Teurer GEMA-Tarif bestätigt - BGH verdirbt Weihnachtsmärkten die Laune

von Fabian Reinholz, veröffentlicht am 28.10.2011
Rechtsgebiete: Gewerblicher Rechtsschutz2|7350 Aufrufe

Die Brutto-Veranstaltungsfläche ist eine angemessene Grundlage für die Berechnung des GEMA-Tarifs für Open Air Veranstaltungen

Rechtzeitig vor der Adventszeit legt der BGH den Betreibern von Weihnachtsmärkten ein Osterei ins Nest. Er bestätigt der GEMA nämlich, dass die Berechnung ihrer Abgabe für Musikaufführungen bei Freiluftveranstaltungen angemessen ist. Die GEMA bemisst ihre Vergütung nach der Größe der gesamten Veranstaltungsfläche (die Brutto-Fläche).

Zu den betroffenen Veranstaltungen zählen vor allem die Straßenfeste und Weihnachtsmärkte. Betreiber solcher Events hatten sich mit der GEMA angelegt und die Festsetzung der Vergütung für ihre Veranstaltungen nicht akzeptiert. Die GEMA hatte die Vergütung nach der Größe der Veranstaltungsfläche, gerechnet vom ersten bis zum letzten Stand und von Häuserwand zu Häuserwand ermittelt. Hierfür gibt es inzwischen auch einen eigenen GEMA-Tarif (den Tarif U-ST). Die Veranstalter meinten, es dürfe nur auf den Teil der Veranstaltungsfläche abgestellt werden, der von der Bühne mit Musik beschallt werde. Davon abzuziehen seien die Flächen, die

  • von Besuchern nicht betreten werden könnten (z.B. weil sich dort Stände befinden) oder
  • nicht betreten werden dürften (wie z.B. der öffentliche Verkehrsraum) oder
  • auf denen die Musik von der Bühne durch andere Musik (z.B. Musik von den Ständen) überlagert werde.

Der BGH kann sich für die akribische Berechnung einer „Netto-Fläche“ aus folgenden Gründen nicht erwärmen (siehe Pressemitteilung vom 27.10.2011):

- Für Straßenfeste oder Weihnachtsmärkte sei es typisch, dass das Publikum vor der Bühne ständig wechselt und  damit insgesamt wesentlich mehr Zuhörer die Musik wahrnehmen, als auf der beschallten Fläche überhaupt Platz fänden.

- Die Musik von der Bühne präge die gesamte Veranstaltung und nicht nur den Bereich vor der Bühne.

- Der GEMA sei es nicht zuzumuten, bei jeder dieser Veranstaltungen im gesamten Bundesgebiet stets die Fläche zu ermitteln, die mit Musik beschallt wird und die Flächen festzustellen, auf denen sich keine Besucher aufhalten können oder dürfen oder auf die andere Musik einwirkt.

Das Urteil segnet somit den gegenwärtigen GEMA-Tarif U-ST ab. Aber auch bei anderen Tarifen, die auf die Veranstaltungsfläche abstellen, z.B. für Versammlungen und Kundgebungen, für Sportveranstaltungen oder für Messen, die ganz oder zum Teil unter freiem Himmel stattfinden und Live-Musik spielen dürfte es künftig schwer werden, mit der GEMA über Netto-Flächen zu verhandeln. Hier ist bereits Einfallsreichtum bei der Festlegung der Veranstaltungsfläche gefragt.

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2 Kommentare

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Es werden also Musiknutzungsgebühren gezahlt für:

1. Flächen, die überhaupt nicht genutzt werden dürfen, weil sie permanent freigehalten werden müssen wie z.B. Rettungswege und Aufstellflächen für Polizei und Feuerwehr

2. alle technischen Flächen, die nicht für Besucher genutzt werden können und zu denen Besucher auch keinen Zutritt haben wie abgesperrte Lagerflächen, Technikflächen, umbaute Bereiche

3. alle Flächen wie Szenenflächen und Bühnen, auf denen z.B. Musik gemacht wird. Der notwendige Produktionsraum wird also als Konsumptionsraum mit Gebühren beaufschlagt.

Ich halte die Einbeziehungh der oben genannten Flächen in die Gebührenpflicht für rechtswidrig. In Bezug auf großzügig angelegte Rettungswege und vernünftige Sicherheitskonzepte bei Veranstaltungen ist die BGH-Entscheidung absolut kontraproduktiv.

5

Wieso "teurer Tarif"?

Wenn man mit dem "Indoor-Konserventarif" vergleicht (https://www.gema.de/fileadmin/user_upload/Musiknutzer/Tarife/Tarife_ad/tarifuebersicht_veranstaltungen_tontraeger.pdf), kommt man Open Air deutlich besser weg - eben weil die genannten Flächen berücksichtigt werden. Bei Livemusik fällt der Aufschlag für vor 15  und nach 22 Uhr weg. 

Und Rettungswege müssen sowieso eingehalten werden, ob nun Musik gespielt wird oder nicht ... 

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