Ritalin – Interessantes aus betäubungsmittelrechtlicher Sicht

von Dr. Jörn Patzak, veröffentlicht am 21.10.2011

Ergänzend zum Blog vom Kollegen Burschel hier einige interessante Neuerungen zu Ritalin aus betäubungsmittelrechtlicher Sicht. Ritalin ist das wohl bekannteste Arzneimittel mit dem Amphetamin- und Kokain-ähnlichen Wirkstoff Methylphenidat. Weitere Methylphenidat-haltige Arzneimittel sind Concerta, Equasym und Medikinet. Methylphenidat unterliegt als verkehrs- und verschreibungsfähiges Betäubungsmittel der Anl. III zum BtMG. Nach § 2 Abs. 1 lit. a Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV) kann es innerhalb von 30 Tagen bis zu einer Höchstmenge von 2.000 mg verschrieben werden.

Ordnungsgemäß eingenommen dämpft Ritalin beim Vorliegen eines Aufmerksamkeits-Defizit- und Hyperaktivitäts-Syndroms (ADHS) exzessive Ruhelosigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und aggressives Verhalten. In Deutschland sind es schätzungsweise 70.000 Patienten, vornehmlich Kinder und Jugendliche zwischen dem 6. und 18. Lebensjahr, die Methylphenidat-haltige Medikamente einnehmen. Von 2006 bis 2009 stieg die Zahl der 6- bis 18-Jährigen, die Methylphenidat-haltige Präparate auf Rezept erhielten, um 32% (Quelle: Bastigkeit, Kinderkoks – auch ein deutsches Problem?). Vermutlich deshalb dürfen seit dem 1.12.2010 Methylphenidat-haltige Arzneimittel zur Anwendung bei Kindern ab 6 Jahren und Jugendlichen nur noch von spezialisierten Ärzten (z.B. Fachärzten für Kinder- und Jugendmedizin) verordnet und unter deren Aufsicht angewendet werden. Vorher war jeder Hausarzt hierzu berechtigt. Aufgrund neuer Erkenntnisse aus klinischen Studien stimmte das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) im April 2011 bei einigen Methylphenidat-haltigen Arzneimitteln einer Indikationserweiterung auf Erwachsene zu (Quelle: www.bfarm.de).

 

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3 Kommentare

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Danke für den Beitrag. Ich bin selber Arzt in einer ADHS-Klinik und u.a. in einem Blog in Sachen ADHS-Aufklärung aktiv. Leider wird die Pharmakotherapie von ADHS mit Methylphenidat immer noch mit Drogen gleichgesetzt. Dabei ist gerade aus strafrechtlicher Sicht ADHS und eben auch Störungen des Sozialverhaltens sehr relevant. Daher wäre es mal ein guter Tip, wenn bei entsprechenden Urteilen auch Selbsthilfeverbände wie der ADHS-Deutschland mit Gelder bedacht werden, damit dann langfristig der präventive Aspekt gerade bei entsprechenden impulsiven Delikten bzw. auch häufigen Problemen im Strassenverkehr weniger werden. Hier wäre aus juristischer Sicht sicher noch Informationsbedarf, der sich aus meiner Sicht langfristig sehr günstig hinsichtlich einer Minderung "unnötiger" Delikte erweisen könnte.

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@web4health:

Auch Ihnen vielen Dank für Ihren Kommentar. Ich habe ganz bewusst den Missbrauch von Methylphenidat als Rauschmittel nicht thematisiert, der besonders in den USA zu einem großen Problem zu werden scheint. Mir ging es in dem ergänzendem Beitrag zu Herrn Burschel um den "legalen" Gebrauch...

Sehr geehrter Herr Patzak,

ein sehr schöner Beitrag- auch  vielen Dank für den Hinweis mit den USA.

