Bericht offenbart fehlerhaftes Scoring

von Dr. Thomas Lapp, veröffentlicht am 01.08.2011

"Ein erheblicher Teil der bei Auskunfteien gespeicherten Daten zur Berechnung der Kreditwürdigkeit von Verbraucherinnen und Verbrauchern ist fehlerhaft." Diese erschreckende Erkenntnis ist einem Bericht zu entnehmen, der im Auftrag des Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz erstellt wurde. Der Bericht wertet unter anderem die bekannten Auskunfteien Creditreform und Bürgel aus und bescheinigt diesen erhebliche Mängel. Creditreformwird als nicht aussagekräftig eingestuft, weil dort nur selektiv gespeichert werde und das Datenmaterial veraltet sei. Bürgel wird zum Vorwurf gemacht,  nur über unvollständiges Material zu verfügen. Der SCHUFA wird immerhin noch bescheinigt, die ausführlichsten Informationen zu besitzen. Auch über die SCHUFA wird jedoch ein vernichtendes Urteil gefällt: "Der Score der Eigenauskunft ist in keiner Weise aussagekräftig, da zum einen nicht nachvollziehbar ist, wie die Scorewerte zustande kommen, zum anderen welche Bedeutung die einzelnen Scorewerte haben und zum Dritten aufgrund der fehlerhaften Unterlagen die Konstruktion des Scorewertes generell in Zweifel gezogen werden muss."

Erschreckend ist diese Erkenntnis insbesondere vor dem Hintergrund der Bedeutung der Scoring-Werte für den Betroffenen. Zwar teilt beispielsweise die SCHUFA ausdrücklich mit "selbstverständlich erfolgt die Risikoeinschätzung und Beurteilung ihrer Kreditwürdigkeit durch ihren direkten Geschäftspartner". In der Praxis wird möglicherweise ein Kunde trotz guter Scoring-Werte aus anderen Gründen keinen Kredit erhalten. Dass ein Mitarbeiter einer Bank einem Kunden trotz schlechter "SCHUFA" einen Kredit gewährt, kann aber kaum erwartet werden. Niemand wird freiwillig dieses Risiko eingehen.

Vor diesem Hintergrund ist es unglücklich, dass die Rechtsprechung die Bewertungen bislang als reine Meinungsäußerungen an Art. 5 Grundgesetz gemessen hat. § 34 BDSG hat lediglich zum Ziel, die Auskunft an den Betroffenen zu verbessern. Abhilfe könnte die bislang noch nicht ausreichend beachtete neue Regelung in § 311 Abs. 3 BGB schaffen. Danach kann ein Schuldverhältnis auch zu Personen entstehen, die nicht Selbstvertragspartei werden sollen, allerdings in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nehmen und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsabschluss erheblich beeinflussen. Für die Kreditauskunft wird man sowohl die Inanspruchnahme von Vertrauen als auch den erheblichen Einfluss auf den Vertragsabschluss und die Vertragsverhandlungen sicher bejahen können. Dann ist allerdings auf das Verhältnis zwischen Betroffenen und SCHUFA auch § 241 Abs. 2 BGB anzuwenden, wonach das Schuldverhältnis zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten kann. Insbesondere negative Bewertungen müssen dann von den Auskunfteien sorgfältig und nachvollziehbar begründet werden.

 

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