Kündigung eines HIV-Infizierten keine Diskriminierung

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 15.08.2011

Die Kündigung eines HIV-Infizierten in der Probezeit diskriminiert diesen nicht wegen einer Behinderung (§§ 1, 7 AGG). Sie ist auch nicht sitten- (§ 138 BGB) oder treuwidrig (§ 242 BGB). Das hat das Arbeitsgericht Berlin im Fall eines Chemisch-Technischen-Assistenten entschieden, der von seiner Arbeitgeberin, einem Unternehmen der Pharmaindustrie, entlassen worden war (ArbG Berlin, Urt. vom 21.07.2011 - 17 Ca 1102/11).

Weder Unwirksamkeit der Probezeit-Kündigung noch Entschädigung nach dem AGG

Der Arbeitnehmer hatte gegen die Kündigung geklagt und zugleich Zahlung einer Entschädigung (§ 15 AGG) gefordert, weil er wegen einer Behinderung diskriminiert worden sei. Seiner Auffassung nach könne die bloße Infektion mit dem HI-Virus nicht zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses berechtigen. Die Arbeitgeberin hat demgegenüber geltend gemacht, dass die Kündigung noch in der Probezeit erfolgt sei; sie sei zudem aus Gründen der Arbeitssicherheit unumgänglich gewesen. Eine Diskriminierung des Klägers liege darin nicht.

Die Klage blieb vor dem Arbeitsgericht ohne Erfolg. Die Kündigung konnte nicht auf ihre soziale Rechtfertigung (§ 1 KSchG) hin überprüft werden, weil der Arbeitnehmer noch keine sechs Monate beschäftigt war. Die Kündigung ist nach Überzeugung des Gerichts auch nicht willkürlich ausgesprochen worden, weil die vom Arbeitgeber für sie angeführten Gründe nachvollziehbar waren. Eine Entschädigung wegen einer Diskriminierung aufgrund Behinderung konnte der Kläger zur Überzeugung des Gerichts schon deshalb nicht beanspruchen, weil die bloße HIV-Infektion nicht zu einer Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit führe und daher keine Behinderung darstelle.

BAG hat vor über 20 Jahren schon einen ähnlichen Fall entschieden

Schon vor über 20 Jahren hatte das BAG in einem ähnlichen Fall entschieden, dass die Kündigung eines HIV-Infizierten in der Probezeit nicht gegen die guten Sitten verstößt (BAG, Urt. vom 16.02.1989 - 2 AZR 347/88, NZA 1989, 962). Im damaligen Fall hatte der Arbeitnehmer nach Kenntnis von der Infektion einen Selbsttötungsversuch unternommen, war danach nahezu drei Monate arbeitsunfähig krank und dieser Zustand dauerte nach einem vor Ausspruch der Kündigung vorgelegten ärztlichen Attest „bis auf weiteres“ fort. Jedenfalls dann, wenn diese Umstände für den Kündigungsentschluss mitbestimmend waren, liege kein Verstoß gegen § 138 BGB vor, so der Zweite Senat damals.

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