Allerdings eine kleine Anmerkung meinerseits:
"Ordnungsgemäß eingenommen dämpft Ritalin beim Vorliegen eines Aufmerksamkeits-Defizit- und Hyperaktivitäts-Syndroms (ADHS) exzessive Ruhelosigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und aggressives Verhalten."
Diese Aussage lässt den Eindruck entstehen, dass nur aus einer nicht ordnungsgemäßen Einnahme herraus Nebenwirkungen entstehen können, bzw. ein Medikament bei jemanden nicht wirkt. Dies verfälscht ganz klar die medizinische Sachlage- da es stark generalisiert.
Man kann doch garnicht pauschalisieren,  ob es einem überhaupt hilft, außerdem entsteht der Eindruck als ob es noch nie Fehldiagnosen gegeben hätte- aufgrund derer eigentlich ungeeignete Medikamente verschrieben worden sind- was gerade bei ADHS- meiner meinung nach- eine sehr Heiklegeschichte ist, da Hyperaktivität eine Nebenwirkung zahlreicher neurologischer Erkrankungen seien kann.
""Vermutlich deshalb dürfen seit dem 1.12.2010 Methylphenidat-haltige Arzneimittel zur Anwendung bei Kindern ab 6 Jahren und Jugendlichen nur noch von spezialisierten Ärzten (z.B. Fachärzten für Kinder- und Jugendmedizin) verordnet und unter deren Aufsicht angewendet werden"-->

Da alle verschreibungspflichtigen Medikamente in der Regel Drogen sind (nicht zwangsläuftig Betäubungsmittel, siehe wikipedia),  nicht dass sie hier ein falscher Eindruck entsteht-
haben Sich die Ärzte vielleicht auch einfach gedacht, dass es als Erwiesen gilt, dass (statistisch betrachet) jeder in dem Falle regelmäßige Drogenkonsum (weil Medikament)- während der Pupertät (bis zum 25.Lebensjahr) bis zum Ende des Ausreifens des Gehirnes statistisch höheren (bleibende) Schäden verursachen kann- hat man sich vllt. entschieden- mit solch wichtigen Entscheidungen nicht noch zusätzlich die ohnehinschon kundentechnisch überlaufenen Allgemeinärzte zu belasten- außerdem kann man ja dann auch schlecht nachvollziehen ob Schäden hinzukommen wegen dieses Konsums, oder eventuell durch veranlagte genetische "Begünstigungen"....

Der Nutzer web4health meint""Leider wird die Pharmakotherapie von ADHS mit Methylphenidat immer noch mit Drogen gleichgesetzt."--->
Verstehen Sie diese Aussage? Ich finde diese mehr als unschlüssig, da doch kein Anlass bestünde, diese Substanz unter verschreibungspflicht zu stellen, wenn keine potentielle Gefährdungs- bzw. Missbrauchspotential vorhanden wäre...
Warum  sind denn manche Substanzen, ihrer meinung nach, verschreibungspflichig und andere beim Bfarm genehmigungspflichtig- hat dies nicht mit potentieller Gefährlichkeit und Abhänigkeitsgefährdungen zu tun?

Vielen Dank für Ihre fachkompetente Anwort

Marc Hanke
Selbsthilfenetzwerk Cannabis Medizin

PS: mich interessiert ihre Meinung zu dieser Thematik nicht zuletzt, weil eine meiner Grundschullehrer damals der Meinung war, ich würde unter ADHS leiden und benötige Beruhigungsmittel...- sowurde es mir übermittelt.
Von daher finde ich es persönlich begrüßenswert, dass diese Medikamentenverschreibung nur noch von Spezialisten gemacht werden darf.
Allerdings dämmt dieses ja nicht den Missbrauch ein-
aus eigener Erfahrung mit meinem Neurologen weiß ich ja,

dass gerade in ländlichen Gebieten, leider der Andrang bei Spezialisten sehr hoch ist, daher auch die Diagnose und Daueramnese sehr kurzfristig und schnell getroffen wird- es wäre Begrüß0enswert wenn diese Ärzte weniger unter Zeitdruck stünden- und sicherlich im Interesse viele Behinderter Menschen...
Weil eine Symptomatische Bekämpfung ja nur bei richtiger Diagnose sinnmacht, aber die Wahrscheinlichekit dass der Arzt einen Fehler macht ja steigt (Zeitmangel, übernehmen von Fehler aus der Gesundheitskarte, zunehmende Annonymität zwischen Arzt und Patient, belastet deren Vertrauensverhältnis)..
 

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