach h.M. ein aufschiebend bedingter Anspruch auf Rückgewähr der Kaution. Diese Bedingung tritt regelmäßig (erst) mit der Rückgabe der Mietsache ein. Beid er Veräußerung nach § 566 BGB kann diese Bedingung (=Rückgabe) in der Regel nicht eintreten. Immerhin wird der Mietvertrag fortgesetzt.

Deshalb tritt in diesem Fall die Beendigung des Mietvertrages mit dem bisherigen Vermieter an die Stelle der Rückgabe. Umso mehr ist der (bisherige) Vermieter berechtigt, über die Kaution (innerhalb angemessener Zeit) abzurechnen und ggfs. bestehende Mietrückstände aus der Kaution zu befriedigen.

Wenn aber der Vermieter die Kaution noch angemessene Zeit "behalten" darf, hätte spätestens auffallen können, dass die Befriedigung gegenüber dem Erwerber nicht mehr weiter wirken kann.

Eine Recherche hätte dann zu dem Urteil des BGH v. 22.4.2005 - VIII ZR 22/04 führen können. Allerdings war hier das LG Hamburg Vorinstanz. Berlin befasst sich bekanntlich nur in unausweichlichen Ausnahmefällen mit Rechtsfragen, die außerhalb Berlins gelöst werden.

Dennoch: In dem Urteil vom 22.4.2005 beschreibt der BGH gut verständlich, dass im Zeitpunkt des Erwerbs (= in der Regel die Eintragung des Erwerbers in das Grundbuch) der Mietvertrag mit dem bisherigen Vermieter endet und in der Person des Erwerbers ein neuer Mietvertrag zu den Bedingungen des bisherigen Mietvertrages neu entsteht. Alle vor dem Erwerb enstandenen Ansprüch bleiben bei dem bisherigen Vermieter. Dazu gehört auch das Recht, sich aus der Kaution zu befriedigen.

Zu dem neuen Mietvertrag gehört dann eben auch die Kautionsabrede. Diese ist aber dem Erweber gegenüber noch nicht erfüllt, § 362 BGB. Um so mehr besteht eine Anspruchsgrundlage für den Erwerber, die Kaution zu verlangen.

Man hätte auch eine ganz einfache Kontrollüberlegung anstellen können: wenn sich der bisherige Vermieter aus der Kaution befriedigen kann und die von ihm geltend gemachten Forderungen zu Recht bestanden haben, liegt der gleiche Fall vor wie der Rückzahlung an den Mieter.  Denn auch mit der Aufrechnung tritt Erfüllung ein, §§ 387, 389 BGB . Dann wäre der Mieter aber nach der Theorie der 65. Zivilkammer ungerechtfertigt bereichert. Die Kaution diente der Tilgung seiner schulden bei dem alten Vermieter und der Neue kann nicht verlangen! Damit müsste der Erwerber das Insolvenzrisiko des Mieters tragen, den er sich nicht ausgesucht hat.

Was war noch einmal der Zweck von § 551 BGB?

 

 

 

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

4 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

so wenig die Berliner Entscheidung logisch nachvollziehbar ist, so wenig ist es allerdings auch Ihre Behauptung

Klaus.Luetzenkirchen schrieb:

 Damit müsste der Erwerber das Insolvenzrisiko des Mieters tragen, den er sich nicht ausgesucht hat.

Ein Mieter hat keine wie auch immer geartete Möglichkeit, Einfluss auf eine Veräußerungsabsicht seines Vermieters oder Auswahl des Käufers zu nehmen. Ein Erwerber einer vermieteten Wohnung kann sich dagegen sehr wohl entscheiden, eine vermietete Wohnung zu kaufen oder nicht und wenn ja, welche und mit welchem Mieter.

Mir ist jedenfalls kein Fall bekannt, in dem ein Wohnungskäufer gegen seinen Willen eine vermietete Wohnung erwerben hätte müssen oder bei einem Wohnungskauf seinen neuen Mieter im Rahmen einer Tombola zugelost bekommen hätte. Oder wissen Sie da exklusiv mehr?

Es ist schlicht falsch, dass der Anspruch auf Leistung der Sicherheit beim Erwerber neu entsteht. § 566a BGB normiert ausdrücklich, dass der Erwerber für die Kaution in die Rechte und Pflichten des Vermieters eintritt. Was der BGH insoweit zur Mängelbeseitigung entschieden hat ist hier völlig unerheblich, da § 566a lex specialis ist. 

 

0

Klaus.Luetzenkirchen schrieb:

Das Gesetz schweigt in den §§ 566 f. BGB, wie mit der Kaution zu verfahren ist, wenn eine Veräußerung stattfindet.

 

Nein! § 566a BGB. Ich finde dazu vielmehr ihren Artikel nicht zu verstehen.

0

die Berliner sind sich aber auch nicht einig: LG Berlin, Urt. v. 06.07.2010, Az. 63 S 319/09, meint , der Erwerber kann die Wiederauffüllung verlangen.

0

Kommentar hinzufügen