Keine fristlose Kündigung bei Vermischung privater und dienstlicher Dateien auf demselben PC

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 08.08.2011

Der Kläger ist als Leiter der Abteilung Informationstechnologie/Telekommunikation bei der Beklagten, einem Unternehmen für Vertriebs- und Servicedienstleistungen beschäftigt. Er ist u.a. für die Betreuung der Hard- und Software des Unternehmens zuständig. Nach den arbeitsvertraglich geltenden "Regeln für die Anwendung von Computerprogrammen und die Behandlung von Dateien“ ist es den Mitarbeitern nicht erlaubt, persönliche Software von zu Hause mitzubringen und auf den Computern des Unternehmens zu nutzen. Ebenso wenig dürfen Programme des Unternehmens mit nach Hause genommen und auf einem eigenen Computer benutzt werden. Das Unternehmen hat dem Kläger einen Laptop zur Verfügung gestellt, den er (nur) zu dienstlichen Zwecken nutzen darf.

Private Daten auf dem Dienst-Laptop; Sicherungskopie der dienstlichen Dateien auf privater Festplatte

Im Jahre 2008 stellte sich heraus, dass der Kläger Sicherungskopien für die auf dem Dienst-Laptop verwendeten Daten nicht im Netzwerk seiner Arbeitgeberin, sondern einer privaten externen Festplatte speichert. Eine Untersuchung ergab, dass sowohl auf der privaten Festplatte als auch dem Dienst-Laptop sowohl private (Fotos, Videos, Musik) als auch dienstliche Dateien (Angebote an Kunden, Beurteilungen von Mitarbeitern, Bewerbungsunterlagen, Kostenaufstellungen) unverschlüsselt abgespeichert waren. Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht.

Keine außerordentliche Kündigung ohne vorherige Abmahnung

Das BAG, das nur über die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung zu entscheiden hatte, hat dem Kläger Recht gegeben (Urt. vom 24.03. 2011 - 2 AZR 282/10, BeckRS 2011, 74786). Zwar stelle sein Verhalten eine Verletzung der Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtgüter und Interessen seiner Arbeitgeberin dar (§ 241 Abs. 2 BGB). Die Pflichtverletzung wiege jedoch nicht so schwer, dass ihre Hinnahme durch die Beklagte offensichtlich ausgeschlossen wäre. Eine fristlose Kündigung wäre daher allenfalls im Wiederholungsfalle nach vorheriger Abmahnung möglich gewesen. Die Beklagte hatte jedoch sogleich zur Kündigung gegriffen, ohne den Kläger zuvor abgemahnt zu haben.

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