Muss der Verteidiger eine Krawatte tragen?
von , veröffentlicht am 30.08.2011Immer wieder stellt sich zumal an heißen Sommertagen in Strafverhandlungen die Frage, ob das Gericht einen Verteidiger zurückweisen kann, wenn er ohne Krawatte oder sogar im T-Shirt erscheint.
Sommer hin und her, die Rechtsprechung ändert sich bislang nicht: Erst jüngst wies das Landgericht München II einen Rechtsanwalt als Verteidiger zurück, weil er keinen Schlips trug. «Die Krawatte ist Teil der Amtstracht», betonte der Richter.
Rechtlicher Hintergrund: Nach § 20 S. 1 BORA trägt der Rechtsanwalt vor Gericht als Berufstracht die Robe, "soweit das üblich ist." Allerdings besteht beim AG in Zivilsachen keine Berufspflicht zum Erscheinen in Robe. - Nach § 176 GVG obliegt die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung dem Vorsitzenden.
Das OLG München NJW 2006, 3079 betont, dass es mit der Stellung des Verteidigers unvereinbar sei, wenn ein Rechtsanwalt statt mit Hemd und Krawatte lediglich in weißem T-Shirt erscheint.
Weitere Rechtsprechung:
OLG Köln BeckRS 2008, 10457
LG Mannheim BeckRS 2009, 04736
Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben
1 Kommentar
Kommentare als Feed abonnierenGerhard Müller kommentiert am Permanenter Link
Nun ja. Offenbar ist es aber mit der Stellung eines Richters nicht unvereinbar, unter der Robe ein kurzärmeliges Hemd und Jeans zu tragen oder zu nichtöffentlichen Terminen gleich in Schlabberpulli, Sandalen und Cordhose zu erscheinen. Mandanten gilt es dann zu vermitteln, daß das tatsächlich der Richter ist.
Ich dachte auch immer, die Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts sei verboten. Ich habe es aber noch nie erlebt, daß weibliche Verteidiger wegen fehlender Krawatte gerügt wurden. Wo steht eigentlich, daß
a) Verteidiger (nicht aber sonstige Anwälte?)
b) nur männliche Vertreter ihrer Zunft
vor Gericht eine Krawatte tragen müssen? Und wie hoch bemißt sich der Schadensersatzanspruch des diskriminierten männlichen Verteidigers gegen die Staatskasse nach dem AGG?