EuGH kippt starre Altersgrenze von 60 Jahren für Lufthansapiloten

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 15.09.2011

 

Droht „betreutes Fliegen“? Diese Frage stellte jüngst Rechtsanwalt Schramm in einem NZA Editorial (Heft 14/2011) im Hinblick auf die sich anbahnende Entscheidung des EuGH zu Altersgrenzen für Piloten. Auch wenn es soweit vermutlich nicht kommen wird: Der EuGH hat in der Tat die starre tarifvertragliche Altersgrenze für Lufthansapiloten von 60 Jahren gekippt (EuGH 13.9.2011, Rs. C-447/09). Geklagt hatten drei ehemalige Flugkapitäne der Lufthansa, die mit 60 Jahren in den Zwangsruhestand geschickt worden waren. Das BAG (17.6.2009, BeckRS 2009, 73734) hielt die tarifvertragliche Regelung noch für gerechtfertigt, legte die Frage jedoch dem EuGH zur Vorabentscheidung vor. Der EuGH hält die generelle Altersgrenze von 60 Jahren für Piloten der Lufthansa für nicht mit europäischem Recht vereinbar. Das Verbot, in einem darüber liegenden Alter noch fliegen zu dürfen, stellt nach Ansicht der Luxemburger Richter eine Diskriminierung wegen des Alters dar. Grundsätzlich sei es zwar legitim, älteren Piloten zum Schutz der Passagiere, der Bevölkerung und ihrer eigenen Gesundheit bestimmte Auflagen zu machen, erklärten die Richter. Doch ein vollständiges Arbeitsverbot für Piloten ab 60 sei "eine unverhältnismäßige Anforderung" und für die Luftsicherheit nicht notwendig. Eine Beschränkung der Berufsausübung, wie sie in deutschen und internationalen Regelungen niedergelegt wären, sei ausreichend. International gilt nämlich eine andere Vorgabe: Hat ein Pilot die 60 überschritten, darf er noch fünf Jahre in Passagiermaschinen weiterfliegen, wenn außerdem ein Pilot unter 60 im Cockpit sitzt. Ob alle Piloten der Lufthansa nunmehr vor Freude das berühmte Lied von Reinhard Mey anstimmen werden „Über den Wolken muß die Freiheit wohl grenzenlos sein..“ darf durchaus bezweifelt werden. So mancher dürfte seine Lebensplanung in Frage gestellt sehen und manche jüngeren Piloten werden länger auf ihre Beförderung zum Kapitän warten müssen. Jetzt sind zunächst die Lufthansa und die Vereinigung Cockpit in der Pflicht, den Tarifvertrag dem Richterspruch anzupassen.

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